Frage: Anhänglichkeit extrem

Hallo! Mein Sohn Jaromir ist 4 Wochen alt, und wir haben mit ihm folgendes Problem: Er kann praktisch nicht ohne Körperkontakt zu mir oder meinem Mann sein. Am liebsten wäre es ihm, er würde rund um die Uhr getragen werden! Es ist fast unmöglich, ihn mal irgendwo abzulegen (z.B. Wohnzimmer-Sofa, in Hör- und Blickreichweite zu mir). Selbst wenn er auf meinem Arm im (scheinbaren?) Tiefschlaf war, dauert es höchstens 5 Minuten, bis er wach wird und weint, wenn man ihn mal vorsichtig ablegt. Nimmt man ihn dann nicht sofort hoch, steigert er sich rein und brüllt, dass die Bilder von den Wänden fallen. Ich habe ja gern Körperkontakt zu meinem Kind und weiß auch, dass er wichtig für die Entwicklung ist, aber ich habe gleichzeitig ein Interesse daran, mein eigenes "Überleben" sicher zu stellen. Ich will ja keine großen, zeitaufwendigen Aktionen unternehmen, aber bei dieser Art des Zusammenlebens sind meine elementaren Grundbedürfnisse gefährdet (es geht hier wirklich um Essen, kurz Duschen mit Zeitaufwand 10 Minuten, aufs Klo gehen und derlei!) Bei uns ist es nicht der Säugling, der nach der Geburt 10 % seines Gewichtes verloren hat, sondern die Mutter - zwar ist das noch nicht bedrohlich ;o) aber trotzdem würde ich gerne mal wieder ein Butterbrot schmieren und gleich essen, statt es halb zu schmieren und es dann abends völlig matschig in der Küche vorzufinden. Tagsüber schläft der Kleine nur dann länger als max. 10 Minuten, wenn er am Körper getragen wird. Auf meinem Bauch macht er problemlos zweistündige Mittagsschläfchen. Nachts gestaltet es sich seltsamer- und glücklicherweise anders: Wenn wir es schaffen, ihn schlafend in seine Wiege zu legen (steht im Elternschlafzimmer)und er uns dabei nicht aufwacht, dann schläft er auch seine 2- bis 4-Stunden-Etappen und schläft auch nach dem nächtlichen Stillen in der Wiege weiter. Was kann ich tun? Ist das eine "normale" Entwicklungsstufe, die sich auswächst? Ich habe schon sehr oft gelesen, wie schädlich es ist, Säuglinge schreien zu lassen, aber manchmal (wenn ich nun mal aufs Klo MUSS!) hab ich ja keine andere Wahl, obwohl mir das Herz dabei bricht! Wir hatten eine völlig harmonische Schwangerschaft und eine unkritische Geburt, er war von Anfang an nie allein gelassen, er müsste eigentlich ein gutes, stabiles Ego haben! Woran kann es liegen, und wie kann ich es schaffen, meine eigenen Grundbedürfnisse sicher zu stellen?(mein Mann geht tagsüber arbeiten, und wir haben keine Großmütter oder andere Babysitter kurzzeitig verfügbar, es hängt tagsüber allein an mir) Gibt es andere Mütter/Väter mit ähnlichen Erfahrungen? Würde mich sehr interessieren! Schon mal vielen Dank! Susanne

Mitglied inaktiv - 15.07.2003, 18:05



Antwort auf: Anhänglichkeit extrem

Liebe Susanne, im ersten Teil meines Textes über das emotionale Bewußtsein erkläre ich die Gründe des Schreiens. Da kommen auch die berühmten 3Monatskoliken kurz zu Wort. Die gibt es tatsächlich durch die oft nicht ganz leichte Besiedlung des Darmes mit Billionen! Bakterien. Überempfindlichkeit des Darmes spielt dabei eine Rolle. 3Monatskoliken kann man behandeln!! (Suchlauf). Ansonsten reagiert Ihr Sohn wie alle anderen Säuglinge auch, nur etwas anspruchsvoller. Sie wollen alle!!! getragen werden. Sie werden es nur nicht alle. Und dann schreien sie vermehrt, abgesehen von den paar ganz Genügsamen, deren Zahl ich auf höchstens 5% schätze. Die Tricks wie man das Herumtragen am besten bewältigt, verraten Ihnen die anderen Mütter. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 16.07.2003



