Guten Tag,
ich würde mich sehr über einen Rat freuen. Meine Kinder sind (fast) 2 und 4,5 Jahre alt. Der Kleine isst derzeit fast alles ausser Kartoffeln, die Große hingegen hat Essen schon immer als Zeitverschwendung empfunden.
Sie isst gerne, jedoch grundsätzlich geringe Mengen: Eier, Milchprodukte, jedes Obst, Wurst, Fleisch, Reis, Nudeln, Tomaten, Gurken, Mais, Brot, Fisch. (Natürlich auch sowas wie Pfannenkuchen, etc. aber das sollen Ausnahmen bleiben).
Untergejubelt als Soße oder Püree gelegentlich: Zucchini, Möhren, Zwiebeln, Auberginen, Blumenkohl, Brokkoli
Völlig verweigert werden: Kartoffeln in jeglicher Form, Hülsenfrüchte wie Linsen oder Bohnen, oben genanntes Gemüse in erkennbarer Form
Ich glaube, prinzipiell stehen wir gar nicht so schlecht da. Ich würde jedoch den Anteil an Fleisch und Wurst in unserem Speiseplan gerne deutlich reduzieren aus verschiedenen Gründen. Ich finde teils völlig widersprüchliche Informationen darüber, wie viel Fleisch Kinder brauchen. Die Menge wird ja sicher auch davon abhängen, was ansonsten gegessen wird. Können Sie mir anhand meiner Angaben eine grobe Empfehlung geben? Ich möchte Fleisch und Wurst anbieten gemäß den Motto: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Wenn meiner Tochter das Essen oder eine Komponente davon nicht schmeckt, isst sie ich nichts und hält problemlos durch bis zur nächsten Mahlzeit , auch wenn es bis zum nächsten Tag dauert. Bei uns gibt es jeden Abend Salat mit Gurken, Tomaten und Feta, aber ich koche nur ein Gericht und davon darf jeder nehmen was ihm schmeckt oder Teile davon weg lassen. Bei meiner Tochter läuft es regelmäßig auf trockenen Reis, etc. hinaus... Gelegentlich erlaube ich ihr, dazu noch einen Dipp zu essen aus Sauerrahm, etc. aber das geht auch nicht immer.
Herzlichen Dank!
von
Firena
am 17.07.2020, 11:00
Antwort auf:
Speiseplan bei Reduktion von Fleisch
Hallo Firena
es ist immer wieder frustrierend für Eltern, wenn die Kinder nicht so mitessen wie man sich das wünscht. Und umgekehrt sind viele Eltern immer wieder erstaunt darüber, wie anpassungsfähig Kinder sind. Sie lassen Mahlzeiten aus, wenn ihnen das Angebot nicht gefällt.
Du kannst Kompromisse eingehen und geeignete Regeln finden: überlege dir, wie du die Situation am Esstisch für euch alle gut und sinnvoll lösen kannst.
Der beste Rat, den ich dir geben kann lautet darum:
Du als Mama bzw ihr Eltern bestimmt das Essensangebot und eure Kinder dürfen aus diesen Möglichkeiten wählen. SIe können davon solche Mengen verzehren, welche sie schaffen und essen wollen.
Bei Kuchen, Keksen und anderen Süßigkeiten darfst und solltest du die Menge durchaus regulieren - Ausnahmen sind ab und zu erlaubt.
Mit 3 (möglichst) gemeinsamen Hauptmahlzeiten und 2 ZMZ können eure Kinder aus dem ausgewogenen, gesunden Speisenangebot wählen. Das Angebot sollte aus gesunden, schmackhaften, leckeren Gerichten und Basics bestehen.
Dieses Speisenangebot bei Tisch obliegt deiner Verantwortung.
Wenn du weißt, dass deine Tochter das ein oder andere Produkt (bspw bestimmte Sossen) sehr wahrscheinlich nicht essen wird (aus deinem Erfahrungswissen bspw), könntest du ihr mit einem weiteren und alternativen Angebot eine Wahl bei Tisch überlassen. Stelle bspw den Sauerrahmdip ganz selbstverständlich als Angebot mit auf den Tisch dazu.
Die Wahrschienlichkeit dass deine Tochter mit ihrer freien Entscheidungsmöglichkeit vielleicht auch die eigentliche Sosse probieren wird ist dadurch höher.
Zusammenfassung:
Gesunde Kinder verhungern nicht vor vollen Tellern. Vertraue in die Fähigkeiten deiner gesunden Kinder, dass sie für sich selbst sorgen können.
