Wutmonster

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Wutmonster

Lieber Dr.Nohr, wie am Besten umgehen mit einem kleinen Wüterich? Bei unserem Sohn 3,5 Jahre handelt sich aktuell um ein hochexplosives Pulverfass. Die kleinste Kleinigkeit (bspw. etwas gelingt nicht, Spielzeug ist nicht in der richtigen Art oder Anzahl vorhanden, es gibt nicht sein Wunschgericht nachdem es das bereits die letzten drei Tage gab, usw.) reicht aus, um ihn vollkommen aus der Fassung zu bringen. Er schreit, weint, kreischt. Ansprache verschlimmert den Anfall, angefasst werden möchte er auch nicht. So sitz ich meist daneben, lasse mich anschreien, sage ihm allerdings, dass ich das nicht möchte und warte, dass es vorüber geht, was auch gerne mal 30 Minuten dauern kann. Danach kommt er entweder von sich aus oder ich probiere ihn hochzunehmen, was er dann auch zulässt. Haben wir in der Vergangenheit einen Fehler gemacht indem wir so gut wie immer versucht haben seine Bedürfnisse und Wünsche direkt zu befriedigen? Wie helfen wir ihm am besten in der Situation? Insbesondere nach Krankheit finde ich diese „Anfälle“ vermehrt auftretend? Gibt es dafür eine Erklärung? Ist das Verhalten altersgemäß? Vielen vielen Dank für Ihre großartige Arbeit hier.

von Knopf2016 am 21.11.2019, 09:08



Antwort auf: Wutmonster

Hallo, Impulskontrolle ist etwas, was Viele mühsam lernen müssen (und manche nur bedingt lernen, wie wir das bei uns Erwachsenen sehen). Ich habe das Gefühl, dass solche Phasen besonders heftig in einer Entwicklungszeit sind, wo Anspruch und Wirklichkeit, Können und Wollen, ziemlich (zu) weit auseinanderliegen. (Dazu passt Ihre Beobachtung nach Krankheiten) Das ist für die Kinder dann schlecht zu integrieren, sie sind selbst sehr unglücklich darüber und das Anschreien ist der Versuch, diese aggresive Energie bei Anderen loszuweren, und nicht gegen sich selbst richten zu müssen. Das ist also nicht gegen Sie gerichtet, aber Sie sind Jemand, der es aushält. Man sollte die Kinder für dieses Verhalten nicht kränken oder abwerten, aber man kann sich schon deutlich davon abgrenzen. Die Kinder wegzuschicken hilft nicht (schadet aber der Beziehung), weil sie ja gerade jemanden brauchen, den sie "beschuldigen" können. Also machen Sie das m.E. ganz richtig. Zusätzlich würde ich in ruhigen Phasen mit ihm darüber sprechen wie das wirkt und hören, wie er das erlebt usw.. Nicht erwartend, dass das schon umgesetzt werden kann ("wir haben das doch besprochen"), sondern dass es ein Mosaikstein beim Lernen ist, und lernen braucht immer Zeit. Und dann kommen wieder andere Zeiten. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 21.11.2019