Hallo!
Ich mache mir Gedanken über die Portionen, die mein Sohn isst und trinkt. Er ist 11,5 Monate alt.
Wenn es morgens und nachmittags Brot gibt, isst er meistens nur 5 oder 6 Bissen und schmeißt dann alles auf den Boden. Dabei ist es vollkommen egal, ob oder womit das Brot belegt ist. Dazu gibt es meist 50-70 g Obstmus, welches er sehr gerne isst. Bei frischem Obst nimmt er auch nur 2-3 Bissen.
Dazu trinkt er ein paar Schlucke aus dem Becher/Glas oder aus der Trinklernflasche. Meistens gibt es Wasser, ab und zu auch mal Tee oder stark verdünnten Saft. Über den Tag schafft er aber kaum mehr als 200 ml. Gerade bei der Hitze finde ich das sehr wenig. Deshalb stille ich jetzt wieder zusätzlich tagsüber, wenn er das will. Vorher war es nur noch morgens und abends.
Reichen denn die paar Hapse Brot und Obst für eine Mahlzeit aus??? Ich habe eigentlich den Verdacht, dass er zu faul zum Kauen ist. Biete ich ihm dann aber nach dem Brot noch GOB an, stößt er den Löffel von sich.
Gewichtstechnisch liegt er genau im Durchschnitt, hat aber in den letzten Wochen (seit es Brot und ähnliches gibt) kaum zugenommen.
Mittags ist er von Breigläschen (ab dem 8. Monat) zwischen 180 und 220 g. Heute haben wir beide aber zum Beispiel Vollkornspaghetti mit Tomatensoße gegessen und da war wieder nach nicht mal 100 g Schluss. Er war allerdings auch sehr müde und hatte eine halbe Stunde vorher kurz an der Brust getrunken. Da ich den Tagesablauf aber nicht durcheinander bringen wollte, habe ich ihm trotzdem vor dem Schlafen des Mittagessen angeboten. Macht es Sinn, nach dem Schlafen das restliche Mittag nochmal anzubieten, bzw. darf ich es überhaupt noch mal nach 1-2
Stunden erwärmen?
Abends gibt es nach wie vor Milchbrei. Hier löffelt er seit einer Woche mit Unterstützung selbst. Allerdings macht er sich auch hier nach ein paar Löffeln los und wirft alles durch die Gegend. Nehmen wir dann den Löffel selbst, um die Sauerrei zu unterbinden und ihn zu füttern, kann es sein, dass er uns wegstößt. Füttern wir ihn aber von Anfang an, isst er mindestens 200 g. Was raten sie uns? Irgendwann müssen wir das Löffeln doch mal üben, oder? Wie reagieren wir überhaupt richtig, wenn er sein Essen inkl. Teller auf den Boden wirft? Konsequent liegen lassen und in Kauf nehmen, dass er nichts isst erscheint mit nicht richtig. Aber ihm in diesem "Spiel" durch ständiges Aufheben noch zu bestärken, gefällt mir auch nicht. Hebt man das Brot auf, isst er es übrigens oft noch weiter, wirft den Rest aber erneut weg.
Bitte entschuldigen Sie die vielen unterschiedlichen Fragen. Vielen Dank für Ihre Mühe im Voraus!
Lilime17
von
Lilime17
am 30.07.2018, 12:40
Antwort auf:
Miniportion von Familienkost
Hallo Lilime17
was du beschreibst ist ein völlig normaler Entwicklungsfortschritt und es ist alles im grünen Bereich. Du kannst jetzt einmal tief durchatmen.
Dein Sohn isst und trinkt ausreichend. Möglicherweise ist er tatsächlich noch etwas kaufaul, aber das wird sich noch ändern. Doch dafür kann dein Kleiner bereits schon selbst den Brei mit einem Löffel essen. Und er beherrscht sogar das Trinken aus einer Trinklernflasche. Es ist alles gut.
Dadurch dass du dein Baby noch viel stillst, wird er ohnehin bestens mit allen wichtigen Nährstoffen und Flüssigkeit versorgt. Solange dein Sohn noch gestillt wird und er gestillt werden möchte, kannst du die Beikost als Beikost im wörtlichen Sinn betrachten. Dein Sohn bekommt Mumi und hat die Möglichkeit sich langsam und allmählich mit Beikost, Brei, Familienkost und Fingerfood anzufreunden. Und das klappt im Prinzip sehr gut. Dein Kind isst Brei und Brot sowie Anderes. Manchmal schafft er nicht die Mengen, die du dir wünschst oder erhoffst - aber er isst.
Momentan liegen seine Vorlieben noch bei Brei und Mumi. Und er hat zusätzlich Spaß und Freude selbständig zu essen und mit dem Essen zu spielen.
