Frage: Abstillen

Hallo! Wie schaut denn Ihrer Meinung nach das optimales Abstillen aus? Meine Tochter, 9 Monate, wird immer noch voll gestillt. Sie zeigt kein Interesse an Beikost (hat auch noch keinen Zahn). Auch nicht, wenn ich ihr etwas in die Hand gebe. Ich stille sie alle 2-3 Std. Bald wird sie ein Jahr alt sein. Wie stellen Sie sich das vor, wenn ich ihr ein ´Übergangsobjekt` gebe? Schnuller nimmt sie keinen. Das wird doch nicht ohne Tränen ablaufen? Außerdem stelle ich mir das selber ziemlich anstrengend vor. Nachts gebe ich ihr die Brust, wir schlafen beide weiter. Mit nur kuscheln, streicheln wird sie doch nicht zufrieden sein? Wieso sollte ein Kind mit einem Jahr abgestillt sein? Was gibt es für negative Konsequenzen für das Kind, wenn es länger gestillt wird? Danke, Grüße!

Mitglied inaktiv - 15.05.2006, 21:15



Antwort auf: Abstillen

Stichwort Langzeitstillen Hallo, das Thema Langzeitstillen wurde hier im Forum mehrfach ausgiebig diskutiert. Immer wieder wurde von Müttern behauptet, das Stillen bis in das zweite Lebensjahr hinein wäre ein Naturprinzip und hätte weder auf die körperliche noch auf die psychosoziale Entwicklungs des Kindes irgendwelche Auswirkungen. Meine Auffassung geht hingegen dahin, daß vermutlich schon die Urmenschen mit dem Durchtritt der Zähne, ihren Säuglingen Beikost gegeben haben. Das deckt sich mit Entdeckungen zur Verdauungsfunktion des Menschen, die nach der Halbjahresgrenze durchaus und ohne Probleme eine Ausweitung des Speiseplans zuläßt. Der dadurch veränderte Rhythmus des Stoffwechsels mit langsamerer Aufspaltung und Resorption der Nahrungsbestandteile und der inzwischen deutlich erhöhte Glykogenspeicher in der Leber zur Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels, sowie andere Faktoren führen dazu, daß die Pausen bis zur nächsten Nahrungsaufnahme erheblich länger werden können. Das hat Vorteile für das Schlafverhalten und entlastet die Mutter als Ernährerin. Die mütterliche Brust als Übergangsobjekt bringt psychologische Schwierigkeiten mit sich, weil die Mutter wie jedes Übergangsobjekt ständig für die Ausbalancierung innerer Gefühlszustände herhalten muß, tags wie v.a. auch nachts. Das gilt für alle Frustrationserlebnisse, ob Ärger, Enttäuschung, Verlassenheitsangst, Schmerz oder Nahrungsaufschub. Außerdem wird das Loslösungsprinzip im zweiten Lebensjahr erschwert. Denn der Vater als Vorbildperson in der triadischen Loslösung muß gegen einen zu hohen Bindungsdruck "anarbeiten". Seine Gegenangebote werden zu leicht hinter dem Dauerprinzip Mutterbrust zurückstehen. Auch das Kind kann keine andere Selbstberuhigungsmethode entwickeln lernen, als immer an die Brust zurückzukehren. Ich gebe zu, daß es hierzu andere Ansichten gibt. Studien, die die Entwicklung der einen oder anderen Kinder miteinander vergleichen, sind mir nicht bekannt. Fragen Sie aber auch Biggi Welter, die Hebamme hier im Forum. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 19.05.2006