Antwort auf: Anhänglichkeit extrem

Liebe Susanne, muss doch ein wenig schmunzeln: mir ging's genauso wie Dir/Euch und ich war jeden Abend heilefroh, wenn mein Mann nach Hause kam und ich endlich mal halbwegs in Ruhe eine Stulle essen und einfach mal für mich sein konnte. Ich habe ratzfatz mein Ausgangsgewicht wieder erreicht und war vier Monate später noch mal um sechs Kilo "abgemagert"! Mittlerweile ist mein Mädchen 14 Monate alt, alles hat sich eingespielt, die Zeit rast davon (in den ersten drei Monaten dachte ich immer: dieser Tag geht niemals zu Ende!) und ich bin wieder entspannt, ausgeglichen und vor allem: ausgeschlafen! Mein Kind brauchte in den ersten Monaten auch extrem viel Zuwendung, wollte ständig getragen werden, schlief tagsüber nur im Tragetuch (nachts war ich Weltmeisterin im Dauerstillen) und um mich herum nur Mütter, deren Kinder die meiste Zeit friedlich im Stuben- oder Kinderwagen schlummerten und angeblich nach drei Monaten schon zehn Stunden am Stück durchschliefen. War manchmal schon zum Davonlaufen, vor allem, weil ich immer dachte, es müsse irgendeinen Grund geben, warum das bei uns nicht so "funktionierte"! Auch ich hatte eine super Schwangerschaft, eine total entspannte Geburt ... mein Kinderarzt beruhigte mich mit den Worten: "Manche Kinder brauchen einfach ein bißchen länger, bis sie auf der Welt wirklich angekommen sind." - mein Kind hat ziemlich lange gebraucht (hat z.B. mit zehn Monaten das erste Mal durchgeschlafen). Mittlerweile weiß ich, dass trotzdem alles normal war (das Einzige, was ich doch im Verdacht habe, obwohl die "Dreimonatskoliken" ja angeblich doch nicht Ursache für extrem viel Weinen sein sollen, sind Verdauungsschwierigkeiten - noch heute schläft unser Kind einfach besser, wenn sie nichts allzu aufregendes gegessen hat). Falls Du noch kein Tragetuch hast, dann empfehle ich Dir, eines anzuschaffen - damit kann man doch so einiges bewerkstelligen. Ich habe mein Kind öfters mal in eine tragbare Wippe gelegt und überall hin mitgenommen (auch neben Dusche gestellt) - meistens hat sie da trotzdem geweint, aber da mussten wir halt durch... man ist ja trotzdem noch da und kann versuchen, mit Singen o.ä. zu beruhigen. Ich wünsche Dir alles Gute - und versprochen, das dauert nicht ewig... und man wird ja schließlich reich belohnt! Liebe Grüße

Mitglied inaktiv - 15.07.2003, 23:16



Antwort auf: Anhänglichkeit extrem

Hallo, vielen Dank für Deinen Beitrag, es war sehr tröstlich für mich zu lesen, dass wir kein Einzelfall sind. Ihn in der Wippe neben die Dusche stellen, werd ich ausprobieren, und mich auch noch mal dem Thema Tragetuch widmen. Ich hab zwar eines, kam aber bisher überhaupt nicht klar damit, ich werds aber nochmal versuchen. Und mich an dem Gedanken hoch halten, dass nächstes Jahr um diese Zeit alles vorbei sein wird (hoffentlich...) Viele Grüße! Susanne

Mitglied inaktiv - 16.07.2003, 12:24



Antwort auf: Anhänglichkeit extrem

War bei uns genau gleich. Ich habe sie 3 Monate ununterbrochen getragen ausser in der Nacht, da hat sie immer sehr gut geschlafen. Mit dem Tragetuch hast Du die Hände frei und auch mit einer Babytrage (ich hatte die von Wilkinet) kannst Du auch aufs Klo gehen. Zum Duschen habe ich sie 5 Min. schreien lassen, diesen Luxus habe ich mir einfach gegönnt. Ansonsten habe ich 3 Monate unter tags von Schinkenbroten gelebt und die Minuten gezählt bis mein Mann nach Hause kam. Der hat sie dann bis 10 Uhr am Abend weitergetragen. Oft habe ich den ganzen Tag NICHTS gemacht, d.h. mich mit ihr auf das Sofa gesetzt und dicke Romane gelesen. Dein Gleichgewicht zu finden ist schon wichtig, ansonsten kriegst Du Aggressionen. Du musst halt einmal am Tag was machen, was Dir gut tut, z.B. Duschen. Manchmal habe ich mit Ohrstoppel geduscht, weil ich das Schreien auch nicht ertragen konnte und es mir das Herz brach. Also Stoppel rein, und diese 5-10 Minuetn habe ich mir 1x pro Tag genommen. Als sie 4 Monate alt wurde, war der Spuk vorbei, sie wollte schauen, runter vom Arm und die Schreizeit war vorbei. Ich hatte auch keine Omas oder Hilfe, ich glaube, meine Mutter oder Schwiegermutter im Haus hätte das ganze nur noch verschlimmert. Einmal habe ich jedoch Hilfe angefordert über das rote Kreuz (das ist so ein Dienst in der CH, wenn Mamma oder Baby krank sind, dann kommen die helfen udn machen alles, wie z.B. putzen, einkaufen, ect...) Weiss nicht ob es in D was Aehnliches gibt. Durchhalten und freu Dich am Engelslächeln... Meine ist jetzt 14 Monate und superlieb. LG, Doris

Mitglied inaktiv - 16.07.2003, 12:37



Antwort auf: Anhänglichkeit extrem

Hallo Susanne, freut mich, dass ich ein bisschen "trösten" konnte. Lass' Dir doch bitte von jemandem mit Erfahrung (z.B. Hebamme) zeigen, wie Du Deinen Wicht tragen kannst - da gibt's gerade für die ersten Monate eine spezielle Technik, damit die Kleinen auch wirklich gut aufgehoben bzw. gestützt sind. Ich habe schon beobachtet, dass manche Säuglinge da völlig haltlos herumbaumeln - aber das weisst Du wahrscheinlich selbst, dass das dann nicht so dolle ist. Anfangsschwierigkeiten sind normal, aber mit der Zeit kommt die Routine... Lass Dich dann übrigens auch nicht verrückt machen von alten Leutchen, die meinen, man misshandele sein Kind in dem Tragetuch ("Da bekommen die doch O-Beine...", oder: "Wenn ich da vorne 'drin stecken müsste, würde ich auch plärren!") - mich hat das am Anfang rasend gemacht, aber als Mama muss man sich eh' ein dickes Fell zulegen ;-) Noch mal alles Gute!

Mitglied inaktiv - 16.07.2003, 16:39



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