Rückzug bei Besuch der Großeltern

Hallo Frau Henkes, mich treibt seit einiger Zeit eine Frage um und ich hätte dazu gern ihre Einschätzung. Meine Tochter ist 6 und ein aufgewecktes, liebevolles Kind. Sie hatte schon als kleines Kind regelmäßig  Umgang mit meinen Eltern, die sie 1 Tag pro Woche betreut haben, während mein Mann und ich arbeiten waren. Meine Eltern sind sehr liebevoll und kümmern sich sehr gut um sie, versuchen ihr alles Recht zu machen. Nun ist es so, dass sie sich seit einiger Zeit, bestimmt schon seit über einem halben Jahr sehr zurückzieht, wenn meine Eltern kommen. Da ich Elternzeit hatte (wir haben noch ein Kind bekommen) und jetzt im Home Office arbeite, bekomme ich das genau mit. Sie verschwindet nach kurzer Zeit in ihrem Zimmer und ist dann müde und möchte ihre Ruhe. Zum Essen kommt sie raus und reagiert auf Fragen meiner Eltern abweisend oder abwesend. Selbst solche Feststellungen wie "Es schmeckt Dir aber gut!" führen zu einem beleidigten weggucken oder Fragen wie "wie war es denn gestern beim Schwimmen?" zu gar keiner Reaktion und wenn ich dann nachfrage, sagt sie, sie hätte die Frage nicht verstanden. Streit ist keiner vorgefallen. Meine Eltern haben anfangs vermutet, dass sie eifersüchtig ist, da sie ja nun auch mit meinem Sohn spielen und haben ihr noch mehr Aufmerksamkeit gegeben. Das schien aber auch nicht zu helfen. Kann es sein, dass die Aufmerksamkeit und Freundlichkeit meiner Eltern (viel loben, animieren (sollen wir etwas vorlesen, kochen, basteln, etc) einfach zu viel ist? Kann es die Aufmerksamkeit sein, die sie so sehr stresst, dass sie sich sofort zurückzieht und Aussagen wie "Du siehst aber schick aus in dem neuen Kleid" für sie als Übergriffig wahrgenommen werden?  Ich kann es mir wirklich nicht erklären. Und da es mir so leid tut und ich mich ehrlich gesagt etwas für das Verhalten meiner Tochter schäme, bin ich manchmal drauf und dran Druck auszuüben und ihr zu sagen, dass sie sich bitte ordentlich benehmen soll, Hallo sagen, dazu setzen und zumindest kurz auf Fragen antworten. Aber das erscheint mir auch nicht richtig ;)  Sie selbst hat keinen Ansatz, was meine Eltern besser machen sollen. Sie ist auch nicht eifersüchtig, ärgert sich nicht über sie und meint, dass sie einfach nur müde ist und ihre Ruhe braucht.  Wie kommen wir aus dieser Spirale raus? Was läuft falsch? Stresst sie die Aufmerksamkeit meiner Eltern so, dass sie sich müde und ruhebedürftig fühlt? Wenn z.B Freunde von uns zu Besuch sind, kann sie gar nicht genug um sie herum sein und ist sehr gesellig.    Danke für ihren Rat! Viele Grüße , Jupiter

von Jupiter am 13.01.2022, 17:01

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Antwort auf: Rückzug bei Besuch der Großeltern

Guten Tag, Sie sollten das Verhalten Ihrer Tochter akzeptieren, was auch immer die Gründe für diese Verhaltensänderung sein mögen. Egal, ob zwischen Ihrer Tochter und den Großeltern etwas vorgefallen ist, ob Geschwisterrivalität hier eine Rolle spielt, ein Zuviel an Zuwendung oder etwas anderes, Ihre Tochter sollte sich zurückziehen oder abwenden dürfen. Allerdings sollte sie dafür keine besondere Aufmerksamkeit bekommen. Kinder haben ein gutes Gespür dafür, wenn Erwachsene sich ihnen anbiedern wollen. Sie merken das an den Reaktionen auf die Komplimente der Großeltern. Damit erreicht man Ihre Tochter nicht. Es wäre sicherlich sinnvoll, das Gespräch mit Ihren Eltern zu suchen, damit diese das Verhalten Ihrer Tochter besser akzeptieren können. Die Großeltern sollten die Aufmerksamkeit Ihrer Tochter nicht mit allen Mitteln zu erreichen suchen. Natürlich ist so eine distanzierte Haltung oft kränkend. Aber wenn die Erwachsenen das akzeptieren und abwarten können, dann wird Ihre Tochter sich von alleine wieder auf die Großeltern zubewegen. Sie stehen zwischen Ihrer Tochter und Ihren Eltern. Aber Sie brauchen sich für das Verhalten Ihrer Tochter nicht zu schämen. Ihre Tochter und Sie haben unterschiedliche Gefühle und das sollte auch so sein dürfen. Etwas anderes ist die Frage der Höflichkeitserziehung. Wenn Sie möchten, dass in Ihrem Haus alle Gäste höflich begrüßt werden, können Sie Ihre Tochter dazu ruhig anhalten. Da geht es dann nicht um eine Äußerung der Zuwendung sondern um eine Form von Respekt, den Sie von Ihrer Tochter mit sechs Jahren schon erwarten dürfen.               Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes             

von Ingrid Henkes am 14.01.2022

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