Hallo Herr Dr. Posth,
mein Sohn wird jetzt zwei Jahre alt und ist im Moment wahnsinnig anhänglich. Wenn mein Mann oder ich dabei sind, dann bewegt er sich überhaupt nicht von uns weg. Sind wir nicht da, ist es aber voll o.k.
Dazu kommt, daß er sehr sehr ängstlich ist. Wenn er was nicht kennt, dann will er es auch gar nicht kennenlernen. Er hat z.B. Angst vor der Messung des Kopfumfanges, vor dem Wiegen. Er klammert sich dann ganz fest an einen und wimmert.
Können sie mir sagen woran das evtl. liegen kann. Die Kinderärztin sagt dazu nichts.
Bin auch über alle andere Antworten sehr dankbar.
Lieben Gruß und schönes Wochenende
Claudia
Mitglied inaktiv - 17.10.2003, 07:05
Antwort auf:
Anhänglichkeit/Ängstlichkeit
Liebe Claudia, wenn Sie meinen Text über das emotionale Bewußtsein genau lesen, werden Sie die Antwort darin finden. Aber kurz noch einmal zusammengefaßt. Ein 2jähriges Kind beendet normalerweise langsam die Loslösung von der primären Bezugsperson, in der Regel die Mutter, und fängt an zu trotzen, um sein aufkommendes Selbstbewußtsein durchzusetzen. Ist aber in dieser Entwicklung noch nicht so weit vorangekommen, bleibt es anhänglich und ängstigt sich in unbekannten Situationen, v.a. solchen, in denen es sich darstellen muß oder in denen es etwas an sich verrichten lassen muß. Die Loslösung ist also noch nicht ausreichend. V.a. unsicher gebundene Kinder zeigen ein solches Verhalten. Dabei kommen ambivalente Reaktionen, aber manchmal auch vermeidende Haltungen vor (s. mein Text).
Sie müssen sich fragen, was dazu geführt hat, daß die Loslösung noch nicht richtig funktioniert, oder ob ihr Sohn von Anfang an sehr ängstlich gewesen ist und viel geschrien hat und wie Sie damit umgegangen sind.
Im Augenblick können Sie nur alle beängstigenden Situationen erst einmal zu entschärfen suchen und Ihrem Sohn nicht so viel zumuten. Er muß jetzt Sicherheit und Vertrauen "nachladen", was er gerade ganz offensichtlich ausgiebig tut. So wird die Loslösung nur verspätet einsetzen und das Trotzen auch, aber sonst wird alles seinen normalen Verlauf nehmen. Denken Sie daran, es gibt ja auch Kinder, die sehr spät laufen gelernt haben und es trotzdem einwandfrei können. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 21.10.2003