3,5 jähriger Sohn verweigert Soßen, Gemüse und Fleisch

Dipl.-oec.-troph. Birgit Neumann Frage an Dipl.-oec.-troph. Birgit Neumann Diplom Ökotrophologin und Ernährungsberaterin

Frage: 3,5 jähriger Sohn verweigert Soßen, Gemüse und Fleisch

Hallo. Ich hab ein 3,5 jährigen Sohn, der bis vor 2 Monaten Abends noch seine Flasche mit Kindermilch bekommen hat, weil er sie so gerne getrunken hat. Dann haben wir entschlossen nach einem Magen-Darm- Infekt die Milchflasche wegzulassen. Er war mit 1,5 Jahren mal sehr erkältet, und ab dann wollte er kein Fleisch mehr essen. Gemüse und Brei eigentlich nie gerne, nur mit schwerer Ablenkung. Heute isst er Obst, Schnitzel, Kartoffel, Eierspätzle, Pfannekuchen mit Nutella, Nudeln, Suppe mit Rinderbrühe, Pommes, Kroketten, sowas bissfestes, angebratenes und alles ohne Soßen. Abends trinkt er etwas Milch oder isst Schokokellogs mit Milch und nimmt Senostol ein. Er geht seit seinem 1. Lebensjahr in die Kita und hatten immer wieder das Problem, dass er Mittags so gut wie nie essen wollte, dort wird viel mit Gemüse gekocht oder mit Soßen. Jetzt ist er noch ein Sturkopf, und lässt sich nicht überreden, etwas zu probieren, zu essen. Mein Sohn ist beim Abholen nach der Kita so unerträglich, weil er hunger hat, möchte aber je nachdem was es gab nicht mal das Essen probieren. Um mich herum machen uns alle viel Druck, er würde nichts essen wollen, er müsse es jetzt endlich lernen Gemüse, Fleisch und Soßen zu essen. Wir waren schon so weit, ihn vor seinem Teller so lange sitzen zu lassen bis er etwas probiert oder aufisst, manchmal hat er geweint und stur gesessen bis er eingeschlafen ist. Ich brauch einen Rat, wie ich meinen kleinen Sturkopf dazu bewege mehr vielfältiges zu essen und die Meinung wie schlimm es wirklich ist mit seinem Essverhalten. Ich bin zwigespaltet, einerseits denk ich er wird schon selber vielleicht anfangen anderes zu essen, wenn er etwas nicht mag dann ist das so, er ist ja eigentlich sein Lieblingsessen, andererseits bekommt man immer soviel Druck von außen, er müsse das lernen usw. Jetzt bin ich am überlegen ob ich zu einer Ernährungsberatungsstelle mit ihm gehen sollte? Viele Grüße

