Verzweifelt!!! Kinder 6 und 4 Jahre nässen tagsüber und nachts ein

 Conny Ackmann Frage an Conny Ackmann Kinderkrankenschwester

Frage: Verzweifelt!!! Kinder 6 und 4 Jahre nässen tagsüber und nachts ein

Hallo Zusammen! Wir haben 3 Kinder. Junge 6 Jahre, Mädchen 4 Jahre und Junge ½ Jahr alt. Mit den beiden älteren Kindern haben wir sowohl tagsüber als auch nachtsüber das Problem, dass Beide noch nie trocken waren. Unser 6 jähriger wollte mit ca. 3 Jahren keine Windeln mehr tragen und wir haben die seitdem tagsüber weggelassen. Mittlerweile seit 3 Jahren probieren wir es nun und haben leider keinen Erfolg. Wir sind mittlerweile alle, eingeschlossen auch mein Sohn, am Ende. Wir haben schon einiges ausprobiert. Der Kinderarzt hat alles untersucht, dann waren wir beim Urologen und in einer Klinik um abklären zu lassen ob alles organisch in Ordnung ist. Es ist alles in Ordnung. Juhu!! Wobei wir mittlerweile fast froh wären wenn wir endlich eine Lösung für das „Problem“ hätten. Tagsüber ist das größte Problem. Nachts ist nebensächlich geworden. Wir wünschen uns einfach, dass unser Junge unbeschwert leben kann. Er war auch bei einer Psychologin weil er sehr sensibel ist und sich alles sehr zu Herzen nimmt. Dort wurde ihm nochmal das Zusammenspiel von Blase, Darm usw. erklärt. Zum Schluss war er davon aber nur noch genervt, so dass auch die Psychologin der Meinung war wir sollen es erst mal auf sich beruhen lassen und später nochmal melden sofern es immer noch keine Besserung gibt. Das große Geschäft klappt schon immer zuverlässig einmal am Tag. Das ist also nicht das Problem. Auch wurde eine Verstopfung in der Klinik ausgeschlossen. Wir wissen nur leider nicht was das eigentliche Problem ist. Er trinkt ausreichend. Ca. 800 bis 1000 ml am Tag. Ein Blasentagebuch wurde auch schon mal geführt. Er muss leider ständig zur Toilette wenn er was getrunken hat. D. h. ca. 10-20 Min nachdem er getrunken hat rennt er zur Toilette. Und rennen ist da wirklich nicht übertrieben. Er muss dann so dringend, dass er es sonst nicht schafft. Er hat auch fast immer die Unterhose nass weil er es nicht schafft oder vielleicht auch mal zu lange wartet. Verständlicherweise wartet er manchmal lange denn er muss wirklich ständig zur Toilette und ich wäre auch genervt wenn ich immer aufhören müsste zu spielen. Ach ja wir versuchen dass er den Großteil bis nachmittags 16 Uhr trinkt. Wir sind wirklich sehr verzweifelt und würden mittlerweile alles machen um ihm zu helfen. Er leidet darunter. Trinkt extra wenig wenn wir los müssen und will zum Beispiel nicht im Kindergarten übernachten (alle zukünftigen Schulkinder übernachten dort) weil er Angst hat, dass jemand seine Pampers sieht. Tagsüber trägt er aus Scham keine Pampers mehr. Wir wissen echt nicht wie es wird wenn er in die Schule kommt. Entweder wird er dort gehänselt weil er nach Urin riecht oder weil er eine Pampers tragen muss. Er kann dort ja nicht ständig während des Unterrichts zur Toilette gehen. Ich habe mir zu dem Thema mittlerweile viel durchgelesen. Es steht immer dabei, dass viele Kinder die tagsüber noch nicht trocken waren, oft eine andere Krankheit wie ADHS oder mangelnde Intelligenz haben. Das ist bei unserem Sohn aber nicht der Fall. Er sollte erst schon ein Jahr früher eingeschult werden weil er im Kindergarten unterfordert ist. Das wollten wir aber nicht. Und auch sonst hat er keine Auffälligkeiten oder Krankheiten. Wir würden gerne wissen was man noch machen kann. Gibt es Medikamente oder andere Ideen? Unser Kinderarzt unterstützt uns und wird alles aufschreiben was wir benötigen. Evtl noch so eine Kontinenzschulung wobei unser Kinderarzt meinte, dass wäre vermutlich nicht unbedingt was für unseren Sohn. Weil dann ja wieder alles thematisiert wird und das wurde bei der Psychologin schon mal so ähnlich gemacht. Wir hoffen echt auf Hilfe und haben irgendwie im Moment das Gefühl, dass es keine wirkliche Lösung gibt und wir uns evtl damit abfinden müssen dass es noch ewig dauert bis unser Sohn mal trocken ist. Noch kurz zu unserer Tochter. Sie ist 4 Jahre alt und seitdem sie 2 ½ Jahre alt ist wollte sie ohne Windeln laufen und das haben wir auch soweit tagsüber durchgezogen. Bei ihr ist der Verlauf ähnlich. Sie nässt auch mehrmals täglich ein und möchte keine Windel mehr tragen. Nachts trägt sie eine Windel. Ich weiß, dass sie noch jünger ist und bis 5 Jahre darf man tagsüber einnässen… aber ich bin mir sicher, dass es bei ihr auch nicht so einfach klappen wird. Das Einnässen tritt ja familiär gehäuft auf und ist vererbbar. Ich habe das in den Familien erfragt und da ist bisher kein Fall bekannt wo jemand solche Probleme hatte. Aber ich habe sowieso das Gefühl dass über sowas niemand redet. Ich kenne niemanden der ähnliche Probleme hat, obwohl es ja anscheinend nicht so selten vorkommt. Wie schon mehrmals geschrieben wir hoffen sehr auf neue Tipps oder Ideen. Wir versuchen alles seit 1 Jahr umzusetzen und wären froh wenn mal irgendwas helfen würde. Viele Grüße und herzlichen DANK schon mal für die Antwort

