Frage: 300ml Milchprodukte

Guten Tag Ich befasse mich viel mit Ernährung und offensichtlich sind ja unzählige Studien zum Schluss gekommen, dass Kuhmilch für den Menschen nicht unbedingt gesund ist, Joghurt aus Kuhmilch hingegen schon und dass "Milchprodukte" deshalb nicht einfach alle in einen Topf geschmissen werden sollten (was aber in den offiziellen Empfehlungen mit den z.B. 300ml Milchprodukten am Tag im zweiten LJ ja trotzdem gemacht wird). Leider wurden diese Studien (verständlicherweise) ja nur an Erwachsenen durchgeführt. Nun ist es so, dass meine 1.5 Jahre alte Tochter Joghurt liebt und jedesmal bitterlich weint, wenn sie nach dem zweiten Joghurt am Tag (das sind dann eh schon 360g) keinen mehr bekommt. Wissen Sie, ob diese offizielle Empfehlung tatsächlich auf differenzierten Studien beruht (also bei denen eben nicht alle Milchprodukte in einen Topf geschmissen wurden), also dass tatsächlich auch Joghurt schädlich sein kann, wenn es mehr als 300g sind? (Es handelt sich dabei natürlich um Joghurt ohne Zucker oder Zuckerzusätze o.ä.) Vielen lieben Dank im Voraus!

