Frage: Kind 3 jahre isst nur Fertigzeug

Meine kleine wird bald 3 und sie war schon immer eine schlechte Esserin. Ich zwinge sie zu nichts und decke ihr immer das auf was ich koche. Allerdings bringt das bei ihr rein garnichts. Sie ist sehr dünn für ihre Größe. Wenn sie dann hunger kriegt, will sie dann irgendein fertigzeug haben wie zum Beispiel Wurst, Chips, Salzstangen etc. In letzter Zeit füllt sie ihren Magen gerne mit Saft. Die einzige Mahlzeit die sie isst, sind Nudeln mit einer fertigen Tomatensoße. Das will sie dann auch jeden Tag haben. Das ist mir aber viel zu einseitig und ich möchte dass sie auch mal das mit isst, was ich koche. Sie will noch nicht einmal probieren. Sie sieht, aha etwas selbstgekochtes von Mama, und sagt gleich "nein, das mag ich nicht". Wenn sie von ihrer Tante etwas selbstgekochtes kriegt, ist sie komischerweise bereit zu probieren und isst dann auch manchmal weiter. Ich koche schon für sie möglichst Kindgerecht. Also nicht scharf und nicht arg gewürzt. Komischerweise hat sie als sie noch in die Krippe ging, das gegessen was ich gekocht und ihr mitgegeben habe. Die Erzieherinnen waren sogar sehr zufrieden mit ihrem Essverhalten. Was stimmt bei mir nicht? Ich habe schon versucht ihrem Essverhalten keine Beachtung zu schenken und umgekehrt habe ich es auch schon versucht aber nichts führt zum Erfolg. Haben Sie noch Tipps für mich?