von kathy5961 am 10.02.2020, 21:15


Antwort auf: Verzweifelt!!! Kinder 6 und 4 Jahre nässen tagsüber und nachts ein

Hallo kathy5961 :-))), ich kann ihre Verzweiflung in Bezug auf ihren Sohnemann sehr gut nachvollziehen, kann sie jedoch beruhigen. Da es laut aller Untersuchungen, die inzwischen durchgeführt wurden, keine organischen Ursachen gibt, handelt es sich offensichtlich um eine funktionelle Blasenkontrollstörung im Sinne einer Reifungsverzögerung. Diese ist gar nicht so selten und tritt bei ca. 15% bis 20% aller Kinder in dem Alter noch auf, sogenannte kleine „Spätzünder“ ;-))). Eine sichere eigenständige Blasen- und Darmkontrolle sollten die Kinder eigentlich bis zur Vollendung ihres 5. Lebensjahres erworben haben. Um eine sichere Blasenkontrolle haben zu können benötigen die Kinder als erstes eine gute Wahrnehmung für den Harndrang. Dies ist gerade in Situationen, in denen sie stark abgelenkt (z. B. im Spiel), müde und erschöpft oder krank sind, gar nicht so einfach. Der Kopf ist dann sehr beansprucht und nimmt den Drang gar nicht oder zu spät wahr und schwupps ist die Hose nass bevor die Kinder reagieren können. Hinzu kommt, dass sie lernen müssen den richtigen Zeitpunkt für den Toilettengang herauszufinden, um diese auch noch trocken erreichen zu können. Des Weiteren beinhaltet eine Blasenfunktionsstörung häufig eine noch zu geringe Speicherfähigkeit der Blase, da der Blasenmuskel sich nicht gut entspannen kann, manchmal auch stressbedingt, und somit müssen diese Kinder sehr viel häufiger und mit „plötzlichem Harndrang „zur Toilette "flitzen" als ihre kleinen Freunde (altersgerecht wären 140 ml bis 210 ml). Das ist, wie sie schon gut beobachtet haben, sehr nervig für die Kleinen, da sie ständig das Spiel unterbrechen müssen. Gut ist, dass ihrem Kleinen schon eine sogenannte „kleine Kontinenzschulung“ bei der Psychologin zuteilwurde :-))). Für eine intensivere Schulung sollte er in der Tat etwas älter sein. Voraussetzung für eine solche Schulung ist immer die Motivation der Kinder am eigenen Verhalten etwas ändern zu wollen. Diese Kinder gewöhnen sich nämlich mit ihrer Problematik ein falsches Verhalten an. Zum einen trinken sie nicht mehr ausreichend, da sie hoffen auf diese Weise weniger nasse Hosen zu haben und seltener zur Toilette gehen müssen. Wenn der Blasenmuskel jedoch lernen soll sich zu entspannen, muss er sich häufig am Tag füllen und entleeren können. Deshalb sollten die Kinder ausreichend und regelmäßig über den Tag verteilt trinken, ca. alle 2 Stunden ca. 150 ml und, wie sie es auch schon handhaben, ca. 2 Stunden vor dem Schlafen nichts mehr, wenn eine nächtliche