Hallo Frau Neumann,
es geht um meine Tochter (20 monate). Sie isst am liebsten nur noch Nudeln (ohne alles). Gelegentlich auch Reis, aber da dieser ja einen erhöhten Arsengehalt aufweisen kann, achte ich darauf dass es Reis nur noch 1x in der Woche gibt. Spätzle isst sie nur noch ab und zu und Semmelknödel oder Kartoffeln rührt sie gar nicht an, egal in welcher Form (gratin, rösti, brei, suppe etc.). Auch als Baby hat sie Kartoffel-Gemüsebrei nur zögerlich akzeptiert.
Wir sitzen gemeinsam am Tisch und essen aus einem Topf. Trotzdem verweigert sie momentan alles außer Nudeln. Auch gekochtes Gemüse mag sie nicht. Sie kriegt aber Vitamine bei den Zwischenmahlzeiten (Apfel, Banane, Gurke, Karotte (diese ist sie, aber nur roh).
Deshalb meine Frage: Haben Sie irgendeine Idee was ich hier anders machen könnte, bzw. ist es ok wenn sie fast täglich Nudeln isst?
Meist isst sie auch mittags nur Obst-Getreidebrei und erst abends bei uns am Familientisch mit. Das haben wir so geändert, weil abends meist mehr Ruhe bei uns einkehrt und sie mittags immer nie Appetit hat. Mein Mann meint dann soll ich sie halt hungrig ins Bett schicken, irgendwann isst sie schon was. Aber dann schläft sie die ganze Nacht unruhig und weint. Außerdem ist sie eh seit anfang an eher vom Gewicht her im unteren Durchschnitt. Unser Kinderarzt meinte aber das wäre in Ordnung, weil es zu ihrer Größe passt und sie ansonsten sehr fit und neugierig ist.
Ich hoffe Sie können mir weiterhelfen.
Danke für Ihre Antwort
von
Pinky87
am 03.12.2020, 16:00
Antwort auf:
Meine Tochter isst nur Nudeln
Hallo Pinky87
im Rahmen meiner Arbeit hier im Forum kann ich dir leider nur sehr begrenzt weiterhelfen. Dass sich deine Tochter (laut KiA) gut entwickelt, Größe und Gewicht passen, das ist doch auf jeden Fall sehr gut. Deine Tochter isst und ist bei guter Gesundheit. Du machst dir jetzt Gedanken darüber, dass deine Tochter sehr einseitige Essvorlieben hat. Sie isst am liebsten momentan nur Nudeln und ein paar wenige Sorten Obst und Gemüse, roh.
Wie viel Milch und welche Milch trinkt deine Tochter zusätzlich?
Ca 300 ml Kuhmilch einschließlich Kuhmichprodukten* kannst du als Orientierungswert nehmen,
Es ist an sich überhaupt kein Problem, wenn eure Tochter momentan scheinbar am liebsten Nudeln isst. Diese sind für sie momentan eine gute und sichere Nahrung.
Erweitere das Repertoire an Speisen so:
Setze beim Mittagessen auf Kontinuität durch Wiederholung. Biete deiner Tochter eure gewöhnliche Familienkost an und ergänze das Angebot mit einfachen Zutaten, die deine Tochter kennt und mag wie bspw die Nudeln. Denn Kinder essen am liebsten das, was sie kennen. Das was sie kennen, das essen sie. Biete deinem Kind darum ruhig eine Basis mit vertrauten Speisen und ergänze dieses Speisenangebot mit Familienkost. Dein Kind wird die Familienkost vielleicht nicht beim ersten Bissen bejubeln, aber vielleicht schon in der nächsten Woche essen.
Lasst euer Kind unkompliziert und im wahrsten Sinne des Wortes in euren Essalltag hineinwachsen. Denn jeden Tag kann dein Kind lernen. Lernen klappt durch Beobachten und Imitieren. Dazu kommen die eigenen Erfahrungen. Diese Erfahrungen brauchen Wiederholungen. Auch wenn euer Kind nur 1 Löffel von eurem Famlienessen probiert, ist bereits ein guter Anfang gemacht. Denn der Gefallen am Geschmack der neuen Speise wächst durch wiederholtes Schmecken des gleichen Aromas. Das Gefallen wächst durch das stetige wiederholte Erkennen des bestimmten Mundgefühls, welches eine Speise im Mundraum erzeugt.
Stelle deiner Tochter einen Teller an ihren Essplatz. Diesen Teller kannst du jeden Tag mit Nudeln füllen. Zu den Nudeln dazu kannst du, an einer separaten Stelle im Teller, eine neue Speise platzieren. Je häufiger sie diese neue Speise sieht, je häufiger sie diese neue Speise anfassen kann, je häufiger sie diese probiert, desto besser wird sie ihr gefallen.
Neue Speisen akzeptieren manche Kinder gern und schnell, vor allem wenn sie direkt von Mamas/Papas Teller stammen und/oder von allen EsserInnen bei Tisch mit Genuss gegessen werden. Manche Kinder reagieren darauf jedoch eher zögerlich und brauchen häufigere Gelegenheiten um neue Speisen kennenzulernen, um sie schließlich zu akzeptieren. Bringe darum stetige Wiederholungen und lass dein Kind ihre Esserfahrungen möglichst immer selbständig machen.
Nehmt euch genügend Zeit zum Essen und richte die Portionen, die Speisen hübsch an. Der erste Eindruck ist durchaus wichtig. Statt einem Berg Nudeln mit Sosse auf dem Teller, durcheinander gemischt anzubieten, hilft es bspw, wenn ein teelöffelgroßer Klecks Sosse daneben platziert wird. So kann sich dein Kind langsam mit der Sosse vertraut machen. Wenn etwas direkt auf dem Teller liegt, und zwar jedes Mal wenn es dieses Gericht gibt, dann wächst die Chance, dass dein Kind aus Neugier probieren wird. Und wenn es schmeckt, isst sie mehr. Vielleicht erst beim nächsten Mal - aber der Anfang ist gemacht, die Scheu ist überwunden.
Auch wenn dein Kind nur wenig vom Neuen essen wird - langfristig führt diese Methode (bei gesunden Kindern) zum gewünschten Ziel - nämlich dazu, die Selbstbestimmung zu fördern und gleichzeitig Neues kennenzulernen, durch Gemeinschaftserlebnisse bei Tisch (=Anpassung).
Ich empfehle dir noch das neue Buch von Tatje Batig-Prang "picky eating" und/oder das Buch "Baby warum isst du nicht", von J.Schwarz-Gerö. Die Lektüre dieser Bücher wird dir bestinmt noch einige Aha-Momente schenken.
Viel Spaß
Grüße
Birgit Neumann
*Am Tag werden für 1-jährige ca 300 ml Milch (inklusive Milchprodukte wie Käse, Joghurt) empfohlen. 100 ml Kuhmilch entsprechen ca 100g Naturjogurt (hinsichtlich Eiweiß-und Calciumgehalt). Auch ca 15 g Schnittkäse* wie Gouda, Edamer (= ca 1/2 Scheibe) oder 30 g Weichkäse (pasteurisierter Brie etc) und ca 30-40g Frischkäse ersetzen je 100 ml Kuhmilch. Miteinberechnet werden auch Milchprodukte, welche in Speisen verarbeitet wurden. In Kartoffelbrei, Pfannkuchen, Pizza, Auflauf, Kuchen und Gebäcken, Pudding, Milchschokoladenprodukte etc.
von
Birgit Neumann
am 04.12.2020