Hallo Frau Neumann,
unser Sohn (2J) war immer schon ein schwieriger Esser.
Er ist immer zuerst das Fleisch oder den Fisch. Die Beilagen (Gemüse und Kartoffeln) läßt er liegen und steht dann auf.
Oder er ißt die Nudeln und läßt das Gemüse liegen. Soße darf auch nicht dran sein, alles schön separat. Wenn auf der Gabel auch nur ein Stückchen Gemüse mit Fleisch zusammen drauf ist, sagt er „bah“ und streift es wieder ab.
Mais, Oliven und Paprika ißt er gerne mal zwischendurch.
Spinat mit Rührei ißt er gerne und problemlos.
Im Kindergarten ißt er meist gut und hier matscht er sich die Sauce auch in den Reis rein. Er ißt Gemüsesorten, die er zuhause nicht anrührt.
Die Erzieherinnen berichten nur Gutes und sehen in der Kita keine Probleme.
Woher kommt dieses Verhalten und was will er damit ausdrücken?
Wenn er aufsteht vom Familientisch, lassen wir ihn. Er würde noch ein paar Gabeln essen, wenn er dann beim Spielen gefüttert wird oder wenn er sich ein Buch anschaut. Aber da wollen wir eigentlich nicht. Er soll lernen sich am Familientisch satt zu essen.
Ein Nachtisch würde er auch noch essen, also hat er ja noch Hunger.
Wir sind da ratlos und haben Bedenken, dass sich das Verhalten verfestigt.
Danke für Ihre Antwort
Liebe Grüße
Sandy
von
sandy71
am 18.09.2019, 13:47
Antwort auf:
Essgewohnheiten Kita und zuhause - warum Unterschied?
Hallo sandy71
diese Beobachtung machen viele Eltern. Freue dich zunächst über diese Tatsache, dass dein Sohn in Gemeinschaft einfach mit isst. Das zeigt auch, dass er sich in der Kita wohlfühlt und sich als Teil des Ganzen erlebt.
Macht euch keine Sorgen über das andere Essverhalten zu Hause und bietet eurem Sohn weiterhin eine gesunde und vollwertige Kost an. Esst gemeinsam. Aber thematisiert nicht seine Eigenheiten, setzt dafür aber ganz auf seine Neugier und esst selbst mit Genuss (vor). Kinder lernen durch Beobachten.
Lasst ihn nicht vorschnell vom Tisch aufstehen, sondern versucht ca 20 min für eine Mahlzeit, sitzenderweise, einzuplanen. Sorgt aber dafür, dass er in dieser Zeit gut und sicher, bequem sitzt* und bietet ihm ausreichend kulinarische und sonstige Anreize zum Sitzenbleiben, fordert ihn und weckt seine Neugier, seinen Spiel -und Entdeckungstrieb.
Der Satz "mit Essen spielt man nicht" ist längst überholt. Denn das Spielen mit dem Essen zeigt eigentlich nur die kindliche Heransgehensweise an Neues. Das Essen ist für Kleinkinder eine echte Lernerfahrung, die sie mit allen Sinnen machen.
Macht den Esstisch zum Abenteuerspielplatz für alle Sinne. So wird er gerne am Tisch sitzen, sich auf die Mahlzeiten freuen, und ganz nebenbei auch ganz viel lernen.
*könnt ihr evtl am Sitz/Essplatz etwas verbessern? Eine anderen Stuhl, einen anderen Platz, etc? Ein bunter, hübscher, kleiner Teller? Kinderbesteck? Eine Essmatte mit mehreren Kammern - zum Befüllen mit allerlei Leckereien - grünen Brokkoliröschen zum Knabbern, orange leuchtenden (weich gegarten) Möhrensticks, einem Klecks Kartoffelpüree, dazu vegetarische oder andere Frikadellen (= kaubar)?
Oder hätte euer Sohn vielleicht Spaß daran, gelegte Muster aus dem Essensangebot aufzuessen? Sich gewissermaßen hier durchzuessen? - zuerst die außenliegenden Dinge, dann die mittig platzierten leckeren Speisen?
Oder fände er es spannend, mit Essen gelegte Bilder aufzuessen? Bspw - sieh dir einmal den Hasen rechts, hier auf der Seite vom Forum, an. Was mag euer Sohn - Autos oder Dinos? Hast du selbst Spaß daran, dich hier ab und zu ein wenig kreativ auszutoben?
Es könnte deinem Kind vorübergehend helfen, um sich zu Hause an die Mahlzeiten an das von euch Eltern gewünschte Verhalten anzunähren: eurem Sohn die Möglichkeit zu geben, um die Zeit am Tisch zu nutzen, damit er sich satt essen kann, ohne vorschnell zu ermüden bspw gelangweilt zu sein.
Ud hier noch eine kleine Zusammenfassung in Stichworten:
kreativ fordern und fördern, ein gutes Vorbild sein, nicht werten, Hilfestellung nur geben, wenn es von eurem Sohn gewünscht ist, ausreichend kleinkindkompatible Kost anbieten, übers Essen sprechen, deinen Sohn ggf in die Essensvorbereitungen mit einbeziehen. Den Tisch und Essplatz hübsch gestalten. Einleitende Tischrituale finden. Das Buch evtl vorab anschauen, oder als Abschluß durchblättern. Händewaschroutine, Tischspruch sprechen.
Essen kreativ anrichten, Abenteuerspielplatz für die Sinne bieten, viele leckere Speisen anbieten, neue Speisen probieren lassen und nach und nach probieren lassen und nach und nach wie selbstverständlich integrieren.
Also dann
viel Spaß und Freude beim gemeinsamen Essen
Birgit Neumann
von
Birgit Neumann
am 19.09.2019