Einnässproblematik besteht. Das Zweite ist, was sie auch schon beobachtet und beschrieben haben, die Kinder gehen bei Harndrang nicht sofort zur Toilette, weil sie sehr häufig die Erfahrung machen, dass kaum Pipi kommt - es sich also eigentlich gar nicht lohnt zur Toilette zu gehen ;-))). Diese falsch antrainierten Verhaltensweisen müssten also wieder in richtige Bahnen gelenkt werden, um eine normale Entwicklung der Blasenfunktion zu unterstützen. Das wäre langfristig „eine Lösung für die Einnässproblematik“. Ich kann die Meinung der Psychologin nur unterstützen. Dieses Thema beansprucht offensichtlich den ganzen Alltag ihrer kleinen Familie. Lassen sie vielleicht einfach einmal Ruhe einkehren, nehmen damit den Stress heraus und eventuell kann der kleine Mann sich dann ein wenig entspannen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die Blase dann auch manchmal „ruhiger“ wird und besser mit dem Kopf zusammenarbeiten kann. Ich kann gut verstehen, dass er keine „Pampers“ mehr möchte aber vielleicht können sie ihm als Übergangslösung eine Höschenwindel anbieten, damit die äußeren Hosen trocken bleiben und er keine Sorge haben muss, dass andere Kinder dies sehen. Dies bedeutet nämlich zusätzlichen Stress für ihn und seine Blase und beide können sich nicht entspannen. So, jetzt habe ich so viel geschrieben, dass ihnen wahrscheinlich der Kopf brummt :-))) und sie sagen „aber das wissen wir doch alles schon“ ABER….. das ist der Weg und ganz, ganz viel Geduld. Sie können sich dabei gerne Unterstützung durch eine unserer vielen urotherapeutischen Kollegen/ Innen holen, in ihrer Nähe zu finden unter: www.kontinenzschulung.de/images/einnaessen/Schulungseinrichtungen%20Homep%202018.pdf Unter folgender Internetadresse finden sie zudem eine Informationsbroschüre für Eltern zum Thema Einnässen/Reifung und auch eine entsprechende kindgerechte Erklärung: http://www.kontinenzschulung.de/images/einnaessen/KgKSElterninfo%2011_2016%20kl.%20Korrektur-2.pdf Vielleicht mögen sie sich diese ja herunterladen. Zum Schluss gibt es natürlich auch noch eine medikamentöse Möglichkeit, die auf den Blasenmuskel wirkt, aber nicht bei allen Kindern hilft. Der Wirkstoff heißt Propiverin und könnte vom Kinderarzt verordnet werden, um die Speicherfähigkeit der Blase zu erhöhen, sollte sie zu gering sein. Sollte nach ca. 14 Tagen keine deutliche Besserung eintreten, kann das Medikament wieder abgesetzt werden. Jetzt wünsche ich allen Beteiligten ganz viel Ruhe und Geduld. Sollten noch Fragen oder Unklarheiten auftreten, melden sie sich gerne erneut. Zu ihrer Tochter schreibe ich separat eine Antwort. Herzliche Grüße Conny Ackmann

