Sehr geehrter Herr Dr Matussek, mein 11 Monate alter Sohn kam mit beidseitig luxierten Hüften zur Welt und wurde bis zu seinem 4 Lebensmonat behandelt (Pavlik Bandage und anschließend dieTübinger Schiene). Wir sind nur knapp an einer OP vorbei geschrammt und lange stand dies im Raum, doch die Bandage führte nach 12 Wochen doch noch zum gewünschten Ergebnis. Am Ende der Behandlung hieß es, er habe 1a Hüften. Wir sollten aber zur Kontrolle zurück kommen, wenn er laufen kann. Man erklärte mir, dass die Kontrollen wichtig seien, da sich die Hüften wieder verschlechtern können und dann doch eine OP notwendig sein könnte. Diese Aussage trübte meine Freude über die gesunden Hüften etwas und das will mir nicht mehr aus dem Kopf. Daher meine erste Frage: gibt es Faktoren, die eine OP später wahrscheinlich machen? Genetik oder Tragedauer der Bandage? Kann man Entwarnung geben wenn die Hüftluxation nicht aufgrund von Vererbung sondern der BEL bedingt war? Brauchen viele Kinder später doch noch eine OP?
Meine 2 Frage lautet: ist ein Knacken in der Hüfte ein Grund für eine frühere Kontrolle? Mein Sohn zieht sich jetzt erst an Gegenständen hoch in die Knie und wippt da vor und zurück und dabei hören wir ein Knacken, was mich beunruhigt, da es auch knackte, als er luxierte Hüften hatte.
Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort!
von
lina456
am 10.01.2022, 09:06
Antwort auf:
Re: Folgen Hüftdysplasie und Knacken in der Hüfte
Lieb Familie,
zunächst freue ich mich, daß bei der initial schwierigen Situation der Hüften ein guter Weg gefunden wurde, die Gelenke in eine gute Position zu bringen, damit die weitere jetzt rasche Entwicklung überhaupt ersteinmal die Chance hat, gute Gelenke hervorzubringen.
Was für meinen Geschmack bei allen Beschreibungen der Hüften immer zu kurz kommt, ist die Aussage über die allgemeine Beweglichkeit der Gelenke im Seitenvergleich jetzt nach den langen Wochen in Pavlik und Tübinger: Wenn die Hüften "drinnen" sind , also nicht mehr (sub-)luxiert, dann lassen sich beide Hüften hervorragend "rotieren" und fast maximal seitlich abspreizen und zwar seitengleich. Hüftgelenke, die drohen zu reluxieren, lassen sich per Definition schlechter abspreizen, zumindest im Seitenvergleich.
Das kann und sollte man täglich beim Wickeln/Baden mindestens einmal auch selbstständig prüfen: In Rückenlage Hüften beugen und dann abspreizen: Das sollte spielerisch leicht und seitengleich möglich sein. Falls man unsicher ist mit diesem spielerischem Umgang mit dem eigenen Kind, dann durch Physio-/oder Kinderarzt zeigen lassen.
Hüften , die problematisch sind, zeigen dies beim Abspreizen und Beugen .
Wenn das der Fall ist, dann ist Physiotherapie auf neurophysiologischer Basis (z.B. Voita) dringend notwendig ....und natürlich die gelegentliche Kontrolle beim Kinderarzt/Kinderorthopäden.
Lautes, schmerzfreies "Knacken" der Hüften ist "meistens" kein Hinweis für ein tiefergelegenes Problem: Kindliche Gelenke knacken häufig schmerzfrei ohne ersichtlichen Krankheitsgrund. Auch ist die Kraft der Hüftgelenke, je nach Schweregrad der Problematik und ggf. einseitig schlimmeren Luxationszustand intial deutlich "Seiten-ungleich". Das würde mir nur zeigen, daß Physiotherapie umso wichtiger ist: Oder zumindest eine gute Anleitung der Eltern (Ihnen) zur selbstständigen Bewegungstherapie.
Faltenasymmetrie ist ein unsicheres und nicht sehr zuverlässiges klinisches Zeichen, daß uns Ärzte nur sekundär, nach Prüfung der Beweglichkeit der Hüften und nach dem Sono interessiert.
So und jetzt zur Sorgenfrage:
Wenn 100 Kinder so behandelt wurden, wie Ihr Kind, dann wird man bei ca. 3-4 von diesen in den späteren Röntgenaufnahmen mit 18 L.Monaten und dann nach dem 4 Lebensjahr gute Gründe finden, tatsächlich noch eine "kleine" Operation nachzuschieben. Also ein Risiko von 3-4%, d.h. aber auch das die meisten gut werden, ohne weitere OP! Das ist im Großen und Ganzen bei BEL und endogener Hüftdysplasie ähnlich groß, das Risiko.
Die Sache ist komplizierter: Auch Kinder, initial mit gutem Sonbefund nach Geburt ohne BEL, können später (meist im Teenager Alter) schlechte Hüften haben, ohne daß irgendwer etwas falsch gemacht hat.
Fazit: Spielen Sie mit Ihrem Kind und bewegen Sie dessen Hüftgelenke; lassen Sie Ihr Kind
motorisch aufholen (Rücken und Bauchlagen und Drehen): Es hat viel Nachholbedarf!!
Machen Sie sich aber nicht verrückt: Gehen Sie regelmäßig zur Nachsorge und Physio , bis das Gehen erreicht wird.
Viele Grüße
JM
von
Dr. J. Matussek
am 17.01.2022
Antwort auf:
Re: Folgen Hüftdysplasie und Knacken in der Hüfte
Nachtrag: er robbt seit etwa 2 Monaten und nutzt um sich abzustoßen nur das eine Bein. Er nutzt das Bein von der damals schlechteren Seite. Die Hüftseite, die schnell gut wurde, schleift er hinterher.
von
lina456
am 11.01.2022, 20:25
Antwort auf:
Re: Folgen Hüftdysplasie und Knacken in der Hüfte
Ich bin auf die Antwort sehr gespannt! Wir haben hier eigentlich den selben Fall. Meine Tochter hatte Gips und Schiene und steht seit kurzem ein paar Sekunden nachdem sie auch nur sehr einseitig gerobbt ist. Du kannst mal nach den Po und Oberschenkelfalten schauen. Wenn die symmetrisch sind ist das ein gutes Zeichen. Bei uns sind sie das leider nicht, was mich beunruhigt. Vielleicht könnte Dr. Matussek auch darauf eingehen? Also ob die Falten symmetrisch sein müssen in einem Alter von ca 1 Jahr oder ob die Asymmetrie durch die einseitrige Anstrengung kommt? Ich hoffe es ist ok, dass ich mich an die Frage dran hänge :) Liebe Grüße an dich und den Doktor!
von
MiSaa
am 15.01.2022, 08:01