Ein weiteres Thema für eine Doktorarbeit :-)

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch Frage an Prof. Dr. med. Gerhard Jorch Kinderarzt und Neonatologe

Frage: Ein weiteres Thema für eine Doktorarbeit :-)

Hallo, habe eben mit grossem Interesse Ihren Bericht zu dem Gewichtsunterschied der zeieiigen Twins gelesen. Wenn 10 g Fett also 50 % Wasser enthalten, dann sind es sozusagen *nur* noch 5 g Fett ? Oder ? Warum spricht man dann von 10 g Fett ? Oder soll man das so interpretieren, dass Fett sich Wasser zusammensetzt ? Sicherlich so zu verstehe, da Sie ja von Fettgewebe sprechen..und im Gewebe ist ja immer Wasser. Das ist aber alles sehr interessant. Wenn man nun als Mutter das *Pech* hat, dass das Appetittzentrum des Kindes ein höheres Gewicht für optimal erklärt, dann kann man mit Kalorienrechnen sicherlich nicht sehr viel erreichen, da das Kind solange wohl Hunger zu haben scheint, bis das Signal vom Appetittzentrum kommt...*nun ist genug*. Ja, wie kann man das Appetittzentrum dazu bringen ein kleineres Gewicht an Stelle des zu hohen Gewichtes als das Optimale zu nennen ? gruss

Mitglied inaktiv - 07.11.2001, 13:46



Antwort auf: Ein weiteres Thema für eine Doktorarbeit :-)

Sie haben alles richtig verstanden = Kluge Mutter! Das Forum zeigt mir, daß die Themen (1) Ernährung (2) Entwicklung eine dominierende Rolle in den Sorgen der Eltern spielen. Der Stellenwert des Themas Ernährung hat mich als zugegebenermaßen klinisch geprägten Kinderarzt doch etwas überrascht. Denn wir Neonatologen sehen eher die Lunge und das Gehirn als Problemorganebei Frühgeborenen. Da die Mutter meiner 6 Kinder jedes Kind 1 Jahr (und länger) gestillt hat, habe ich auch privat die Brisanz der Nahrungszufuhr nicht mitbekommen. Ich glaube indes, daß in der Tat das Appetitzentrum der Kinder eine dominierende Rolle spielt. Der Körper weiß eben selbst was er braucht und bewältigt. Und er bewältigt bei vielen Frühgeborenen eben weniger als bei Reifgeborenen, in Ausnahmefällen aber auch mehr. Die Frage ist ja, woran man eine "optimale" Ernährung festmachen soll: 1. Muttermilchstandard (Menge und Zusammensetzung der Muttermilch): Meines Erachtens zu vordergründig, da Frühgeborene ja von der "Natur" eigentlich nicht vorgesehen sind. 2. Wachstumsnormalkurven (Perzentilen): Auch vordergründig, da sie sich ja auf normale Reifgebornee beziehen. 3. Am besten wäre es die optimale Ernährung so zu definieren, daß das die Nahrung ist, die mit dem besten Endergebnis (20 Jahre später) bezüglich Lebensglück und Lebenstüchtigkeit verbunden ist. Dies ist aber wissenschaftlich nur in Langzeitstudien und sehr aufwändig zu ermitteln. Immerhin gibt es Ansätze in diese Richtung. So zeigte der englische Forscher Lucas, daß weniger Gewichtswachstum langfristig sogar mit besserer Gesundheit gekoppelt sein kann. So, jetzt habe ich mich auf eine etwas spekulative Diskussion eingelassen. Ich möchte Ihnen dadurch aber nur andeuten, was mir bei der Beantwortung der Fragen so durch den Kopf geht.

von Prof. Dr. med. Gerhard Jorch am 07.11.2001