Säuglinge, Babys wachsen in den ersten Lebensmonaten sehr schnell wachsen, d.h. sie wachsen in die Länge (= Größe) und sie nehmen viel Gewicht zu (auch "Fettreserven" werden angelegt). All das erfordert die Aufnahme von großen Kalorienmengen (durch Milch), was sich in "Hunger" äußert. Sie brauchen und trinken, saugen viel "Milch". Jetzt ist diese schnelle Wachstumsphase bei deinem Sohn nun abgeschlossen, auch das Saugbedürfnis lässt i.d.R. nach und das Gebiss will benutzt werden. Auch die (fein)motorischen Fähigkeiten sind i.d.R. nun soweit ausgebildet, dass das selbständige Essen und das Kauen und Schlucken fester Partikel i.d.R. sehr gut funktioniert.
Die Verzehrsmengen werden nach einem Wachstumsschub nun kleiner und die Größen-und Gewichtszunahme stagniert nun eine Weile.
Jetzt reichen kleinere Essmengen, um trotzdem optimal versorgt zu sein. Diese Phase zeigt den Eintritt in die Familienkostphase, die häufig große Veränderungen im Essalltag mit sich bringt. Das kann irritieren.
Jetzt geht es um die Gewöhnung an die Mahlzeiten und das Essen i.A., ums Entdecken, um Geschmack und Neugier, ums kauen Üben und vieles mehr. Seid eurem Kind dafür selbst ein gutes Vorbild und esst zusammen abwechslungsreich, lecker und gesund. Gestaltet eure Mahlzeiten erlebnisreich. Serviere vermehrt Nahrungsbasics wie bspw gekochte Kartoffeln, leicht gewürzte, in Butter geschwenkte Gemüsestücke, ungewürzte Frikadelle etc. Obst, u.v.m.
Lass dein Kind noch mehr Begeisterung bei Tisch entwickeln. Gib gegarte Gemüsestückchen, wie Möhren, die mit ihrem satten orange auf dem Teller leuchten. Denn essen ist mehr als nur Sattwerden. Vor allem im Alter deines Kindes wird noch kaum zwischen Spiel, Erlebnis und Mahlzeit unterschieden. Alles gehört irgendwie zusammen.
Manchmal reicht es, wenn dein Sohn deinen mit der Speise benetzten Finger ablutscht. Oder wenn du ihn direkt von deinem Teller etwas klauen lässt. Und manchmal reicht es auch, wenn er sieht, was und mit wie viel Genuss du (und Papa) etwas isst.
Familienkost solltest du so zubereiten, dass dein Kind gefahrenfrei mitessen kann. Beim Fleisch ist es hilfreich bspw Hack anzubieten oder das Fleisch so kleinzuschneiden, dass sie es gut schlucken kann. Gut und weich ist bspw Gulaschfleisch, Hühnchenschenkel oder Pute, Bratenfleisch oder Würstchen. Hackfleisch kann man auf vielerlei Arten zubereiten. Neben der klassischen Frikadelle gibt es noch weitere Möglichkeiten wie bspw in Sossen (Bolognese, Lasagne, Moussaka, Börek) oder als Füllungen.
Ein komischer und ungewohnter Geschmack kann für dein Kind manchmal sehr schrecklich sein. Auch ein seltsames und ungewohntes Mundgefühl kann ein Baby/Kleinkind zum Protestieren bringen. Manchmal wurde diese neue Speise dann einfach zum falschen Zeitpunkt angeboten. Probiere es also ruhig ein anderes Mal wieder, bevor du denkst, dass dein Kind etwas nicht mag. Es können mitunter bis zu 10 solcher Probiermomente nötig sein, bis euer Kind doch noch einen anfangs unbekannten Geschmackseindruck oder ein seltsames Mundgefühl akzeptiert.
Probiere es bspw mit gedämpften Brokkoliröschen, die du mit ordentlich flüssiger Butter übergießen könntest, etwas Salz und Zucker drüber, ggf einen Hauch Muskatabrieb. Die Brokkoliröschen schmecken lecker und können von deinem Kleinen auf eigene Faust entdeckt und erschmeckt, sowie langsam und vorsichtig im Mund erfühlt werden. Das macht Spaß und meistens Lust auf Mehr.
Biete eine große Vielfalt an Speisen und esst immer zusammen, weil du (und Papa und andere Esser bei Tisch) das beste Vorbild bist.
Eure übliche Familienkost kannst du vorübergehend einfach weniger salzen und vor allem gesund und reichhaltig gestalten. Dein Baby kann damit erste lustige Erfahrungen sammeln und neue Lebensmittel kennen-und lieben lernen. Er kann sich mit kleinen Probiermengen einfach und langsam an die neue Aromen und Konsistenzen gewöhnen ohne überfordert zu werden.