von Conny Ackmann am 11.02.2020


Antwort auf: Verzweifelt!!! Kinder 6 und 4 Jahre nässen tagsüber und nachts ein

Problematik der Tochter Nochmals Hallo :-))) Ich muss ihnen recht geben – das Einnässen ist leider immer noch ein großes Tabuthema, aber es hat sich in den letzten 30 Jahren schon sehr viel zum Positiven verändert :-))). Ja, für ihre kleine Maus gelten die gleichen Infos und Verhaltensempfehlungen was das Trinkverhalten und das Pipi machen angeht, wie für ihren Sohn. Bei ihr spricht man dann allerdings noch nicht von Reifungsverzögerung, sondern wie sie schon vorbildlich selbst erlesen haben, liegt sie vom Alter her noch in dem „normalen Reifungsprozess“. Bei ihr würde ich zurzeit weder Kontinenzschulung noch Medikamente empfehlen, sondern nur darauf achten, dass sie, wie bei dem „kleinen Großen“, ausreichend und regelmäßig trinkt und versucht bei Harndrang sofort zur Toilette zu gehen. Damit könnten sie unter Umständen jetzt schon ein wenig gegensteuern. Hierzu dürfen sie gerne HIN und WIEDER fragen ob sie eventuell Pipi muss und sie dann jedoch allein entscheiden lassen ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist zur Toilette zu gehen, denn das ist es ja was sie jetzt lernen muss – den Harndrang rechtzeitig zu spüren, um dann in Ruhe zur Toilette gehen zu können. Auf diese Weise unterstützen sie ihre Kleine nach und nach in Punkto Wahrnehmung des Harndrangs und darin sich ein richtiges Verhalten beim Toilettengang anzugewöhnen. Auch bei ihr darf natürlich gerne, auch zur Vermeidung großer Wäscheberge ;-))), ein Windelhöschen zum Einsatz kommen. Dies trägt nicht auf unter der Bekleidung und kann gut von ihr gehändelt werden, wenn sie zum Pipimachen auf die Toilette möchte. Auch Slipeinlagen wären eine Alternative für beide Kinder. Ich weiß, es ist leicht gesagt aber eine andere „Therapieempfehlung“ als beiden Kindern ganz entspannt und ohne Druck Zeit zu geben diese Entwicklungen in ihrem ganz individuellen Tempo zu durchlaufen, gibt es leider nicht und wir wissen aus jahrzehntelanger Erfahrung „ES HILFT“ :-))))). Reifungsprozesse können wir als Erwachsene leider oder zum Glück weder beeinflussen noch beschleunigen, sondern nur unterstützen. Hierfür wünsche ich ihnen ganz viel Kraft und Ruhe. Herzliche Grüße nochmals Conny Ackmann

von Conny Ackmann am 11.02.2020


Antwort auf: Verzweifelt!!! Kinder 6 und 4 Jahre nässen tagsüber und nachts ein

Hallo Kathy. Vielleicht ist bei deinen Kindern auch noch der "spinale Galantreflex" aktiv. Der hat definitiv Auswirkungen auf die Steuerung der Blase. Kannst ja mal unter inpp.de dich belesen. Die Austestung können INPP Therapeuten/ best. Ergotherapeuten auch machen. Wenn dieser frühkindliche Reflex noch aktiv ist, dürfte es kein Problem sein, diesen zu integrieren. Entweder über diese INPP, es gibt auch noch RIT oder eine gute Ergotherapeutin. Die beiden ersteren Therapieformen werden leider nicht von der Krankenkasse übernommen. Alles gute euch!

von Diddiana am 21.02.2020, 13:27