von Seni am 14.12.2017, 08:40



Antwort auf: 3,5 jähriger Sohn verweigert Soßen, Gemüse und Fleisch

Hallo Seni Ich kann dir im Rahmen meiner Arbeit hier im Forum Kochen für Kinder leider nur ganz allgemeine Infos zum Thema geben. Die Sache kann bei euch jedoch ganz anders sein und eine gute Beratung, bei einer entsprechenden Beratungsstelle vor Ort, wäre ggf nicht verkehrt. Dein erster Ansprechpartner könnte zunächst der KiA sein. Er kennt dich und dein Kind. Die Beratung aber bitte nicht im Beisein deines Kindes! Vielleicht kann dir Frau Ubbens, hier bei rub, zunächst schon ein bisschen weiter helfen. Hier sind nun die ganz allgemeinen Infos zum Thema: Viele Kinder zeigen ähnliche Verhaltensweise wie dein Sohn. Wenn dein Sohn gesund ist, gut gedeiht, meistens fröhlich und munter ist und auch der KiA mit der allgemeinen Entwicklung zufrieden ist, dann kannst du die Sache tatsächlich (vermutlich) einfach hinnehmen und abwarten. Darum die erste Frage: Ist der KiA rundum mit der Entwicklung zufrieden? Wenn ein Kind nicht essen möchte, können die Gründe vielfältig sein: Machtkämpfe oder die Forderung nach mehr Aufmerksamkeit können eine Rolle spielen. Aber manchmal sind auch organische Ursachen wie bspw Schluckstörungen, motorische Unreife, niedriger Muskeltonus, Kiefer/Zähne, Konsistenzakzeptanzprobleme/ picky-eating, chronische Verdauungsprobleme, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, extreme Sensibiltät ectetc für extremes Essverhalten ursächlich dafür in Betracht zu ziehen. Ob und welches Problem evtl in Frage käme, könnte ggf der KiA beurteilen. Hast du den Eindruck, dass dein Sohn durch sein verweigerndes oder zurückhaltendes Verhalten bei Tisch evtl mehr Aufmerksamkeit bekommen möchte? Oder hast du den Eindruck, dass er bspw sehr sensibel auf verschiedene Konsistenzen der Nahrung reagiert? Kann er gut kauen? Hat er bestimmte Vorlieben? Ist er motorisch normal entwickelt? Zeigt dein Kind evtl auch in anderen Bereichen irgendwelche Auffälligkeiten? Braucht dein Sohn evtl etwas mehr (liebevolle) Hilfestellung beim Essen? Kann er gut selbständig (mit Besteck) essen? Ein erster Tipp: vermeide Machtkämpfe und versuche dein Kind nicht zum Essen zu überreden. Allgemein betrachtet ist es zunächst einfach nur wichtig, dass ein Kind isst. Und das tut dein Sohn. Er isst zwar nicht immer zu der Zeit, wenn er soll (in der KiTa) und er isst auch nicht immer das, was du dir wünschst - aber er isst, wobei auch in seinem Speiseplan (soweit ich das anhand deiner Schilderung ablesen kann) alle Lebensmittelgruppen enthalten sind. Kinder essen, wenn es ihnen schmeckt, Und wenn es ihnen schmeckt, dann schaffen sie es auch einmal eine Riesenmenge zu essen, um an den darauffolgenden Tagen wieder nur wie ein Vögelchen im Essen zu picken. Ein einfacher Rat lautet; du bestimmst was es gibt und dein Kind darf bestimmen, wie viel er davon isst. Das Angebot sollte ausgewogen und vielseitig, kindgerecht sein. Was er bei einer Mahlzeit verpasst. holt er sich spätestens bei der übernächsten. Vermeide das Zwischendurch essen und biete nicht mehr als ca 350 ml Milch-und Milchprodukte am Tag an, damit er sich nicht damit satt isst. Je weniger du und die anderen Familienmitglieder die Erzieher in der KiTa, seine besonderen Essvorlieben unterstützen, sei es verbal oder durch die Haltung (bspw genervt, besorgt, belustigt), desto besser wird sich euer Kind in die Essgemeinschaft einfügen. Vermeidet Machtkämpfe. Kannst du mit den Erziehern für die Mittagessensituation vorübergehend vielleicht Kompromisse finden? Ggf hülfe es, wenn er zum Mittagessen ihm bekannte** Speisen essen könnte. Wenn er erst einmal - gelernt hat, mittags einfach zu essen - wenn er sich mit vollem Bauch schließlich selbst besser fühlt - wenn er diese Lernerfahrung gut verinnerlicht hat - wenn Essen mittags zur Gewohnheit wird, ----- dann wird er sich langfristig auch an das (unbekannte) KiTa Essen heranwagen. ** Neophobie: Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben eine mehr oder weniger stark ausgeprägte sog. Neophobie. Das ist eine Art Angst vor dem "neuen" Essen. Ursprünglich eine gute Schutzfunktion, denn gegessen wird nur das, was man kennt, denn Unbekanntes könnte giftig sein. Dieses Phänomen ist sogar in der Tierwelt vorzufinden - neue Dinge werden auch hier nur zögerlich von Jung und Alt gekostet. Und am besten wird das gegessen, was immer und immer wieder von allen nebenstehenden Personen auch verzehrt wird. Um Essen zu lernen, d.h. Essbares von nicht Essbarem zu unterscheiden, hilft