Gib ihm außerdem klassische Breizutaten - einfach gekocht und pur - in die Hand: Kartoffeln, Gemüsestücke u.v.m.
Sas sinnliche Erlebnis, das Spüren mit den Händen ist ein wichtiger erster Kontakt mit der Nahrung, was du ihm ermöglichen solltest.
Statt Obstbrei kannst du beginnen auch hier weiches Fingerfood zum selbständigen Entdecken anzubieten. Idealerweise esst ihr gemeinsam leckere Obststückchen, zum Brei dazu.
Melone eignet sich jetzt im Sommer bestens. Sie lässt sich prima mit den Kauleisten zerdrücken und schlucken. Pfirsich ohne Haut ist super oder mal eine reife, weiche Birne. Deine Tochter wird es lieben.
Zum Mittagessen Kartoffeln mit Gemüsestückchen.
Und mehr Brot.
Brot ist morgens ideal, weil es auch die Kaumuskeln trainiert. Ca 1/2 Scheibe, nach Bedarf auch mehr, plus Butter/Margarine, nach Gefallen auch mit mehr Brotbelag plus ggf Obst und Milch reichen morgens normalerweise gut aus.
Es geht auch darum, dass du dein Baby langsam an eine 1. Mahlzeit am Tag, an ein Frühstück, am Tisch sitzend, gewöhnst. Morgens ist die Bereitschaft zum Kauen noch hoch.
Kauen ist wichtig für die Ausbildung einer kräftigen Kaumuskulatur.
Versuche es nachmittags einfach mit einem bunten, hübschen Obstteller zum selbständigen Entdecken neuer Obstsorten.
Schneide Wassermelone in kleine Stückchen. Das rot der Wassermelone wird dein Kind entzücken und er wird essen. Serviere ruhig eine Woche lang nachmittags Melonenstückchen und eine andere Obstsorte. Was magst du besonders gerne? Kiwi?
Oder presse ihm einen Saft aus frischen Orangen und lass ihn trinken. Lass ihn parallel dazu auch an einem Schnitz Orange lecken.
Zeige ihm Banane oder streiche selbst zubereitetes Obstmus (Apfelmus, zerdrückte Banane) als Brotbelag auf Brot.
Allgemeine Tipps:
Zelebriert eure Mahlzeiten gemeinsam am Esstisch sitzend. Biete Farben, Formen, Muster, Düfte, Aromen, Geschmacks, Spaß!
Essen lernen ist ein stetiger Prozess, der wie das Laufen lernen und das Sprechen ganz viel Übung bedarf. Die motorischen Fähigkeiten müssen verfeinert werden und auch das Essen fördert das Zusammenspiel der Muskeln und trainiert die Kraft - auch in der Kaumuskulatur.
Es geht neben dem Nährwert der festen Nahrung auch um das spielerische Entdecken der verschiedenen sensorischen Eigenschaften von Lebensmitteln - wie fühlt es sich an, wie schmeckt/reicht es, wie hört es sich an und wie seiht es aus.
Bei Tisch braucht dein Sohn einen guten Sitz im Hochstuhl, damit er nicht vorschnell beim Sitzen ermüdet, worunter sonst die Esslust leidet.
Und was das Herunterwerfen von Brot betrifft...
Das darfst du unterbinden. Und eigentlich ist es ein Zeichen von Sattsein - wenn der (erste) Hunger vorbei ist, ist aus Sicht deines Kindes dann nämlich Zeit zum ganzheitlichen Forschen. Und Essen, das auf den Boden fällt, nunja, das ist aus seiner Sicht einfach "nur" interessant beim Zusehen. Und wenn dann auch noch die Mama schimpft und das Essen aufhebt - für deinen Sohn ist es eine Aktion auf welche eine Reaktion erfolgt. So funktioniert Lernen. Aber im Allgemein wird in dieser Situation dazu geraten, das Essen abzuräumen, weil das Kind offensichtlich genug gegessen hat. Das Herunterwerfspiel sollte zu einem anderen Zeitpunkt und nicht mit Essen gespielt werden. Überlege dir eine Strategie, wie du schnellstmöglich das Spiel beim Essen stoppen kannst. Am besten wegnehmen. So kann er wiederum schnell lernen - wenn Essen auf Boden geworfen wird, dann kommt es weg. Sage dazu "nein". Sicher kann dir Frau Ubbens hier noch mit Tipps weiter helfen.
Also dann
Grüße
Birgit Neumann
von
Birgit Neumann
am 31.07.2018