von Cynthiaaa am 11.05.2021, 11:02



Antwort auf: 300ml Milchprodukte

Hallo Cynthiaaa du hast recht mit deiner Aussage, dass die Empfehlung "Milch" zu unspezifisch ist. Im Wesentlichen betreffen die Empfehlungen aber trotzdem Kuhmilch als Trinkmilch. Ernährungsempfehlungen können immer nur grobe Anhaltspunkte liefern und dürfen und sollten darum auch individuell angepasst werden. Die groben Anhaltspunkte kannst du immer als 1. "grobe Orientierungswerte" und 2. als " Werte in Abgrenzung von anderen Werten" betrachten. Ernährungsempfehlungen gelten für jeweils bestimmte definierte Personengruppen und nicht als Zahl aufs Komma genau für jedes Individuum. Und es vordergründig auch nicht in Bezug auf die Qualität oder Verarbeitung der Rohware unterschieden. Bei der Aussage "Milch" für Kleinkinder sind tatsächlich alle Milchsorten (H-Milch ESL-Milch, Milch mit 1,5% Fett, 3,5% Fett, Heumilch, etc) gemeint. Auch die individuelle Situation (Genetik u.a.) des Kindes ist bei den gängigen Empfehlungen bspw nicht zur Gänze berücksichtigt worden. Was den häufig erwähnten und als vielleicht kritischer zu wertenden sog. Wachtsumsfaktor IGF-1 in der Kuhmilch betrifft, welcher u.a., neben dem Gesamteiweißgehalt auch für die Empfehlung zur Mengenbegrenzung führt, worauf du vermutlich im Wesentlichen anspielst - hier gibt es tatsächlich Unterschiede bei den verschiedenen Milchprodukten. Im Joghurt sei IGF-1 wirklich in einer geringeren Menge enthalten. Eine Berechtigung haben Mengenempfehlungen insoweit, dass sie zeigen, wie sich die Ernährung, ein Tagesplan, ein Wochenplan so zusammenstellen lässt, um eine vollwertige Ernährung zu ermöglichen. Die Basis für die Empfehlungen bildet hier auch die Beobachtung und Auswertung von zahlreichen Studien, bei denen die Verzehrsgewohnheiten der Studienteilnehmer erfasst und ausgewertet wurden. Mit hinein in die Empfehlungen fließen weitere Studien, welche den Fokus auf andere, besondere Merkmale legen, dazu kommen weitere Berechnungen und mehr. Es ergeben sich daraus solche Empfehlungen, welche bspw in der Ernährungspyramide dargestellt sind. Es geht immer um das Große und Ganze, und gilt pauschal für den Otto Normalverbraucher sozusagen. In Bezug auf die Milch bedeutet das, dass Kinder nicht zu viel Milch essen/trinken sollten, weil Milchprodukte auch satt machen. Und wenn Kinder von Milch satt sind, fehlt ihnen sonst möglicherweise der Anreiz dazu, um auch andere Speisen zu essen. Wenn sie im Kleinkindalter nun eine Einseitigkeit durch Milch erfahren, dadurch keine anderen Speisen entdecken, fehlt ihnen die Erfahrung für andere Lebensmittel. Sie könnten ihren Geschmacks.-und Erfahrungshorizont nicht in der Weise erweitern, wie es ihnen vielleicht förderlich sein könnte. Verstehst du? Ein Kind, das sagen wir mal aus Bequemlichkeit der Eltern nur Milch bekommt, kaum Möglichkeiten erhält andere Speisen kennen- und liebenzulernen, wird auch im späteren Leben wohlmöglich Milch bevorzugen. Einfach weil es diese zur Genüge kennt. Das, was der Körper kennt, daran ist er gewohnt. Daran, woran er gewohnt ist, das will er haben. Die Mengenbegrenzung für Milch birgt darum sozusagen auch eine Ermutigung für Eltern, nämlich dass sie den Geschmackshorizont ihres Kindes erweitern dürfen und sollten. Es ist natürlich etwas anderes, wenn das Kind absolut nicht möchte. Dieses wiederum kann man nur herausfinden, indem man es probiert. Und zwar als ergänzende Möglichkeiten in einem Angebotssammelsurium aus verschiedenen Speisenangeboten. Manche Kinder haben kurzfristig ein erhöhtes Verlangen nach "Milch", etwa vor und in Wachstumssphasen. Der Appetit darauf reguliert sich i.d.R. wieder von ganz alleine. Diese kurzfristigen Phasen sind völlig in Ordnung. Vermieden werden sollte vielmehr ein dauerhaft hoher Konsum über Jahre hinweg. Wenn deine Tochter nun an einem Tag oder an zwei Tagen hintereinander (vielleicht auch eine ganze Woche lang) eine größere Menge Joghurt essen möchte als die empfohlenen 300 g, dann könnte sie das ohne Weiteres tun. Es wäre dagegen etwas anderes, wenn du deiner Tochter nur Joghurt geben würdest und sie gar keine oder kaum Wahlmöglichkeiten hätte, um nach ihrem Appetit zu entscheiden. Du könntest es einfach mal ausprobieren. Denn der Körper hat eine Sperre für ein "zu viel". Man nennt dies die spezifisch sensorische Sättigung. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder bestimmte Phasen haben während denen sie eine Speise stark bevorzugen. Irgendwann reguliert sich das wieder von alleine. Du musst also nicht täglich akribisch auf das Gramm achten. Du kannst hier in Zeiträumen rechnen. Heute etwas mehr und morgen etwas weniger, dann passt das. Beobachte dein Kind und reagiere auf ihre individuellen Bedürfnisse in einer angemessenen Weise. Es ist häufig eine größere Herausforderung für Eltern. Was meinst du, hilft dir das weiter? Schau einmal in die beiden Links. Im ersten kannst du sehr ausführliche Infos nachlesen. Im zweiten Beitrag findest du die Infos aus dem ersten Link nochmals in einer komprimierten Fassung. https://www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/News/Dateien/Ern%C3%A4hrungsphysiolog-Bewertung-Milch-Milchprodukte.pdf verkürzte Darstellung auch hier: https://www.ugb.de/ernaehrungsberatung/milch/?milch-inhaltsstoffe Fazit: die Mengenempfehlung für Milch ist sinnvoll, egal ob für Milch oder Joghurt. Die Zufuhrempfehlungen bieten eine grobe Orientierung. Kurzfristig und phasenweise ist ein indivduelles Abweichen (individueller Appetit) möglich und okay. Vermieden werden sollte ein langfristiger und dauerhaft zu hoher Konsum. Ggf iIndividuelle Aspekte bei der Gesamtzufuhr berücksichtigen. Also dann Grüße Birgit Neumann P.S. und lies ggf auch hier: https://www.rund-ums-baby.de/experten/kochen-fuer-kinder/Milch_46302.htm

von Birgit Neumann am 12.05.2021



Antwort auf: 300ml Milchprodukte

Viiiielen vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort!! :-) Das hilft mir sehr weiter!

von Cynthiaaa am 12.05.2021, 14:12