Recht auf Kinderbetreuung: Der
Anspruch auf den Kitaplatz und wie man
zu seinem Recht kommt

Mama in der Kueche mit Maedchen auf dem Ruecken

© Adobe Stock, pressmaster

Kinder ab dem ersten bis zum dritten Geburtstag haben einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung. 

Per Gesetz müssen Eltern demnach für ihre einjährigen und zweijährigen Sprösslinge einen Kitaplatz oder einen Platz bei einer Tagesmutter erhalten. Davor galt der gesetzliche Anspruch auf Betreuung erst für dreijährige Kinder.

Die Frage ist jedoch, ob in der Praxis wirklich überall ausreichend Plätze zur Verfügung stehen. Vor allem in Städten und Ballungszentren sind Engpässe möglich. Trotz rechtlichem Anspruch können hier möglicherweise nicht alle Eltern eine Tagesbetreuung für ihr Kind nutzen.

Anspruch auf einen Halbtagesplatz

Der Rechtsanspruch besteht ausnahmslos für die Kleinen dieses Alters - egal, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht. Das Gesetz sieht mindestens einen Halbtagesplatz mit fünf Stunden an fünf Tagen die Woche vor. Kann man nachweisen, dass aufgrund der Arbeitssituation ein Ganztagesplatz benötigt wird, so haben die Eltern auch Anspruch darauf. Bis zu neun Stunden Kinderbetreuung am Tag bzw. maximal 45 Stunden pro Woche können sie dann individuell beantragen.

Die Wahl der Betreuungsform und der Einrichtung

Grundsätzlich dürfen Eltern die Form der Betreuung selbst aussuchen, also ob das Kind eine Kita besucht oder von einer Tagesmutter betreut wird. Auch die Einrichtung selbst können sie erst einmal selbstständig auswählen. Wichtig: Starten Sie so früh wie möglich mit der Suche. Mindestens drei bis sechs Monate bevor ihr Nachwuchs den ersten Geburtstag feiert, sollten sich die Eltern um einen Kitaplatz kümmern und mit den Einrichtungen, die infrage kommen, Kontakt aufnehmen.

Das Jugendamt mit der Suche beauftragen

Bleibt diese selbstständige Suche ohne Erfolg, so ist das Jugendamt der nächste Ansprechpartner. Die Kommunen sind in der Pflicht einen Platz anzubieten. Das Amt, in Vertretung der Stadt bzw. der Gemeinde, muss innerhalb einer angemessenen Wartezeit von zwei bis drei Monaten einen zumutbaren Betreuungsplatz finden. Erhält man innerhalb dieser Zeit keinen Brief bzw. Bescheid vom Jugendamt, so können die betroffenen Eltern vor dem Verwaltungsgericht eine Untätigkeitsklage einreichen oder aber dem Amt zumindest eine Frist setzen.

Zumutbarkeit - ist der Betreuungsplatz akzeptabel?

Und dann plötzlich doch ein Kitaplatz - am anderen Ende der Stadt oder in einer überfüllten Kita-Gruppe. Was nun? Eltern dürfen einen angebotenen Betreuungsplatz für ihr Kind ablehnen, wenn dieser für sie nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist ein Platz:

  • zu dem man zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln länger als 30 Minuten unterwegs ist und der dabei auch nicht auf dem Arbeitsweg der Eltern liegt.
  • der nicht wohnortnah ist, sondern sich im städtischen Bereich mehr als fünf Kilometer entfernt befindet. (Kölner Verwaltungsgericht Az. 19 L 877/13).
  • bei dem der Betreuungsschlüssel enorm hoch liegt. Das bedeutet: sehr wenige Erzieher und viele Kinder.
  • der eine Allergie des Kindes nicht berücksichtigt.

In diesen Fällen schreiben die Eltern eine Ablehnung und begründen ganz genau, warum der Platz inakzeptabel ist. Juristen raten beispielsweise auf den nicht funktionierenden Nahverkehr zu verweisen und darzulegen, dass der Pkw für die Fahrt zur Arbeit benötigt wird. Bei einer überfüllten Gruppe wäre man gut beraten, sich auf das Betreuungsverhältnis zu beziehen, welches bisher galt. Musste sich ein Erzieher bislang um sieben oder acht Kinder kümmern, reiche das als Beleg aus und man kann verlangen, dass nachgebessert wird. Problematisch sei aber, dass es keine allgemeingültigen Standards gibt, im Gesetz ist nicht formuliert, was als angemessen gilt.

Ist gegen den Betreuungsplatz objektiv nichts einzuwenden, müssen die Eltern ihn annehmen. Gefällt ihnen die Kita nicht aus subjektiven Gründen, etwa weil die Räume zu klein sind oder die Betreuer unsympathisch erscheinen, und sie lehnen den Platz ab, verfällt ihr gesetzlicher Anspruch. Das Jugendamt hat seine Pflicht schließlich erfüllt.

Tagesmutter statt Kita - kein Kompromiss

Zwar wird die Betreuung der Kleinkinder von einer Tagesmutter oder einer Kita als gleichwertig angesehen, aber trotzdem muss dem Wunsch der Eltern entsprochen werden. Wenn die Eltern sich beispielsweise ausdrücklich eine Betreuung in einer Kita wünschen, aber keine Plätze zur Verfügung stehen, brauchen sie deshalb nicht die Betreuung durch eine Tagesmutter akzeptieren. Dies entschied das Kölner Verwaltungsgericht. Diesen Platz dürfen Eltern demnach abweisen - ohne ihren gesetzlichen Anspruch zu verlieren.

