Hallo zusammen,
die Frage passt vielleicht nicht perfekt ins Forum, aber trotzdem...
Mein Sohn ist 1,5 Jahre. Da er als "Kleiner" schlecht den Brei gegessen hat, haben wir ihn oft "nebenbei" gefüttert. D.h. wenn er abgelenkt war, z.B. beim Spielen oder draußen usw. Dann hat er deutlich größere Mengen geschafft.
Er isst ja nun schon länger keinen Brei mehr. Nur hat sich´s halt auch bei der Familienkost so "eingeschlichen", dass er wenig am Tisch ist und dann schon aufstehen will. Damit er auf seine Menge kommt, "rufe" ich ihn immer wieder zu mir an den Tisch und schiebe ihm immer wieder eine Gabel voll Essen in den Mund. Das geht eine Weile so, bis er anscheinend wirklich satt ist und dann auf mein Rufen nicht mehr kommt. Wie kann ich ihm vernünftiges Essen bis er satt ist am Tisch angewöhnen? Andere Kinder in dem Alter sitzen viiiieeel länger am Tisch. Nur meiner ist nach ein paar Minuten nicht mehr zu halten. Natürlich könnte ich ihm nach dem "Aufstehen vom Tisch nichts mehr geben, aber dann wird er halt nachts 2 Mal wach, weil er Hunger hat. Dann muss ich ihn wieder öfter stillen. Denn wenn er tagsüber und vor allem am Abend gut ist, dann wacht er nachts nicht mehr auf.
Was meinen Sie dazu bzw. ab wann muss ein Kind wirklich vernünftig am Tisch sitzen und sollte nicht mehr mit dem Würstchen in der Hand im Garten laufen?
Danke für Ihre Einschätzung!
von
Pumsi1980
am 08.08.2012, 08:48
Antwort auf:
Kind isst schlecht am Tisch
Liebe „Pumsi1980“,
gerne bin wieder für Sie da.
Da hat sich ja was eingeschlichen. Aber das kann sich genauso ändern. Da ist nichts endgültig!
Kinder loten beim Essen ihre Grenzen aus und schauen wie weit sie gehen können. Sie merken sehr schnell, wie wichtig den Müttern/Eltern das Essen ist. Schnell steht hier die Befürchtung im Raum, die Kleinen könnten zu wenig bekommen oder einen Mangel erleiden. Oder abends hungrig ins Bett gehen und nicht durchschlafen.
Es ist alles und alles bei den Kinder Gewöhnung und Übung. An das regelmäßige Essen am Tisch wird sich Ihr Sohn ganz sicher gewöhnen. Er hat es bis jetzt schlicht und einfach nicht anders gelernt bzw. lernen müssen. Essen, rumlaufen und Ablenkung/Spiel gehören für Ihren Jungen zusammen. Das ist eine klassische Konditionierung. Hier werden Sie nur durch konsequentes Umlernen eine Verhaltensänderung herbeiführen können. Klar gesagt, möchten Sie eine Veränderung, müssen Sie - v.a. bei sich selbst - was ändern. Das kann Ihr Kleiner von sich aus nicht leisten. Sie sind die Mama, Sie geben vor wie das Essen abläuft.
Solche Veränderungen oder Umgewöhnungen brauchen aber immer Zeit. Und werden oft von „Meckern“ und Widerstand begleitet. Das geht nicht von heute auf morgen. Ihr Kleiner hatte sehr lange Zeit sich an diese Essensweise zu gewöhnen. Ich weiß, diesen Satz haben Sie bestimmt schon öfter gehört. Dennoch ist eines sicher, ein gesundes Kind wird nicht vor einem vollen Teller verhungern.
Versuchen Sie es nicht mehr mit „allen Tricks“ und „Ablenkungskünsten“. Auch wenn es schwerfällt. Das Essen ist keine Zirkusvorstellung. Sagen Sie ihm mit ruhiger Stimme, dass es jetzt Essen gibt. Alle sitzen dabei am Tisch.
Bieten Sie eine geeignete Auswahl an Speisen an, bei der er selbst zugreifen darf. Die Portion auf seinem Teller dabei eher klein halten. Und dann lassen Sie ihn einfach mal in Ruhe!!! Schauen Sie nicht auf seinen Teller hin, maßregeln Sie ihn nicht, motivieren Sie ihn dauern nicht, interessieren Sie sich nicht für sein Essverhalten... Essen Sie selbst mit Genuss, unterhalten Sie sich am Tisch über angenehme Dinge.
Verweigert Ihr Kleiner das Essen oder mag er nicht mehr sitzen und weiteressen, sagen Sie ihm ganz ruhig, dass das Essen jetzt für ihn beendet ist. Dann gibt es auch keine beliebten (meist süßen) Zwischensnacks, sondern bis zur nächsten Mahlzeit gar nichts.
Ziehen Sie Mahlzeiten generell nicht in die Länge. Nach etwa 30 Minuten sollte das Essen insgesamt beendet sein, egal ob aufgegessen oder nicht. Dann ist wieder Spielzeit etc.
Mehr gibt’s dann nicht. Dann geht er halt mal hungrig ins Bett. Das ist nicht so schlimm. Da müssen sie durch. Also ruhig den Hunger zum Gehilfen machen
Die Erfahrung zeigt, je weniger Sie dem Verhalten Ihres Kindes Bedeutung beimessen und je weniger Sie erzwingen, umso schneller wird diese Phase vorbei gehen..
Versuchen Sie die Mahlzeiten auf drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten zu begrenzen. Ganz sicher, Ihr Sohn wird nicht vor einem vollen Teller verhungern, dafür ist er viel zu schlau.
Um Kinder mehr am Essen zu interessieren, damit sie mit Freude am Tisch zulangen, gibt es ein paar einfach Grundregeln:
Einfach immer wieder geduldig das Essen anbieten, aber nicht aufzwingen. Nehmen Sie sich viel Zeit für die gemeinsamen Mahlzeiten, setzen Sie sich gemeinsam mit dem Kind an den Tisch, ohne Fernseher oder andere Ablenkungen.
Greifen auch Sie selbst mit Genuss zu. Sie sind das Vorbild, Ihr Sohn wird Sie nachahmen.
Eine angenehme Atmosphäre, kein Zeitdruck, ein hübsch gedeckter Tisch sind einladend und regen den Appetit an.
Nach Möglichkeit den Kleinen ins Einkaufen, Zubereiten, Tisch decken…einbeziehen.
Sorgen Sie für einigermaßen feste Essenszeiten.
Achten Sie auf eine entspannte Atmosphäre, bei denen jeder Zeit hat fertig zu essen und auch einmal etwas liegen lassen kann, wenn der Hunger nicht ganz so groß war.
Das alles braucht bestimmt Zeit, aber ich bin mir sicher, wenn Sie konsequent ohne Zwang diesen Weg gehen, werden Sie bald mit Freuden zusammen am Tisch das Essen genießen.
Bis dahin wünsche ich Ihnen viel Geduld und Gelassenheit!
Doris Plath
PS: Bei den Themen „Erziehung und Verhalten“ gibt es im Nachbarforum Birgit Schuster. Diese kann hierzu einen großes Erfahrungsschatz bieten.
von
Doris Plath
am 08.08.2012