Frage: Übergang Beikost zur Familienkost schwierig

Sehr geehrte Frau Neumann, mein Sohn, 11 Monate alt, war bisher ein sehr guter Esser. Egal ob Morgen-, Mittags-, Nachmittags- oder Abendbrei, er hat alles gegessen was ich ihm serviert habe und hat so gut wie immer die ganze Portion aufgegessen. Ich habe Brei immer selbst auf Vorrat gekocht und dann in Portionen eingefroren. Ab und an habe ich ihm ein fertiges Gläschen unterwegs gegeben. Jetzt, vor ca. 1-2 Wochen habe ich angefangen ihn in die Familienkost einzuführen da er sehr interessiert schien. So interessiert, dass er von heute auf morgen den Mittagsbrei verweigert hat. Daraufhin habe ich ihm dann die Zutaten die er auch vom Brei kannte, z.B. Kartoffel- und Karottenstückchen auf dem Teller angeboten. Er probierte neugierig aber spuckte alles mit Ekel-Miene wieder aus. Auch ein erneutes probieren kam zum selben Ergebnis. Am nächsten Tag habe ich ihm Blumenkohl und zerdrückte Erbsen und erneut Kartoffel gegeben. Er hat in allem rumgestochert und angefangen Sachen auf den Boden zu werfen. Ich hab ihm dann versucht was von meinen Fingern in den Mund zugeben (Löffel wollte er nicht wirklich) was z.T. geklappt hat. Nach einer dreiviertel Stunde ca. habe ich das Essen dann beendet. Er hatte insgesamt vielleicht einen Teelöffel gegessen, wenn überhaupt. Habe in den folgenden Tagen auch immer wieder seinen Brei angeboten, was ganz selten mit Glück gelang. Auch die Speisen mal in Stiften anstatt Stückchen anzubieten und mit nem Schlückchen Sahne zu verfeinern war erfolglos. Morgens habe ich angefangen ihm Dinkelvollkornbrot oder Vollkorntoast anzubieten, bestrichen mit Frischkäse und auch mal belegt mit Käse, dazu Banane und geriebenen Apfel. Er hat zwar weniger gegessen als vergleichsweise die Menge eines Morgenbreis, aber es hat gut geklappt und ich habe das als „Erfolg“ verbucht. Kuhmilch dazu aus der Tasse trinkt er nach wie vor sehr gerne. Das klappt auch toll. Abends hab ich auch hin und wieder Abendbrot anstatt Brei eingeführt, aber es werden nur ein Paar Stückchen gegessen. Reiswaffel liebt er über alles. Wenn es nach ihm ginge gäbe es den ganzen Tag nur Reiswaffeln und Obst. Ich bin ja froh dass er Obst so toll ist, mittlerweile nur noch als großes Stück für in die Hand zum selber abnagen. Da schluckt er dann einfach die ganzen Brocken runter. Zähne hat er bislang die zwei vorderen oben und unten. Aber Mittags macht mir Sorgen. Er isst kein Fleisch, er probiert es nicht mal, Fischgläschen will er keine, Gemüse ist mau, außer Gurke am Stück. Er bekommt ja so auch wenig Fette ab. Rührei auf dem Teller will er auch nur ganz selten und nur wenn ich ihm einzelne Krümel vor ihn auf den Tisch lege. Aber selbst das wird von ihm schnell verschmäht. Auch mit einer Gabel aufzupiksen findet er zwar spannend, schmeißt die Gabel dann aber absichtlich runter. Gehört das runterwerfen von Besteck und Essen immer noch zu einer Testphase oder was soll das bedeuten? Hungrig ist er nämlich schon. Er hat auch schon etwas abgenommen, große Reserven hat er aber nicht; er ist eher lang und schmal. Sollte ich das mit der Kinderärztin noch abklären lassen? Gibt es psychologische Erklärungen dafür dass er z.T. nicht einmal probieren will? Ich versuche locker zu bleiben und ihn nicht zu zwingen, versuche aber hin und wieder ihm die Speise selbst mit den Fingern oder Löffel anzubieten. Ich weiß nicht was ich noch machen soll. Ich wäre dankbar um Ihre Stellungnahme. Herzliche Grüße