das sog. soziale Lernen. So kann die Neophobie am besten überwunden werden. Kinder lernen durch Nachahmung und Wiederholung. - Bei manchen Kindern ist die Neophobie besonders stark ausgeprägt. - Besonders wenn Kinder müde sind, haben sie keine Lust auf Essexperimente ..... Manche Speisen müssen Kinder bis zu 10 mal probieren, bis sie diese gute akzeptieren. Bleibe dran und ermögliche deinem Kind diese Erfahrungen. Auch wenn dein Kind nur wenig vom Neuen (zu den Nudeln) essen wird - langfristig führt diese Methode (bei gesunden Kindern) zum gewünschten Ziel - nämlich dazu, die Selbstbestimmung zu fördern und gleichzeitig die kulturell basierte Esserziehung (in eurem familiären Kontext*), durch Gemeinschaftserlebnisse bei Tisch (=Anpassung*) zu lernen. *Das gilt besonders für die Situation in der KiTa. Wichtig ist aber vor allem auch, dass dein Kind Hunger hat. Wie viel Zeit bleibt zwischen Frühstück und Mittagessen? Viele Kinder haben hin und wieder Phasen in denen sie scheinbar wenig oder nur scheinbar sehr einseitig essen, aus unserer Sicht eine sehr monotone Auswahl haben. Das ist völlig in Ordnung. Diese spezifischen Vorlieben wechseln wieder. Der Körper hat irgendwann genug. Darauf kannst du vertrauen. Wichtig ist erst einmal nur, dass regelmäßig Essen und Vielfalt bei Tisch angeboten wird. Eine "Extrawurst im sprichwörtlichen Sinne" sollte es für deinen Kleine bei Tisch besser auch nicht geben. Du kannst jedoch, wenn du willst, eine zusätzliche Speise, neben dem üblichen Angebot, für alle anderen auch verfügbar auf den Tisch bringen. Das kann bspw Nudeln oder Brot sein, sowie ein Rest vom Vortag. Es bietet sich damit die Möglichkeit zur Wahl und hat keinen Status des "Besonderen". Der Zwang fällt weg und dein Sohn kann Nudeln DAZU essen. Es sollte sich auch kein Machtkampf aus dieser Angelegenheit entwickeln. Dein Kind isst, das ist gut. Er isst nur nicht immer die Dinge, die du dir wünschst, dass er isst. Findet einen Kompromiss. Du kochst und jeder soll sich bei Tisch satt essen dürfen. Finde ggf geeignete Lösungen für die KiTa. Thematisiere auch nie die Eigenheiten deines Kindes und kontrolliere nicht zu viel. Kinder gewöhnen sich an viele neue Speisen. Sie brauchen dafür manchmal etwas mehr Zeit und viele Wiederholungen. Sie müssen es öfter probieren. Das Gefallen wächst mit dem Probieren - vor allem, wenn es zwanglos geschieht und ohne Erwartungsdruck Man spricht von ca 10 Kontakten mit der neuen Speise, bis es akzeptiert wird. Hier hilft das Minimalprinzip - besser eine klitzekleine Probiermenge - am besten freiwillig - durch Neugier als gar nichts. Bspw kannst du neben die Nudeln ein Stückchen Kartoffel, Gemüse oder Fleisch legen oder dein Kind direkt bei dir probieren lassen. Ein erstes Probierstückchen ist ein Anfang. "Kategorisches Ablehnen" einer Speise sollte durch ein generelles Probiergebot abgelöst werden. Finde ein paar Essensregeln, die für euch passen. Bspw könnte eine Regel lauten, dass immer eine klitzekleine Portion probiert werden sollte. Diese Orientierung könnte ihr helfen, die negative Haltung dem Essen gegenüber umzuformen und ihr eine Chance geben, aus der ablehnenden Haltung herauszufinden. Positiv formulierte Regeln werden ohnehin gut angenommen. Finde hierfür Regeln. Welche könnten bei euch sinnvoll sein? Hab also einfach Geduld, esst zusammen, esst vielseitig, habt Spaß beim Essen und biete viele Essanreize - zusätzlich zum Vertrauten. Je mehr euer Sohn bei euch Eltern sieht und authentisch erlebt, was und wie ihr esst, desto mehr und vielseitiger wird auch langfristig einfach essen (wollen). Manchmal erweitern Kinder ihren Essens-erlebnis-horizont nur langsam und allmählich - aber es funktioniert. Mit Routine bspw. Den Zeitpunkt für die Bereitschaft und Akzeptanz bestimmen oft unerwartete Momente und Situationen. Manchmal ist so eine Situation nicht der Esstisch, sondern vielleicht der Spielplatz, bei der Oma, im Urlaub, im Restaurant.... Ich kann dir in diese Antwort leider nicht alles zum Thema schreiben. Ich hoffe, dass ich dir dennoch einen neuen Ansatz, neue Ideen für Lösungswege geben konnte und du die Sache ggf etwas differenzierter und genauer betrachten kannst, um eine für euch passende Lösung zu finden. Ggf hilft die Rücksprache mit dem KiA. Siehe auch einmal noch hier: https://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=44552&suche1=miaandme&seite=1 https://www.rund-ums-baby.de/kochen-fuer-kinder/beitrag.htm?id=45256&suche1=langfristige&seite=1 Also dann ich wünsch euch was Grüße Birgit Neumann