Bei einem ausreichend gesunden Speisenangebot ist auch kein Nährstoffmangel zu befürchten. Der Körper holt sich, was er braucht.
Je weniger du dich sorgst, je weniger du deine Kinder aktiv, d.h. mit Worten aufforderst bzw zum Essen animieren möchtest, und je weniger du das Verhalten kommentierst, desto weniger nervenaufreibend wird diese Zeit für dich sein.
Viele Kinder haben ausgewählte Speisen, die sie am liebsten wochenlang essen möchten und zeigen sich dabei wenig interessiert an Neuem. Für die Nährstoffbilanz ist dieses wählerische Essverhalten nicht weiters dramatisch, so lange ein Kind isst und aus einem angemessenen Angebot wählen kann. Gesunde Kinder werden bei einem ausreichenden Nahrungsangebot, das gewöhnliche Lebensmittel (bspw Brot, Erdbeeren, Käse, Würstchen, Gurken, etc = alle Lebensmittelgruppen beinhaltend)) enthält, i.d.R. ausreichend mit allen Nährstoffen versorgt, so dass man als Eltern i.d.R. keinen Nährstoffmangel bei seinem Kind befürchten muss. Es gibt hierzu Studien, die bestätigen, dass Kinder bei einem ausreichenden Nahrungsangebot, sich durchaus, in der Wochenbilanz, ausgewogen ernähren.
Allgemein wird hierbei dazu angeraten, Kindern einen gelassenen Blick auf das Thema Ernährung zuteil zu kommen zu lassen. Der Erziehungsauftrag sollte mehr in der Rolle des Vorbildes gelebt werden und weniger durch Worte geschehen. Essen sollte zur Selbstverständlichkeit werden.
Jetzt möchtest du in Zukunft weniger Fleisch und Wurst auf den Tisch bringen. Und du bist dir unsicher, ob deine Kinder trotzdem weiterhin mit allen Nährstoffen versorgt sein werden.
Ich antworte dir auf diese und deine eigentliche Frage sogleich in einem anschließenden Posting.
Bis gleich
Grüße
Biirgit Neumann
von
Birgit Neumann
am 19.07.2020
Antwort auf:
Speiseplan bei Reduktion von Fleisch
Hallo Firena
eine schöne Übersicht zu Portionen und Portionsgrößen bietet dir die sog. Ernährungspyramide.* (siehe unten)
Ganz allgemein sieht die Empfehlung für eine ausgewogene Kostzusammenstellung (für Groß und Klein) in etwa so aus:
das tägliche Essen sollte bestehen aus:
Reichlich Getreideprodukten wie Brot, Nudeln, Reis etc (Basis) - macht langanhaltend satt
dazu reichlich Obst und Gemüse, etwa 5 P am Tag (1 P entspricht der Größe einer hohlen Kinderhand) - 2 P Obst + 3 P Gemüse
gefolgt von Milch- und Milchprodukten
Fleisch, Fisch - oder vegetarische Alternativen
ab und zu mal Ei, mal Hülsenfrüchte....
dazu Fette und Öle
Mengenempfehlungen für die Kinderernährung werden in Portionseinheiten angegeben, da besser praxistauglich. Konkrete Mengenangaben dienen natürlich trotzdem als Orientierung und helfen Eltern bei der Erstellung von Wochenplänen.
Als Orientierungshilfe (für ein 2-jähriges Kind) kannst du folgende Werte nehmen:
Fisch: ca 1 x die Woche mit ca 35 g
Fleisch: ca 3-5-7 x die Woche mit jeweils einer Menge von ca 35g
(für ein 4-jähriges Kind: 40g Fleisch/Wurst und 350 ml Milch(produkte)
Fleisch kannst du im Speiseplan ersetzen und vegetarische sowie eisenreiche Alternativen einfügen wie bspw Hülsenfrüchte, kleinkindgeeignete Keime und Sprossen (bspw Zubereitung anpassen, garen), Nussmuse u.a., sehr gut: Haferflocken, Hirseflocken.
Wie wäre es bspw mit Nussmusen als Brotaufstrich?
Oder Brotaufstriche und Dips aus Hülsenfrüchten?
Hier ist direkt ein Vorschlag - inklusive Bild im Anhang:
2 kleine Möhren, 1/2 Pastinake (oder Petersilienwurzel)
schälen und klein würfeln
1 Schalotte (oder 1 kleine Zwiebel) häuten und ebenfalls ganz klein würfeln
1 kleine Knoblauchzehe schälen und pressen
das Gemüse in etwas Öl in einem Topf glasig dünsten.
