März 2020 Mamis

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Geschrieben von 4er-Pack, 37. SSW am 13.02.2020, 12:23 Uhr

Gründe für Einleitung oft an den Haaren herbei gezogen!

Bei mir rennst du mit deinem Post offene Türen ein.

Ich denke, grundsätzlich haben alle geburtshilflichen Maßnahmen, die in die reguläre Geburt eingreifen, erst einmal ihre Berechtigung. Schließlich wurden Sie dafür entwickelt, um in Situationen, in denen es "von allein" eben nicht funktioniert, helfen und so das Leben von Mutter und Kind retten zu können. Dazu gehören selbstverständlich auch die Einleitung und der Kaiserschnitt.

In meinen Augen gibt es grundsätzlich massive Probleme in der Geburtshilfe, so wie es derzeit in unserem ganzen Gesundheitssystem massiv kriselt. Der Unterschied: Die Konsequenzen des Ganzen treffen natürlich in erster Linie Frauen. Ein Problem, das du schon angesprochen hast, sind die Fallpauschalen. Geburtshilfe ist einfach kein wirtschaftlicher Bereich, da du -egal, wie lange eine Geburt dauert- immer nur das gleiche Geld dafür bekommst. Dann kommen horrende Haftpflichtversicherungen hinzu. Sollte die Klinik oder eine Hebamme verklagt werden, können lebenslange Kosten auf die Klinik/die Hebamme bzw. deren Versicherungen zukommen, beispielsweise wenn einem durch eine Geburt schwerbehinderten Kind lebenslang eine Rente gezahlt werden muss oder andere Schadenersatzleistungen fällig werden. Diese horrenden Versicherungsbeträge haben ja auch dazu geführt, dass sich massenhaft freiberufliche Hebammen aus der Begleitung von Geburten zurück gezogen haben. Du findest heute kaum noch eine, die Haus- oder Beleggeburten anbietet, weil das für die meisten schlicht nicht mehr zu finanzieren ist. Und von den Kursen und der Vor- oder Nachsorge kann man anscheinend auch eher schlecht als recht leben. Den angestellten Hebammen in den Kliniken geht es nicht besser: Sie sind oft unterbesetzt dort, müssen Schichtdienst arbeiten, können Gebärende in der Folge oft nicht so betreuen wie sie es gerne würden und verdienen tun sie auch nicht besonders gut. Eine Klinik, die ich anrief (ich habe vor Ort alle angerufen um zu erfahren, ob es eine Kooperation mit einer Beleghebamme gäbe-nein, gibt es nicht mehr) sagte mir, sie seien froh, überhaupt noch angestellte Hebammen zu finden. Das sei schon sehr schwierig.

Dementsprechend hast du als Frau kaum noch die Wahl, wo du überhaupt entbinden willst. Immer mehr Kliniken schließen ihre geburtshilflichen Abteilungen aus wirtschaftlichen Gründen und weil kaum Personal zu finden ist, das wiederum verstärkt bei wachsenden Geburtenzahlen natürlich den Druck und das Arbeitsaufkommen in den verbliebenen Kliniken. Und es wirkt sich selbstverständlich auf negative Art und Weise darauf aus, wie Geburten ablaufen. Das hat mich nun zweimal so getroffen, dass ich im rappelvollen Kreißsaal ankam und als Patientin und Mensch wirklich total untergegangen bin und das war einfach dramatisch für mich und nicht so einfach zu vergessen. Eine Geburt ist und bleibt ein einmaliges und einschneidendes Erlebnis für die Mutter und wird nie zur Routine.

Das andere ist zum Teil eine schlechte Kultur, wie mit Menschen umgegangen wird. Sicherlich, du bist als Frau in den Wehen in einer Ausnahmesituation und nicht zur Konversation so fähig wie sonst, allerdings entbindet das keineswegs von der Verpflichtung, eine Gebärende aufzuklären und respektvoll mit ihr umzugehen, ihre Wünsche -wenn möglich- zu beachten. Einfach so, wie man mit jedem Patienten in jedem Krankenhaus umgehen sollte. Das betrifft allerdings nur vereinzelte Ärzte und Hebammen. Nur: Du weißt halt nicht, an wen du letztendlich gerätst. Letztendlich wird es immer der sein, der gerade Schicht hat und du kannst dir weder aussuchen, wann das Baby kommt noch wer gerade im Dienst ist.

Letztlich kommen viele Faktoren zusammen, die dann in der Summe dafür sorgen, dass zu oft in einen Geburtsverlauf eingegriffen wird, wo es nicht unbedingt nötig wäre. Für uns Mütter ist nur schwerlich zu ersehen, wann etwas medizinisch begründet ist und wann es schlicht unnötig ist. Eine pauschale Aussage darüber, ob und welche Eingriffe bei wem nötig sind, kann man niemals tätigen, weil Gebärende wie Kinder einfach zu verschieden sind und auch immer verschiedene Vorgeschichten haben. Auch wer wie wo betreut werden sollte in der Schwangerschaft und während der Geburt, ist total individuell. Ich war über medizinische Kontrolle in der Schwangerschaft glücklich und wusste auch sehr genau, welche pränatalen Untersuchungen ich in Anspruch nehmen wollte, andere kugeln lieber bis zur Geburt ohne einen Ultraschall, und auch das ist in Ordnung. Auch käme für mich persönlich keine Hausgeburt infrage, aber für andere ist es das größte Glück.

Ich finde deshalb, dass sich unbedingt politisch was ändern muss und die Grundbedingungen in der Geburtshilfe verbessert werden müssen. Deshalb engagiere ich mich seit der Geburt des letzten Kindes auch in einer Elterninitiative. Ich werde davon sicher nichts mehr haben, aber vielleicht werden die Bedingungen, zu denen meine Töchter entbinden, dann besser sein und es bleibt wieder mehr Zeit und Raum für den Menschen.

 
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