Liebe Frau Klinkenberg,
ich habe leider sehr viele Fragen und bin sehr verzweifelt.
Mein Sohn (10,5 Monate) bekommt bisher nur Brei (Hipp-Gläschenkost) Gegen 23 Uhr und morgens stille ich ihn noch. Seine Ernährung sieht so aus:
Morgens (8 Uhr) = Stillen
Vormittags (10 Uhr) = 100 g Obst-Gläschen oder Getreide-Obst-Gläschen
Mittags (12 Uhr) = Gläschen Fleisch-Getreide-Gemüse-Brei (190 g, ab 4. Monat) und als Nachtisch = 2-3 EL Hipp-Obst
Nachmittags (16 Uhr) = Obst-Getreide-Brei
Abends (um 20 h) = Milch-Getreide-Brei (dann gegen 21.30 h ins Bett)
Abends (um 23 h) = Stillen im Bett (er macht die Augen dabei nicht auf, da er vorher schon geschlafen hat)
Frage 1)
Wenn ich ihn um 23 Uhr nicht mehr von mir aus Stillen würde, dann würde er gegen 2 Uhr vor Hunger schreien. Ist das ok, dass er diese zusätzliche Milchmahlzeit um 23 Uhr noch bekommt? Wie kriege ich es hin, dass er darauf verzichten kann? Woran liegt es, dass er das Stillen um 13 Uhr noch braucht? Üblicherweise sollen Babys doch um 20 Uhr Abendbrei bekommen und dann bis 6 Uhr morgens gar nichts mehr, oder?
Wenn ich mit 14 Monaten abstille, was kann ich ihm stattdessen um 23 Uhr geben? Kuhmilch aus der Tasse oder muss es noch Säuglingsmilch sein?
Frage 2)
Nun möchte ich meinen Sohn an stückige Nahrung heranführen. Vor 4 und vor 2 Wochen habe ich ihm ein Hipp-Gläschen ab 8. Monat (also mit Stücken) angeboten. Er hat sofort gewürgt und sich übergeben. Ich habe dann den Brei mit einer Gabel zerdrückt, um eine Zwischenstufe zu schaffen, aber auch dieser Versuch scheiterte. Er würgt auch beim kleinsten Stückchen und übergibt sich. Er leidet dabei richtig und ich auch! Ich hätte nie gedacht, dass das so schwierig ist, ihm stückige Nahrung zu geben.
Da ich ihn nicht quälen möchte, gebe ich ihm weiterhin die Gläschen ab 4. Monat. Aber das kann doch jetzt nicht ewig so weitergehen???!
Ich habe auch langsam ein schlechtes Gewissen, dass er immer nur Gläschenkost bekommt: Fleisch, Gemüse, Obst, alles nur aus dem Glas, nichts Frisches.
Habe nun vor, dass ich frisch koche und sein Essen anschließend püriere. Ist das eine gute Idee? Aber wann ißt er dann mal Stückiges? Kommt das mit 14-15 Monaten irgendwann von selbst oder müssen wir noch mehrfache Würg-Brech-Mahlzeiten durchmachen? Das kann es doch nicht sein. Essen soll doch schön sein.
Ich traue mich auch gar nicht, ihm Brot zu geben. Ich habe richtig Angst, dass er dann erstickt. Aber man soll doch ab dem 10. Monat regelmäßig Brot geben oder nicht?
Frage 3)
Wie Sie sehen, ich bin richtig verzweifelt. Haben Sie einen Rat, wie ich ihn schonend, ohne das er Brechen und Würgen muss, an stückige Kost gewöhnen kann? Ich dachte immer, mit 12 Monaten sollen Babys das stückige Familienessen mitessen oder ist das gar nicht so? Fühle mich davon sehr unter Druck gesetzt.
Frage 4)
Ist das Hipp-Obst aus dem Gläschen eigentlich von den Nährstoffen her genauso gut wie frisches Bio-Obst? Oder muss ich ein schlechtes Gewissen haben, dass er mit 11 Monaten noch nie frisches Obst bekommen hat? Es ist für mich nämlich einfacher, Hipp-Obst zu nehmen, anstatt jede halbe Banane etc. extra zu pürieren, da er ja stückiges Obst nicht isst.
Liebe Grüße und vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus.
Tina
Mitglied inaktiv - 15.09.2011, 16:00
Antwort auf:
Umstellung auf Familienkost klappt nicht!