75g rote Linsen waschen und zum Gemüse geben.
dazu 200 ml Gemüsebrühe und etwas Salz,
Das Ganze aufkochen und in ca 15 - 20 min weich kochen, bis die Linsen gar sind.
Jetzt die Masse pürieren und weiter würzen:
etwas Zitronensaft, Salz, Pfeffer, Süßungsmilttel wie bspw Honig oder Reissirup etc (intensiviert den Geschmack), 2 EL (Oliven-)Öl, Gewürze nach Geschmack (bspw Curry oder Paprikapulver. Fertig.
Fleisch liefert Eisen und Eiweiß und je nach Sorte mehr oder weniger Fett. Es macht vor allen Dingen nachhaltig satt.
Wenn du zukünftig weniger Fleisch und Wurst auf den Tisch bringen möchtest, dann beginne zunächst bei deinem Geschmack. Welche Alternative begeistert dich? Was möchtest du öfter essen?
Welche neuen pflanzlichen Lebensmittel möchtest du zukünftig vermehrt in euren Familienspeiseplan integrieren?
Hast du dich schon ein wenig damit auseinandergesetzt?
Jetzt hast du bereits ein paar Informationen und Zahlen gelesen. Hilft dir das schon weiter?
Wobei könnte ich dich ansonsten noch unterstützen?
Meld dich gerne wieder, wenn du noch die ein oder andere Frage zum Thema hast.
Bis dann
Grüße
Birgit Neumann
*in der Pyramide stehen alle Lebensmittelgruppen (Gemüse, Obst, Getreide, MIlchprodukte etc) zur Pyramide aufgetürmt aufeinander.
Die mengenmäßig größte zu verzehrende Gruppe bildet die Basis (= Gemüse und Obst). Zur Spitze hin wird der Anteil der täglich zu verzehrenden Menge kleiner. Ganz oben sind sichtbare Fette bzw Süßigkeiten und Knabbereien eingereiht.
eine konkrete Orientierungshilfe (für ein 2-jähriges Kind):
120g Getreide/Brot
140g Kartoffeln (bzw Reis, Nudeln etc)
150g Gemüse
150g Obst
330ml Milch, Milchprodukte (Kuhmilch)*
35g Fleisch/Wurst
1-2 Eier pro Woche
35g Fisch pro Woche
20g Streichfett/Öl
geduldet sind ca 10% Süßigkeiten** am Gesamtanteil der zugeführten Energiemenge***
* - 100 ml Milch entsprechen ca 15 g Schnittkäse/30 g Weichkäse, 100g Naturjoghurt etc
** - je 100 kcal = 1 Kugel Eiscreme / 45 g Obstkuchen /4 Butterkekse /4 EL Flakes /4 TL Zucker /2 EL Marmelade / 30 g Fruchtgummi oder 20 g Schokolade/ 10 Stck. Chips / 1 Glas (200 ml) Limonade, Fruchsaftgetränk
(*** tägl Energiemenge ca 1100 kcal)
die Angaben entsprechen OptiMIX.
OptiMIX, die sog. optimierte Mischkost = Ernährungs-Empfehlungen für Kinder. Sie wurden aus umfangreichen Forschungsarbeiten zusammengefügt und praxisnah formuliert.
Konkret bedeutet das in etwa:
2-3 Scheiben Brot (je nach Größe)
2 mittelgroße Kartoffeln
1 mittelgroßes Stück Gemüse (1/2 Zucchini + 1 Möhre)
1 kleiner Apfel und 1/2 Banane
1 B Joghurt (150g) plus 1 großes Glas Milch (200ml) / oder 2 Sch Schnittkäse (30g) + 1 kleines Glas Milch (150ml)
Als Eltern ist es eure Aufgabe ein entsprechendes Angebot bereit zu stellen, Eure Kinder dürfen so viel oder so wenig essen, wie sie schaffen.
Mengenangaben geben NUR eine Orientierung vor.
Schau dir im www Bilder zur aid-Ernährungspyramide an. Es gibt auch anschauliche Pyramidenmodelle für Vegetarier und für Veganer.
von
Birgit Neumann
am 20.07.2020
Antwort auf:
Speiseplan bei Reduktion von Fleisch
Liebe Frau Neumann,
ganz herzlichen Dank für die ausführliche Antwort und Ihre große Mühe!
von
Firena
am 20.07.2020, 22:15