Frage: 2,5jähriger Sohn hat Angst vor Kindern! auch an alle

Lieber Dr.Posth, Yanic ist 2,5 und zu Hause eigentlich nicht zu bändigen, setzt ständig seinen Kopf durch und ist wirklich aufgeweckt und offen. Aber kaum sind wir an einem Ort wo es Kinder hat, klammert er sich an mich, will auf den Arm. Kommt ihm ein Kind zu nahe, beginnt er panisch zu weinen. Wir treffen uns seit er ein Baby ist regelmässig mit einer Familie mit 2 Kleinkindern. Die sollte er ja langsam kennen, doch auch dort, klebt er die erste Stunde nur an mir und weint. Erst dann taut er langsam auf und spielt in meiner Gegenwart ein wenig mit den Kindern. Vorallem mit der älteren, das Kleinere macht ihm eher Angst. Er war auch als Baby schon eher schüchtern, aber es bessert einfach nicht. An Kindergarten o.ä. nicht zu denken. Krabbelgruppe musste ich abbrechen, da er immer nur geweint hat. Dazu muss ich sagen, dass ich im März (dann ist er 3) noch ein Baby erwarte. Ich weiss einfach nicht, ob er dann noch anhänglicher wird. Bei Erwachsenen geht es besser, er ist bei Fremden auch da sehr zurückhaltend und spricht kaum ein Wort (zu Hause plappert er ständig), aber bei Kindern ist es am Schlimmsten. Wie kann ich ihm die Angst vor anderen Kindern nehmen? Woran liegt das denn? Kann mir jemand helfen, wäre sehr dankbar!!!! Viele Grüsse aus der Schweiz!

Mitglied inaktiv - 21.09.2004, 13:44



Antwort auf: 2,5jähriger Sohn hat Angst vor Kindern! auch an alle

Liebe Najana, wenn ich mich recht erinnere, gab es in der bisherigen Entwicklung schon mal Probleme in puncto Loslösung. Offenbar steckt er da -sagen wir- auf halbem Wege drin und hat noch nicht so recht sein Selbstbewußtsein gefunden. Zeigt er denn klare Trotzerscheinungen? Hat er denn dabei Gelegenheit, sich selbst auch zu behaupten? Das wäre wichtig für ihn, denn erst mit einem ausreichend gesicherten Selbstbewußtsein kann ein Kind sich fremden Menschen gegenüber öffnen. Gerade etwa altersgleichen Kindern gegenüber gibt es Schwierigkeiten, da diese als Rivalen aufgefaßt werden. Man erwartet ja normalerweise etwas anderes, aber sein Verhalten ist eher typisch. Es ist richtig, daß sie ihn zunächst in seinen Schritten zur Kontaktaufnahme begleiten, aber Ziel sollte sein, daß er sich traut, es alleine zu machen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 25.09.2004



Antwort auf: 2,5jähriger Sohn hat Angst vor Kindern! auch an alle

Hallo, wollte gerade auch an Dr.Posth schreiben, habe das gleiche Problem. Allerdings ist mein Sohn erst 20 Monate alt. Er hat auch Angst vor anderen Kindern, besonders vor Gleichaltrigen oder Kleineren. Bei größeren Kindern ist es ok. Es fing bei Ihm mit ca 1 Jahr an, sobald Ihm ein Kind zu Nahe kommt weint er und klammert sich auch an mich. Es gab ca. 2 Monate wo es etwas besser war. In dieser Zeit ist er auch auf Kinder zugegangen und wollte spielen. Aber seit Anfang August diesen Jahres ist es wieder ganz arg. Krabbelgruppe oder Treffen mit anderen Müttern/Kindern ( die er auch öfter sieht) sind zur Zeit eher der Horror. Ich mache mir im Moment auch ziemlich Sorgen deshalb. Vielleicht weis ja jemand einen Rat. Viele Grüße