von SevNis am 22.01.2020, 08:37



Antwort auf: Kind 3 jahre isst nur Fertigzeug

Hallo SevNis Soweit sich das hier über das Forum aufgrund deiner einfachen Schilderung beurteilen lässt, kann man sagen: es ist alles vollkommen in Ordnung mit deiner Tochter. Das Verhalten ist altersentsprechend normal und wenn deine Tochter ansonsten gesund und fit, altersentsprechend entwickelt ist (also alles soweit gut ist) dann kannst du das Verhalten als zunächst "völlig okay" hinnehmen. Ich erkläre oder besser gesagt ich versuche dir die Hintergründe zum Essverhalten, das für dieses Alter nicht untypisch ist, zu erklären. Und im weiteren kannst du dir überlegen was du konkret in eurer Situation vielleicht iändern möchtest oder ändern könntest. Vereinfacht kann man sagen: ca 3/4 aller Kinder haben eine sog. Neophobie (eine Angst, neue Speisen zu probieren), ergo sind nur ca 25% aller Kinder so neugierig, dass sie alles Neue direkt probieren und ggf sofort mehr davon essen, was man ihnen anbietet. Das ist einfach so und heißt Neophobie. Es ist die angeborene und evolutionär begründete Angst vor neuem und unbekanntem Essen. Die Neophobie wird am besten überwunden, wenn Kinder viele Gelegenheiten haben, andere essende Personen zu beobachten. Durch den vorhandenen Nachahmungsinstinkt wollen sie das gleiche essen und sie probieren kleine Mengen von den Speisen, die andere Esser "voressen". Jede sonstige Anstrengung die Kinder zum Probieren bringen zu wollen, sei es verbal oder durch Fütterversuche, verstärke die Neophobie sogar. Je mehr euer Kind also in eure Tischgemeinschaft integriert ist, je selbstverständlicher das Essen ist, desto besser. Habt Spaß bei Tisch, esst leckeres Essen, esst gemeinsam mit Freude - ohne unterschwellige Botschaften oder Beobachtungen, Mahnungen oder Drohungen - haltet die Atmosphäre bei Tisch gut, deckt den Tisch hübsch ein und nehmt euch Zeit. Falls du eines dieser Tischgebote nicht einhalten kannst, dann arbeite zunächst daran. Du musst prüfen, welche Tipps und Ideen und Hinweise zu dir /zu euch passen. Und am allerwichtigsten ist deine Authentizität im Verhalten und Agieren. Dein Kind spürt mehr als du denkst. Worte sind nur hohle Hülsen, wenn du verstehst was ich meine. Deine Tochter spürt momentan vielleicht auch deine Besorgnis und genießt die damit verbundene Aufmerksamkeit u.a. Sie spürt aber ggf auch Druck, dass sie essen müsse. Wer weiß. Und das hemmt den Appetit und die Esslust. Viel Wahrheit steckt aber auch in diesem Satz: "Gesunde Kinder verhungern nicht vor vollen Tellern." Du hast es in der Hand, was diese Teller füllt. Vertraue darum in die Fähigkeiten deines Kindes, dass sie für sich selbst sorgen kann. Vermutlich fällt dir genau das sehr schwer, oder? Bei einem ausreichend gesunden Speisenangebot ist kein Nährstoffmangel zu befürchten. Der Körper holt sich, was er braucht - irgendwann - bei einem entsprechenden Angebot funktioniert das gut. Kinder sind sehr anpassungsfähig. Sie können eine Mahlzeit bei Nichtgefallen einfach ausfallen lassen oder nur ein bisschen etwas davon essen. Bei der nächsten Mahlzeit holen sie sich ihren notwendigen Kaloriennachschub, zur Not auch bei der übernächsten. In eurem Fall sind das öfter mal auch Chips oder Saft. Wenn du möchtest, dass deine Tochter "gesünder" isst, müsstest du das Angebot entsprechend anpassen. Denn wenn es den Kleinen außerordentlich gut schmeckt, können sie locker eine große Menge essen, um es bei den nächsten Mahlzeiten entsprechend wieder einzusparen. Kinder lieben das zu essen, was sie gut kennen. Sie essen das, was sie kennen. Punkt . Denn bei dem was sie kennen wissen sie, dass es ihrem Körper gut tut, dass es nicht schadet. Sie essen es, bis es ihnen wie sagt man so schön "aus den Ohren wieder herauskommt", kennst du diese Redewendung? Und plötzlich nachdem wochenlang sehr monoton gegessen wurde, plötzlich wollen sie es nicht mehr. Dieses Phänomen hat sogar einen Namen: es handelt sich hier um die sog. spezifisch sensorische Sättigung. Der Körper hat genug und fordert etwas anderes. Solch spezifische Vorlieben wechseln immer mal wieder. Wie wäre es, wenn du deiner Tochter gleich zu Beginn der Mahlzeit verschiedene Wahlmöglichkeiten bietest. Deine Tochter hätte somit die Gelegenheit mit einem positiv gestimmten Grundgefühl am Tisch zu sitzen und mit gutem Appetit und Hunger einfach zu essen. Dies gäbe deiner Tochter die Möglichkeit gut für sich selbst zu sorgen und eigenständig, aus eigenem Antrieb neue Esserfahrungen zu machen. Dies würde gut funktionieren, wenn du sie die Probiermöglichkeiten für neue Speisen spielerisch erleben lässt. Das kategorische Ablehnen einer Speise oder einer ganzen Mahlzeit könntest du damit eindämmen. Wie wäre es bspw wenn du tatsächlich einmal jeden Tag Nudeln mit Tomatensosse anbietest? Ganz freiwillig. Somit hätte deine Tochter eine Chance, aus dieser Monotonie zu entkommen, indem sie aus purer Neugier aber freiwillig und zusätzlich etwas neues von deinem Teller probiert. In einer ganz kleinen Portionsgröße. Deine Tochter braucht jetzt ganz viel Vertrauen und euren elterlichen Zuspruch (nonverbal), viel positive und emotionale Begleitung wenn es darum geht neue Lebensmittel kennen- und lieben zu lernen und einfach mitzuessen. Vermeide Machtkämpfe! Essen muss Spaß machen. Also dann Grüße Birgit Neumann P.S. noch mehr konkrete Tipps und Infos zum Thema kannst du auch hier noch nachlesen und das herausfiltern, was für eure Situation und für euch gut passen könnte: https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Wie-Kleinkind-an-Obst-und-Gemuese-gewoehnen_41832.htm und was die Quetschies alias Smoothies betrifft - stellt selbst welche her. HIer kann deine Tochter aktiv mithelfen. Und aus Neugier wird sie bestimmt sogar 1/2 TL probieren und sich langsam daran gewöhnen. Ein Püriergerät hast du bestimmt, oder? Ansonsten könnt ihr euch vielleicht über irgendein anderes Ritual in Essensfragen (wieder) einander annähern. Was meinst du? Und falls du noch nicht lesemüde bist, mehr zum Thema kannst du auch noch hier nachlesen: https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Er-maekelt-ploetzlich_46567.htm und hier: https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Frage-zur-letzten-Frage-der-Woche-Essen-einer-3-jaehrigen_43710.htm

von Birgit Neumann am 22.01.2020