Ablehnungsbescheid - jetzt kann Verpflichtungsklage erhoben werden

Ist auch die Suche des Jugendamtes nicht mit Erfolg gekrönt, so bekommt die Familie dies in einem Ablehnungsbescheid mitgeteilt. Nun gilt es, schnell zu handeln. Stellvertretend für ihren Nachwuchs legen die Eltern - außer in Bayern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, hier ist dies nicht nötig - Widerspruch ein beim Absender des Schreibens, also beim Jugendamt oder bei der Kreisverwaltung. Im zweiten Schritt innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids reichen die Eltern vor dem Verwaltungsgericht eine Verpflichtungsklage ein. Für diese Klage brauchen sie auch keine Hilfe von einem Anwalt, sie kann in einem formlosen Brief verfasst werden. In einigen Bundesländern ist die Reihenfolge etwas anders, hier muss vor der Klage noch ein Widerspruch gegen den Bescheid eingereicht werden.

Kosten entstehen - so lange kein Anwalt beauftragt wurde - bei einer Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht. Aber die Klage kostet Zeit. Ein Klageverfahren kann mehrere Monate dauern.

Die Zeit drängt ...

In manchen Fällen drängt die Zeit, denn der erste Geburtstag ist doch schnell da. Dann kann ein einstweiliger Rechtsschutzantrag, der ebenfalls beim Verwaltungsgericht eingereicht wird, hilfreich sein. Im Antrag auf das Eilverfahren, welches die Vermittlung ankurbeln soll, muss die Dringlichkeit begründet werden, etwa durch einen Arbeitsvertrag. Hier kann auch ein eigener Vorschlag aufgeführt werden, etwa ein Privatkindergarten.

Aber Vorsicht, wenn dieser Antrag mit Hilfe eines Anwalts erstellt wird, muss der Jurist bezahlt werden. Bei positivem Ausgang übernimmt die Kommune die Kosten, bei negativem Ausgang müssen Sie die Kosten selbst tragen.

Die Alternative: eine private Kita

Eine Alternative wäre, etwa wenn Mutter und Vater ihre Berufstätigkeit wieder aufnehmen müssen, die Betreuung des Nachwuchses in einer privaten Kita. In dieser Situation ist das Jugendamt dazu verpflichtet, die Mehrkosten, also die Differenz zwischen städtischer und privater Einrichtung zu übernehmen. Die Eltern zahlen nur den Beitrag für die öffentliche Kita. In einem Fall in Mainz musste das Kind in einer privaten, teureren Einrichtung betreut werden, weil die Stadt einer Mutter keinen Platz in einer öffentlichen Einrichtung zur Verfügung stellen konnte. Dazu urteilte das Verwaltungsgericht, dass die Stadt Mainz ihr die Mehrkosten ersetzen muss (Az 1 K 981/11.MZ).

Voraussetzung dazu: Der Bedarf muss rechtzeitig, also mindestens drei Monate vor dem Kita-Start beim Jugendamt angemeldet worden sein. Außerdem sollte die Kita schon nach wirtschaftlichen Aspekten gewählt werden, das Amt zahlt keine teure "Edelkrippe".

Auch wenn das Jugendamt später einen Platz in einer öffentlichen Kita auftut, muss das Kind nicht zwangsläufig sofort wechseln. Schließlich wurde das Kleine eingewöhnt und hat sich hoffentlich mit seinem neuen Umfeld angefreundet. Dazu muss die private Kita bis zu einer gewissen Kündigungsfrist ohnehin weiterbezahlt werden. Aus diesen Gründen könnte die weitere Betreuung in der Privatkrippe laut Experten vor dem Verwaltungsgericht eingeklagt werden.

Wenn die Arbeitsaufnahme nach dem 1. Geburtstag nicht möglich ist

Kritisch wird es, wenn auch kein Platz in einem Privatkindergarten mehr frei ist und ein Elternteil seine Arbeit nicht aufnehmen kann, weil es das Kind selbst betreuen muss. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber muss man nicht befürchten, denn bis zum Ende des dritten Lebensjahres des Kindes darf man Elternzeit nehmen.

Theoretisch kann auch ein Schadensersatz aufgrund des Verdienstausfalls vor dem Zivilgericht erstritten werden. Das könnte aber kompliziert und aufwendig werden. Denn dabei geht es nicht mehr um den Rechtsanspruch des Kindes, sondern um das Recht der Eltern. Diese sind jedoch in der Beweispflicht, war wirklich keine andere Betreuung etwa durch Großeltern oder Freunde möglich? Damit die Forderung erfolgreich ist, wird die Hilfe eines Anwalts sowie am besten einer Rechtsschutzversicherung benötigt. Vor dem Landgericht, hier herrscht Anwaltspflicht, wird die Stadt oder Kommune auf Amtspflichtverletzung verklagt.

Klagen und Kosten

Außerdem kann die Forderung auf Schadenersatz teuer werden: Scheitert man vor Gericht mit der Forderung, muss man die Prozesskosten höchstwahrscheinlich selbst zahlen. Momentan sind viele Juristen auf die Klage auf einen Kita-Platz ausgerichtet. Falls Sie klagen wollen, suchen Sie einen Fachanwalt für Sozialrecht aus. Wer für die Kosten seine Rechtsschutzversicherung bemühen möchte: Achtung im Versicherungsvertrag muss das Verwaltungsrecht eingeschlossen sein.

Zuletzt überarbeitet: März 2019

Mobile Ansicht

Impressum Über uns Neutralitätsversprechen Mediadaten Nutzungsbedingungen Datenschutz Forenarchiv

© Copyright 1998-2024 by USMedia.   Alle Rechte vorbehalten.