Hallo Dr. Posth,
vielen Dank noch einmal für Ihre Antworten zur Anhänglichkeit meiner Tochter (10 Mon) vor einigen Wochen. Die extreme Anhänglichkeit hat sich nun gegeben, und der Papa kann sie auch wieder ins Bett bringen. Ich darf dabei allerdings nicht groß in Erscheinung treten, ist das in Ordnung?
Ihr Fremdelverhalten hatten Sie seinerzeit als normal bezeichnet-das hat sich nun völlig umgekehrt. Sie lacht jeden Menschen an, egal ob fremd oder bekannt an und fordert eine Reaktion von diesen auch geradezu heraus. Im Bus z.B. sieht sie jmden solange an, bis derjenige reagiert und zurücklacht. Ist das auch normal, weil sie jetzt vielleicht Gesichtsausdrücke deuten kann und das toll findet?
Woran merkt man eigentlich eine beginnende Loslösung oder setzt man die als Eltern selbst in Gang? Der Papa konnte ja bis auf die eine Anhänglichkeits-Phase schon immer alles bei und mit ihr machen, füttern, wickeln, beruhigen, ins Bett bringen usw.
Vielen Dank für Ihre immerwährende Geduld
Mitglied inaktiv - 30.04.2007, 08:35
Antwort auf:
Anhänglichkeit, Fremdeln, Loslösung
Stichwort: Loslösung
Hallo, wenn Sie dabei sind, während Ihr Mann sich um seine Tochter (10 Mo) kümmert, entsteht im Bewußtsein des Säuglinges und später auch des Kleinkindes immer ein gewisser Konflikt. Denn auch das Kind muß sich in seinen Beziehungsstrukturen orientieren und zurecht finden. Dabei entstehen leicht sog. Ambivalenzen, d.h. man will alles gleichzeitig (auch das Widersprüchliche) und kann sich nicht entscheiden. Insofern handeln Sie also richtig, sich manchmal einfach zurückzuziehen. Die Loslösung erkennen Sie nun daran, daß in bestimmten Augenblicken das Kind auf einmal doch so etwas wie eine Entscheidung zustande bringt und sich der "anderen" Person, normalerweise eben dem Vater, zuwendet. Dazu gehört auch, daß der Säuglinge das starke Fremdeln mithilfe der Sicherheit in der primären Bindung überwindet und wieder Neugier auf andere Menschen empfindet. Diese Neugier spielt es je nach seinem Temperament natürlich bei jeder ihm günstigen und zweckmäßigen erscheinenden Situation aus, eben das (von Ihnen geschilderte) bewußte Angucken von fremden Menschen mit der Herausforderung zu einer freundlichen Geste. Leider verstehen das manche (gehemmte) Erwachsene falsch und reagieren ablehnend. Aber dagegen können Sie nichts tun, und das Kind macht seine ersten Erfahrungen im Umgang mit anderen Menschen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 01.05.2007