Frage: Gibt es ein "Gedächtnis" des Immunsystems?

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Wahn, bei unserem 3jährigem Sohn wurde im April das ideopathische nephrotische Syndrom diagnostiziert. Nach 3monatiger Gabe von Immunsuppressiva (MMF) haben wir jetzt die Medikamente abgesetzt. Unser Sohn ist nicht gegen Windpocken geimpft und von der 6-fach Impfung fehlt ihm noch eine Gabe. Jetzt stellen wir uns die Frage, wann die Impfungen von seinem Immunsystem am besten "vertragen" werden. Einerseits können sie den ersten Schub auslösen, andererseits kann er seit 3 Monaten den Kindergarten nicht besuchen, da dort die Windpocken im Umlauf sind und für ihn unter Gabe der Immunsuppressiva gefährlich wären. Gibt es so etwas wie ein "Gedächtnis" des Immunsystems, dem nach der Erstmanifestation dieser Autoimmunerkrankung erst einmal Ruhe gegönnt werden sollte bevor man impft, um möglichst keinen Schub auszulösen? Oder ist der Zeitpunkt der Impfung irrelevant für das Rezidiv und wir sollten möglichst bald impfen? Vielen Dank für Ihre Einschätzung!

von Verwil am 06.07.2017, 11:30



Antwort auf: Gibt es ein "Gedächtnis" des Immunsystems?

Ein Teil des Immunsystems, die sog. B- und T-Zellen, haben ein Gedächtnis. Das bedeutet, dass dann, wenn etwa eine Impfung zum zweiten Mal gegeben wird, die Antwort des Immunsystems stärker ist als bei der ersten Impfung, weil das Immunsystem den Impfstoff schon kennt. Das gilt aber nicht, wenn gleichzeitig Medikamente gegeben werden, die das Immunsystem schwächen, so wie in Ihrem Fall. Bei Kindern mit Leukämie, die eine äußerst intensive immunsuppressive Therapie bekommen, weiß man, dass das Immunsystem sicher 6 Monate braucht, um wieder voll funktionsfähig zu werden. Da MMF viel milder ist, sollte ein Abstand von 3 Monaten nach Absetzen der Therapie ausreichend sein, um dann die fehlenden Impfungen nachzuholen.

von Prof. Dr. med. Volker Wahn am 06.07.2017