Mitglied inaktiv - 21.09.2004, 22:20



Antwort auf: 2,5jähriger Sohn hat Angst vor Kindern! auch an alle

Liebe Najana! Mein Sohn wird im Dezember 3 Jahre und hatte auch bis vor kurzem noch Angst vor anderen Kindern. Wenn sich ein Kind zu ihm auf die Schaukel setzte ist er fast panisch runtergesprungen, auf den Spielplatz wollte er nur wenn keine anderen Kinder da waren etc. In den letzten Wochen hat sich das aber stark geändert. ICh glaube diese Phase vergeht automatisch, man kann sie nicht beschleunigen. Ich glaube jedenfalls, dass das ganz normal ist und man wie so oft einfach Geduld braucht. Mittlerweile geht mein Sohn sogar in den Kindergarten und es klappt - meinen extremen Befürchtungen zum Trotz - sehr gut. Bin überzeugt, dass es bei dir ganz ähnlich laufen wird. Liebe Grüße Elisabeth

Mitglied inaktiv - 24.09.2004, 12:38



Antwort auf: 2,5jähriger Sohn hat Angst vor Kindern! auch an alle

Lieber Dr. Posth, erstmals vielen Dank für IHre Antwort. Ich war erstaunt, dass Sie sich noch an mich erinnern konnten. Unser Sohn trotzt zu Hause wirklich gern und wir unterdrücken das auch nicht. Ich habe ja Ihren Text gelesen und versuche, ihm zwar nicht alles durchgehen zu lassen, aber seinen Willen auch zu akzeptieren. Komischerweise trotzt er niemals, wenn wir ausser Haus sind. Dort passt er sich immer an. Wie kann ich ihm helfen, sein Selbstbewusstsein aufzubauen und zu stärken? Vielen Dank für Ihre nochmalige Antwort! Einen guten Start in die neue Woche!

Mitglied inaktiv - 26.09.2004, 10:46



Antwort auf: 2,5jähriger Sohn hat Angst vor Kindern! auch an alle

Liebe Najana, ich habe Ihre Rückfrage gesehen. Da die Sache mit dem Selbstbewußtsein nicht so einfach ist, mache ich Ihnen in den nächsten Tagen eine etwas umfangreichere Antwort. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 27.09.2004



