Lieber Herr Dr. Posth, unser Sohn, 34 Mon., geb. 35. SSW., ehem. Schreibaby, sehr sensibel, kam mit 14 M zu einer Tagesmutter, 4,5 Std. tägl. Eingew.: weinte immer bei der Verabschiedung, ließ sich aber lt. TM schnell trösten. Es wurde grds. besser, doch nun hat sein Lieblingskind die Gruppe verlassen. Seitdem weint er tägl., hält sich an mir fest, sagt, er wolle bei mir bleiben. Die TM behauptet, er "nutze mein schlechtes Gewissen aus" u. spiele ganz normal, sobald ich außer Sichtweite sei. M.E. ist er beim Abschied verzweifelt u. resigniert, kommt aber, wenn ich ihn abhole, fröhl. zu mir u. spielt. Bindung iO? Gibt es Kinder, die Tränen zum Abschied ritualisieren? Sinnvoll, ihn bis zum KiTa-Beginn wieder z.H. zu betreuen? Meinem Gefühl nach findet er die TM nett, differenziert jed. sehr stark zwischen ihr u. mir, lässt sie das deutl. spüren. Dank für Ihre versierte und feinfühlige Arbeit!
von
Elisa77
am 04.03.2013, 07:36
Antwort auf:
Abbruch der Fremdbetreuung?
Hallo, die Erklärungen Erwachsener für den Trennungs- und Abschiedschmerz eines Kleinkindes, der nicht sein darf, weil er nicht sein soll, werden immer abenteuerlicher. "Schlechtes Gewissen der Mutter ausnutzen" ?? Was hat nicht ganz 3-jähriges Kind eine Ahnung vom schlechten Gewissen einer Mutter? Und die Geschichte, dass das Kind aufhört zu weinen, wenn die Mutter fort ist, ist ja nun hinlänglich bekannt. Was soll das Kind denn auch tun, wenn es spürt, dass niemand von seinen Gefühlen Notiz nimmt. Es passt sich an und unterdrückt seine schlechten Gefühle, um einem Dauerstress zu entgehen. Inzwischen weiß man aber, dass genau das nicht gelingt. Der Stresspegel solcher Kind bleibt innerlich hoch, auch wenn er äußerlich nicht mehr erkennbar ist. Denn das Unterdrücken von Gefühlen bedeutet innere Anstrengung.
Ihr Sohn scheint seine Tagesmutter auch nicht richtig angenommen zu haben, und was ihn bisher überhaupt zu ihr hingezogen hat, war der kleine Freund. Der ist nun fort.
Tränen kann man nicht ritualisieren. Sie sind zumindest im Kindesalter immer echt. Sie müssen entscheiden, ob Sie Ihren Sohn bis zum Ki-gaeintritt wieder zu Hause betreuen wollen. Das kann ich Ihnen nicht abnehmen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 06.03.2013