Liebe Tina,
die Ernährung ihres Söhnchens gefällt mir sehr gut und es gibt überhaupt keinen Grund verzweifelt zu sein. Freuen Sie sich, dass Ihr kleiner Schatz von allen wichtigen Lebensmittel isst und sich sein Speiseplan so ausgewogen und gesund gestaltet. Als Mutter ist man immer geneigt dazu das eigene Kind mit den anderen gleichaltrigen Sprösslingen zu vergleichen. Auch kann man überall hören und lesen, dass der Nachwuchs mit dem zehnten Monat an den Familientisch herangeführt und Lebensmittel vom Familienessen wie z.B. Brot bekommen kann. Jedes Kind ist ein eigenes Persönchen mit ganz eigenem Entwicklungstempo und individuellen Eigenheiten. Halten Sie sich das vor Augen und vertrauen Sie darauf, dass Ihr Söhnchen nach und nach diese Entwicklungsschritte machen und irgendwann einmal festes Essen akzeptieren wird. Je gelassener Sie Ihr Kind begleiten, desto besser geht das.
Machen Sie sich keine Sorgen, auch mit pürierten Mahlzeiten wird Ihr Kleiner mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt, die er zu seinem gesunden Wachstum benötigt. Gut möglich, dass die Menge von 190g nicht mehr ausreicht, aber da können Sie ja problemlos etwas mehr geben. Etwa mit 8 Monaten ist ein Kind so weit, dass es zwar nicht kauen, aber die ersten Anregungen zum Kauen bekommen kann. Wie schon erwähnt hat aber jeder Sprössling hier sein individuelles Tempo. Auch bewältigen Kinder diesen Entwicklungsschritt unterschiedlich. Ihr Sohn scheint zu den Kindern zu gehören, denen neues Essen bzw eine neue Beschaffenheit etwas mehr Schwierigkeiten bereitet. Vielleicht hat er bei den ersten Malen auch negative Erfahrungen gemacht und muss nun wieder Vertrauen gewinnen. Da der Kau- und Schluckvorgang für die Gesamtentwicklung, die Mundmotorik und den Spracherwerb sehr wichtig ist, empfehle ich Ihnen Ihren kleinen Schatz behutsam zu unterstützen. Haben Sie denn schon unsere 6-Monatsgläschen ausprobiert? Hier sind die Speisen nicht mehr ganz so fein püriert. Wie sieht es aus, wenn Sie z.B. ein Löffelchen stückige Nahrung unter die pürierte mischen und in ganz kleinen Schritten die Löffelmenge steigern? So können Sie es natürlich auch mit selbst zubereitetem Essen praktizieren. Die weichen Stückchen lösen anfangs meist einen Wügereflex aus, wenn die Menge aber sehr gering ist, lernen Kinder in der Regel nach und nach mit Stückchen umzugehen. Setzen Sie sich auf keinen Fall unter Druck, es gibt keine zeitliche Vorgabe und kein Muss. Nehmen Sie Ihr Kind immer an den gemeinsamen Tisch und lassen Sie ihn, wenn er möchte, von sehr weich gekochten Speisen probieren. Zusätzlich dürfen Sie ihm bei Interesse babygerechte Knabberprodukte in die Hand geben. Diese sind auf Kaufähigkeit geprüft und lösen sich sehr schnell auf. Das mit dem Brot hat noch viel Zeit.
Sie müssen kein schlechtes Gewissen haben, dass Ihr Sohn bisher noch kein frisches Obst bekommen hat. Unsere Obstbreie werden durch Einwirkung von Hitze auf das fertig zubereitete Gläschen, haltbar gemacht. Dies ist ein Vorgang der dem Einwecken im Haushalt ähnlich ist. Anders als im Haushalt können wir jedoch besonders schonende Methoden anwenden z.B. Erhitzen unter Ausschluss von Sauerstoff; Temperatur und Zeit werden immer so gewählt, dass ein Maximum an Sicherheit gewährleistet ist, aber Nährwert und Geschmack optimal geschont werden. Da die Verarbeitung eben sehr schonend erfolgt, bleiben die Vitamine etc. weitgehend erhalten. Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe sind im Gläschen in der Menge enthalten, wie sie natürlicherweise in den Rohstoffen vorkommen. Das gilt übrigens auch für unsere Mittagsmahlzeiten.
Setzen Sie sich was das Durchschlafen anbelangt nicht zu hohe Ziele. Ihr Kleiner hält doch schon wunderbar durch. Ein altersgerecht sättigender Speiseplan ist eine wichtige Basis, dass Kinder noch besser über die Nacht kommen. Geben Sie zu allen Mahlzeiten so viel, wie Ihr Söhnchen essen möchte. Überprüfen Sie, ob sich noch etwas optimieren lässt. Haben Sie schon einmal versucht wie es aussieht, wenn Sie Ihrem Kind im Anschluss an den Brei unmittelbar vor dem Bettgehen noch ein Getränk anbieten oder stillen. Vielleicht kommt er dann um 23 Uhr ohne Stillen aus. Wenn Sie etwa um den 14.Monat abstillen möchten, dann können Sie diese Zeit ins Auge fassen um Ihren Kleinen vom Spätabendstillen zu entwöhnen. Aber bis dahin, kann sich noch Einiges ergeben.
Ich wünsche Ihnen ganz viel Gelassenheit und Vertrauen.
Veronika Klinkenberg
von
Veronika Klinkenberg
am 16.09.2011