Antwort auf: 2,5jähriger Sohn hat Angst vor Kindern! auch an alle

Stichwort Selbstbewußtsein So, jetzt habe ich einen kurzen Text zur Entwicklung des Selbstbewußtseins zusammen: Wie gelingt es, daß ein Kind große Selbstsicherheit erwirbt? Die Selbstwerdung oder Individuation eines Menschen ist ein vielgestaltiger Prozeß, der sich nicht auf einige wenige Erziehungseinflüsse beschränkt. Natürlich gehören auch -sagen wir- glückliche Veranlagungen eines Kindes dazu, die den kommunikativen und interaktiven Umgang mit den Eltern und allen anderen Mitmenschen erleichtern. Aber im wesentlichen geht es um eine Entwicklung des Kindes im Austausch mit seiner Umwelt und seinen Mitmenschen. Sie beginnt schon in der Säuglingszeit mit der Ausbildung einer sicheren Bindung an die primäre Bezugsperson, sprich die Mutter. Sie setzt sich fort in der gelungenen Loslösung über den Vater oder eine andere "dritte Person" als Vorbild für Autonomie in Richtung Selbständigkeit. Der hierzu notwendige Widerstand und Trotz muß von den Eltern verständnisvoll begleitet werden. Hierbei müssen aber auch erste, überzeugende Erziehungsmaßnahmen stattfinden, die dem Kind Gelegenheit geben, Strukturen im Miteinanderauskommen in der Gesellschaft zu finden. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, daß das Kind überwiegend positive Attribute (Bewertungen) auf sich vereinen kann und negative Attribute auf das unausweichliche Maß beschränkt bleiben. Auch bei der Attributierung spielen die Eltern zunächst wieder die wichtigste Rolle. Nur auf diese Wiese ist gewährleistet, daß das Kind Stolz auf sich selbst erwirbt und seine Scham in Grenzen halten kann. D.h. konkret, daß sich alle erzieherischen Maßnahmen bei fehlerhaftem Handeln des Kindes auf die Sachproblematik zu beschränken haben und die werdende Persönlichkeit des Kindes unangestastet lassen. Sonst baut sich die Kritik mit ihren Negativattributierungen mit der Zeit in die Persönlichkeit mit ein! Also Kränkungen, Herabwürdigungen oder wüste Beschimpfungen haben zu unterbleiben. Im Ausgleich zur unvermeidlichen, wohlgemerkt sachlicher Kritik müssen die positiven Eigenschaften des Kindes hervorgehoben, belobigt und gefödert werden. Solches Lob muß nun aber angemessen bleiben und darf das Kind nicht fälschlich in den Himmel heben. Denn das "über den grünen Klee loben" wird vom Kind nicht angnommen und mehrt eher wieder nur die Beschämung, denn das Kind spürt es, wenn Lob und Leistung nicht übereinstimmen. In der Ausgewogenheit von Stolz und Scham, wobei Stolz die Scham überwiegen muß, entsteht eine harmonische Persönlichkeitsstruktur. Ein Kind, das stolz auf sich selbst sein kann, kehrt automatisch seine guten Eigenschaften heraus und erweist sich zusehens als sozial kompetent. Letzteres hat den Vorteil, daß jetzt auch Regeln in der Gesellschaft freiwillig anerkannt werden und sich sinnvoller Gehorsam als ein selbstärkendes Element im Bewußtsein etabliert. Schuldempfinden bei Regelverstoß, ob unbewußt oder gewollt, führt dadurch zu Reue und zu dem Bedürfnis nach Wiedergutmachung. Aggressiv opponierende oder sogar provozierende Verhaltensweise werden gleichzeitig auf ein Minimum reduziert und tauchen eigentlich nur noch dann auf, wenn dringend benötigte Selbstbehauptung erforderlich ist. Ein gewisses Grundmaß an Machtgefühl muß das Kind schon besitzen, um Selbstvertrauen aufzubauen. Als letzte Stufe kindlicher Sozialkompetenz entwickelt sich das verantwortungsbewußte Handeln in der Gesellschaft. Soweit also die Kurzfassung der höheren Stufe des emotionalen Bewußtseins. Da Sie nun wissen wollen, wie Sie das Selbstbewußtsein Ihres Sohnes oder ihrer Tochter vergrößern können, müssen Sie sich fragen, auf welcher Stufe der Entwicklung ein -sagen wir Versagen- stattgefunden hat. Da müssen Sie ansetzen und nacharbeiten. Da schlechtes Selbstbewußtsein meist erst mit 4 oder 5 Jahren in den ersten, größeren sozialen Auseinandersetzungen auffällt, können Sie natürlich nicht mehr zurückgehen in die primäre Bindung. Auch die Loslösung ist kaum mehr zu erreichen, es sei denn die Loslösungproblematik besteht noch bis in dieses Alter fort. Das sind die immer noch ständig opponierenden oder provozierenden Kinder, die bei nahezu jeder Gelegenheit rebellieren. Die wichtigsten Elemente für die Stärkung von Selbstbewußtsein sind also die akzeptierte Loslösung im Trotz, das Gewähren eines nötigen Quantums Macht, die Vermittlung von Strukturen im sozialen Umgang und die sich konsequent daraus ableitende positive Attibutierung der Kinder. D.h. erzieherische Kompetenz auf Seiten der Eltern ist sehr wichtig, verbunden mit den Kenntnissen darüber, was es heißt im guten Sinne konsequent zu sein (Strukturen) und sein Kind auf günstige Weise aufzuwerten (positive Attributierung). Jetzt kann es nur noch darum gehen, wie das im Einzelfall am besten gelingt. Das herauszufinden ist aber schon Ausweis elterlicher erzieherischer Kompetenz. Mein Forum trägt dazu bei, Ihnen Anregungen zu geben. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 29.09.2004



Antwort auf: 2,5jähriger Sohn hat Angst vor Kindern! auch an alle

Vielen lieben Dank, dass Sie sich Zeit für diesen ausführlichen Text genommen haben. Er ist sehr aufschlussreich und ich hoffe, nun etwas eher zu verstehen, wo es allenfalls schief gelaufen ist... Besten Dank nochmals, ist wirklich super, welchen Aufwand Sie in diesem Forum betreiben!

Mitglied inaktiv - 29.09.2004, 18:24



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