von Birgit Neumann am 15.12.2017



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

verweigert Gemüse-Fleisch-Brei (10 Mon)

Hallo unser 10 Monate alte Sohn verweigert seit etwa 4 Wochen zunehmend die Mittagsmahlzeit (Gemüse-Fleisch-Brei). Nach wenigen Bissen dreht er den Kopf weg und schreit. Ich habe schon diverse Sorten ausprobiert, selbst gekocht und aus dem Gläschen - er mag alles nicht! Früchte und Milchbrei oder Getreide-Obst-Brei klappt ohne Probleme. Wobei ...


Baby 9 Monate verweigert plötzlich Gemüse-Fleisch-Brei(-suppe)

Hallo liebe Birgit! Ich habe folgendes Problem: bei meiner Kleinen (9 Monate) hat sich der Beikoststart etwas schwierig erwiesen. Wollte ursprünglich klassisch mit Gemüse-, Gemüse-Kartoffel-, Gemüse-Kart.-Fleisch-Brei starten, als meine Tochter 6 Monate alt war. Keine Chance, sie verweigerte sämtliche Sorten aus dem Gläschen sowie selbstgekochten ...


Baby 9 Monate verweigert plötzlich Gemüse-Fleisch-Brei(-suppe) Nachtrag

Hab' noch vergessen, zu erwähnen, dass das Gewicht meiner Maus seit ca. 5 Wochen stagniert. Sie wiegt derzeit 8 kg (wie gesagt seit 5 Wochen unverändert), anfangs hat sie gut zugenommen, ihr Geburtsgewicht betrug 3126g. Braucht sie energiereichere Nahrung bzw. soll ich mal ein Fläschchen probieren oder kann ich weiter wie gehabt stillen? Würden Sie...


Sohn verweigert Mittagessen und will nur Gläschen. Welche Gründe kann das haben?

Guten Morgen Unser Sohn - 18 Monate will seit ca. 2 Wochen nur noch Mittagsgläschen haben. Er isst ansonsten normal sein Brot, Obst, Gemüse, Joghurt etc. Vor 2 Wochen hat er auch unser Mittagessen mitgegessen. Seither verweigert er es komplett und bekommt richtige Wutanfälle und isst nur Gläschen zu Mittag. Kann das bestimmte Gründe haben? Er beko...


Kind ist kaum Fleisch

Liebe Frau Neumann, mein Sohn 20 Monate alt ist kaum Fleisch, bis vor kurzem spuckte er es regelrecht raus. Mittlerweile isst er wieder etwas Hackfleisch, Wurst, sogar Wiener oder probiert auch mal ein Stück Hähnchen aus, aber auch nicht ausreichend das er mit Eisen versorgt wird. Im April wurde sein Eisenwert beim KA gemessen, im Normberei...


Beikost Fleisch

Hallo, Mein Baby ist 7 Monate alt und isst bislang die Hipp Gemüse Gläschen. Nun möchte ich gerne Fleisch dazugeben. Ich würde gerne Hähnchen Fleisch probieren… Wäre es möglich Hähnchenschenkel ohne Gewürze im Ofen anzubraten? Oder Hähnchenbrust ohne Gewürze in der Pfanne anzubraten? Oder müsste ich das Fleisch wirklich im Topf kochen? I...


Mein Kind verweigert plötzlich selbstgemachten Brei

Hey, Meine Tochter (gerade 1Jahr) verweigert plötzlich seit 2 Wochen mittags den von mir gekochten Brei. Gläschen von Hipp mit Fisch (die sie schon seit Beginn an 1x wöchentlich bekommt) isst sie weiterhin. Nur von meinem selbstgemachten Brei isst sie 5-6 löffel und verweigert dann. Das ist für mich sehr frustrierend und ich verstehe nicht, wieso ...


Baby (12 Monate) verweigert Mittagsbrei und Familienkost

Hallo Frau Neumann, leider bin ich mit meinem Sohn so langsam mit meinem Latein am Ende. Seit Ende August haben wir das Problem mit dem Mittagsbrei. Er mag nie die stückigen Gläser. Wir waren bis jetzt immer noch bei den feinpürierten Gläser ab dem 5. Monat. Am Anfang konnte man mit viel Geduld und Tricks ihm den Brei füttern. Aktuell ist das ni...


Familienkost / Baby 10 Monate verweigert Brei u. isst weniger

Guten Tag Frau Neumann, meine Tochter wird diese Woche 10 Monate alt und isst seit dem 6. Monat Brei. Hat ihr eigentlich auch meistens ganz gut geschmeckt; teilweise hat sie 3 komplette Breie à 190g gegessen. Sie war also eigentlich immer ein guter Esser. Nun verweigert sie leider seit ca. 1-2 Wochen den Brei. Wir hatten immer mal wieder Phasen...


Kind verweigert fast alles

Hallo, Ich bin langsam am verzweifeln. Mein Sohn (1 Jahr) trinkt immer noch jeden Tag meist 5 Flaschen Pre Milch. Wir haben ewig gebraucht bis er sich an den Mittagsbrei gewöhnt hat. Den isst er auch inzwischen sehr gerne. Aber Getreide Obst Breie sind einfach nicht seins. Er fängt an zu quengeln, dreht sich weg. Ob wir alles versucht haben, wei...