Frage: Spracherwerb

Sehr geehrter Herr Prof. Jorch, unser Sohn ist mittlerweile 16 Monate alt. Er wurde in SSW 32+4 als SGA-Frühchen per KS geholt. Er wurde nicht beatmet, bei der Entlassung waren keine Schäden erkennbar. Hör- und Sehvermögen wurden getestet und sind ok. Nach 2 unauffälligen EEG’s wurde im Oktober im SPZ eine geringgradige ZKS bein- und rechtsbetont sowie leichter psychomotorischer Rückstand diagnostiziert. Noah erhielt vom 4. – 10. Lebensmonat Vojta, mittlerweile eine Kombination Bobath/Vojta. Seine motorische Entwicklung macht Fortschritte, er steht kurzfristig frei und geht ab und an auch frei, leider noch sehr viel auf Zehenspitzen. Sorgen mache ich mir derzeit bezgl. der Sprachentwicklung, er spricht noch kein einziges richtiges Wort, Ansätze sind erkennbar z.B. mammam für Mama und babab für Papa, das ist jedoch schon alles. Wir lesen ihm vor, schauen Bilderbücher an und machen Fingerspiele mit ihm, natürlich sprechen wir auch mit ihm, er schaut sehr häufig auf den Mund der sprechenden Person. Doch Noah braucht sehr viele Auszeiten, das bedeutet bei ihm, dass er sich selbst beschäftigt bzw. mir bei den Hausarbeiten zusieht. Gegenstände die ihn interessieren, streckt er mir entgegen ich benenne sie und erzähle ihm etwas über den Gegenstand. Worauf er den Gegenstand neuerlich inspiziert. Irritierend ist j, dass er z.B. der Aufforderung „Noah komm zu Mama“ folge leistet, bitte ich ihn jedoch einen Gegenstand mit dem er gerade spielt zu bringen, schaut er mich an, weiter erfolgt keine Reaktion. Von allen Ärzten wurde er bislang als freundliches, lebhaftes und sehr aufmerksames Kind beschrieben. Lt. SPZ hatte er mit 13 ½ Monaten folgenden Entwicklungsstand: Motorik: 9. Monat Persönlich/Sozial: 10. Monat Hören/Sprechen 8. Monat Das SPZ sprach eine Empfehlung für Frühförderung aus um die Feinmotorik zu fördern. Bislang habe ich das Angebot jedoch nicht genutzt. In einer ihrer Antworten erwähnten sie, dass im Bereich Feinmotorik häufig keine Frühförderung nötig ist sondern sehr gut von den Eltern selbst gemacht werden kann. Können sie mir hierzu Tipps geben? Wie können wir den Spracherwerb fördern? Ist er aufgrund der ZKS zu sehr mit der motorischen Entwicklung beschäftigt? Bitte entschuldigen sie den umfangreichen Text, doch ich wollte ihnen möglichst viele Infos geben. Vorab vielen Dank für ihre Antwort. Mit freundlichen Grüßen Ingrid

Mitglied inaktiv - 27.01.2004, 12:04



Antwort auf: Spracherwerb

Ich denke, dass die (leichte) Retardierung der Sprache im Rahmen der übrigen Retardierung liegt und insofern nicht besorgniserregend ist. Das "Noah" und "Mama" eine deutlichere Signalwirkung haben als die Bezeichnung eines Gegenstandes, finde ich normal. Wichtig für die Sprachförderung ist das aufmerksame regelmäßige Gespräch zwischen Noah und Ihnen. Ähnliches gilt für die Entwicklung der Feinmotorik, wo gemeinsames Spiel mit unterschiedlichen Gegenständen (auch durchaus aus dem täglichen Gebrauch)förderlich ist - Gegenstände unterschiedlicher Größe, Konsistenz und Oberfläche. Die Entwicklungsstränge für Grob-, Fein- und Sprachmotorik kann man nicht trennen. Sie beeinflussen und fördern sich gegenseitig. So erleichtert z.B. das Laufen das Aufsuchen verschiedener Gegenstände, was wiederum die Erkenntnisbreite vergrößert, wodurch im folgneden die Motrivation für sprachliche Benennungen steigt. Natürlich muß man auch Lernerschöpfungen beachten. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig in kurzen Blöcken zu lernen.

von Prof. Dr. med. Gerhard Jorch am 29.01.2004