von Lauzinie am 03.11.2018, 19:58



Antwort auf: Übergang Beikost zur Familienkost schwierig

Hallo Lauzinie das Verhalten deines Sohnes ist absolut normal und altersentsprechend. Du kannst vollkommen unbesorgt weiter machen wie bisher. Leider schreibst du nicht wie viel Milch und welche Milch dein Sohn bekommt. Stillst du oder bekommst dein Kleiner Säuglingsmilch? Du erwähnst im Text leider nur Kuhmilch als Trinkmilch. Wenn dein Baby Säuglingsmilch bekommt, solltest du die Menge (inklusive Kumilch) auf täglich (in 24h) etwa 400-max 500 ml beschränken. Wenn du dein Baby stillst, dann hast du keine Kontrolle über die Kalorien(Mengen)zufuhr. Zuviel Mumi kann den Anreiz zum Essen, zu den Mahlzeiten stark eindämmen, weil Hunger und Appetit fehlen. Dein Sohn hat evtl einfach keinen Hunger, könnte das sein? Dein Sohn isst Familienkost und er isst stückige Kost und Fingerfood. Das ist toll. Denn was zunächst zählt ist, dass dein Sohn isst. Er nimmt das Essen und untersucht es ausgiebig. Super. Genau so funktioniert die Gewöhnung an alltagsübliche Familienkost. Du müsstest jetzt Kompromisse finden. Biete stückige Kost und breiige Speisen an. Lass deinen kleinen Mann selbständig essen und nimm dabei in Kauf, dass er manche Speise zerpflücken und runterwerfen und manche Speise in den Mund nimmt um sie alsbald wieder auszuspucken. Das sind vollkommen normale Entwciklungsprozesse. Kinder lernen ganzheitlich und mit allen Sinnen. Dein Kind muss sich im Besonderen an ein neues Mundgefühl gewöhnen. Das braucht manchmal etwas Zeit. Während Babys beim Breiessen eher passiv essen, d.h. das im Mund platzierte Essen einfach nur schlucken müssen, erfordert das selbständige Essen viel mehr Erfahrung. Gib deinem Kind darum jetzt genügend Gelegenheiten, damit er diese Erfahrungen sammeln kann. Essen lernen erfordert viel Einfühlungsvermögen seitens euch Eltern. Vom Kind wiederum wird "Anpassung" verlangt. Und das klappt nonverbal besonders gut. Dein Kind muss sehen, wie andere Personen ringsum essen, damit er imitieren und ebenso beherzt zugreifen kann. Er lernt auf diese spielerische Art neue Konsistenzen kennen - und wird sie langfristig akzeptieren lernen. Der Mund ist die Eintrittspforte für das Essen. Im Mund wird das Essen weiterhin auf Eignung geprüft. Mit den Geschmacksknospen und dem Tastsinn im Mundraum - was gefällt wird auch geschluckt. Alle Kinder mögen eine weiche, samtige Textur. Sie mögen lauwarm und süß. Diese Speisen wie bspw ein Grießbrei ist darum eine ideale Kost für Essanfänger. Damit dein Kind aber auch lernt andere Konsistenzen und Aromen, andere Temperaturen, anderen Geschmack zu mögen, muss er andere Speisen in den Mund nehmen und bewerten. Bei Nichtgefallen wird die Speise ausgespuckt. Aber: beim nächsten Mal gefällt die Speise häufig schon viel besser - es sind bis zu 10 dieser Kontakte nötig, um Kinder an Neues zu gewöhnen. Kleine Mengen sind für den Anfang darum schon einmal wirklich prima. Zunächst sollten die Hände das Lebensmittel spüren dürfen - bspw wie ist die Temperatur, ist es hart oder weich ist, ist es fettig, glitschig oder hart und trocken ? Was sich in den Händen gut anfühlt, das hat gute Chancen um zum Mund befördert zu werden. Anschließend erfolgt diese Prüfung nochmals mit den Lippen und der Zunge. Dann erst wandert es in den Mund. Wenn diese Prüfwerkzeuge wegfallen, weil man den Kindern etwas in den Mund legt, ist die Wahrscheinlichkeit des Ausspucken sehr viel höher. Eine langsame Gewöhnung an das Neue klappt meist viel besser. Probiere das häufiger aus. Wiederhole das Speisenangebot und die Essmengen werden sich bei Gefallen stetig steigern. Biete stets Vielfalt und freudig erlebbare Mahlzeiten bei Tisch. Hier braucht dein Kind seinen festen Essplatz mit einem guten, stabilen Sitz im Hochstuhl. In einer netten Atmosphäre probieren Kinder neue Speisen besonders gerne. Bringe Neues in kleinen Mengen, zum selbständigen Essen und wiederhole das Angebot häufiger. Zusammenfassung: Kinder haben ein sensibles Geschmacksempfinden. Entscheidend ob es gefällt oder ob es nicht schmeckt, ist auch das Mundgefühl. Während beim Breiessen das Mundgefühl meist gleich ist - breiig - ist Familienkost verschieden. Hier muss gekaut werden. Mal ist das Essen zäher, mal weicher, mal kalt, mal warm. Ein sehr schreckliches Mundgefühl kann sogar Würgereiz auslösen. Es ist nicht immer der Geschmack, der als unangenehm empfunden wird, sondern das Gefühl, das die Konsistenz im Mund erzeugt. Das Essen im Mund muss so zermalmt und bearbeitet werden, dass es problemfrei geschluckt werden kann. Und hier liegt die besonders gefragte Behutsamkeit seitens euch Eltern. Beobachte deinen Sohn und finde heraus, wie das Essen meistens gut gelingt. Damit dein Sohn nicht nur Geschmacksvielfalt bei Brei kennen lernen kann, solltet ihr eurem Kind langsam, in seinem Esstempo neue Konsistenzen anbieten. Nur durch das Probieren und sich Gewöhnen kann er neue Speisen kennen - und lieben lernen. Auch das Aussehen ist von besonderer Bedeutung. Das Essen sollte ansprechend aussehen. Klare Formen sind der Hit für Kinder, Das Essen sollte appetitanregend angeboten werden. Leuchtende Farben, auf hübschen Tellern. Brei muss nicht komplett abgeschafft werden, aber weiter verdrängt werden, damit Platz für neue Erfahrungen geschaffen werden kann. Bpsw kannst du Gemüse in bestimmten Formen anbieten. Mal Möhre, mal Kohlrabi, mal Zucchini. Wähle jeweils die gleiche Form - bspw Kreise oder Stangen. Das hilft dabei, sich anzunähern. Also dann ermutige dein Kind immer häufiger dazu, nonverbal, einfach Neues zu probieren. Gib ihm Zeit, aber fordere ihn. Grüße Birgit ´Neumann

von Birgit Neumann am 06.11.2018



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