Frage: Abspeicherung negativer Emotionen‏

Guten Morgen Herr Dr. Posth, mich interessiert, inwieweit Situationen bei einem 10 Wochen alten Säugling (voll gestillt), in denen er aufgrund einer Fremdbetreung nur geschrien hat und nicht zu beruhigen war, Spuren im Gehirn hinterlassen . Wegen eines wichtigen Termines musste unser Sohn für eine Stunde von meinem Mann betreut werden. Bevor ich gegangen bin, hat er geschlafen. Als ich weg war, ist er aufgewacht, hat gemeckert und dann nur noch geschrien bis ich nach einer Stunde zurückgekommen bin. Volle Windel, Hunger, Schmerzen, etc. können so gut wie ausgeschlossen werden, und alle Tröstungsversuche meines Mannes (Schnuller, Teeflasche, Tragesack, Wiegen, etc.) scheiterten. Ich hab mich dann schuldbewusst gefragt, ob so eine Situation das Urvertrauen beeinträchtigt bzw. diese negativen Emotionen dauerhaft in seinem Gehirn (Amygdala) gespeichert werden. Vielen Dank für Ihre Antwort. Freundliche Grüsse Marion

von Heumarkt am 13.01.2014, 07:36



Antwort auf: Abspeicherung negativer Emotionen‏

Liebe Marion, vermutlich stillen Sie und Ihr kleiner Sohn hat die Erwartung gehabt, an die Brust zu kommen, als er wach geworden ist. Die könnte ihm der Vater aber nicht bieten. Und zur Brust gehört natürlich die Mutter, die in diesem Moment auch nicht zur Verfügung stand. Nun werden solche einmaligen Ereignisse nicht ausreichen, um auch gleich eine deutliche Spur im Gehirn zu hinterlassen. Das Gehirn ist darauf angewiesen, dass geschlosse Verbindungen und Netzwerke öfter auf dieselbe Weise gebahnt werden müssen, um stabil zu werden und Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Ausnahmen machen nur schwer traumatisierende Ereignisse, die durch ihre Abspaltung der Emotion vom Ereignis (weil unerträglich) offenbar eine sofortige Tiefenwirksamkeit besitzen. Die Warnfunktion wird dadurch auf ein Maximum gefahren. Aber das ist bei solchen Ereignissen sicher nicht der Fall. Aber allzu oft sollte das nicht passieren. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 14.01.2014