Hallo Herr Dr. Nohr,
in den letzten ca. 2 Wochen fällt mir auf, dass sich mein 4jähriger Sohn zunehmend unfreundlich verhält. D.h. er reagiert verbal sehr barsch und laut, wenn ihm etwas nicht gefällt oder er etwas einfordern will, sozusagen im Befehlston schreiend. Hinzu kommen neuerdings auch Beleidigungen. Ich spreche selbst nicht so mit ihm. Das sogenannte Trotzverhalten ist mir nicht neu, denn mein Sohn hat einen starken Willen, lässt aber auch schon recht gut mit sich reden. Aber diese explizite Unfreundlichkeit ist mir neu.
Daneben fällt mir auf, dass er in der letzten Zeit vermehrt Sorgen äußert, dass etwa die Erzieherinnen in der Kita schlecht über ihn denken könnten (was m. Wissens nicht der Fall ist). Sein Selbstwertgefühl könnte etwas besser sein.
Anlass der oben beschriebenen Veränderung könnte sein, dass sein von uns getrennt lebender Vater bei seinem letzten Besuchstermin überraschend nicht erschienen ist und sich dafür weder entschuldigt noch dies für ein Kind nachvollziehbar begründet hat.
Ich mache mir Sorgen, dass er aktuell in eine depressive Phase gleitet. Kann dies - trotz normalem Essen, Schlafen etc. - zutreffen?
Oder könnte es sich auch um eine Verhaltensänderung, die mit der Entwicklung/dem Altern zusammenhängt (er ist gerade 4 Jahre alt geworden), handeln?
Herzlichen Dank und Gruß
nnmm
Mitglied inaktiv - 06.06.2019, 23:21
Antwort auf:
Wie ist die Stimmung von meinem 4jährigem Sohn einzuordnen?
Hallo,
es gibt viele mögliche Gründe für das veränderte Verhalten Ihres Sohnes.
Sowohl die Sorge um das Wohlwollen der Erzieherinnen, als auch die Frage, wie wichtig bin ich meinem Vater, bewirken eher Wohlverhalten an diesen Stellen. Diese Sorgen und die daraus folgende Zurückhaltung stärken nicht gerade sein Selbst-Wert-Gefühl. Vor allem die idealisierten fernen Väter werden oft mit Ärger und Zorn verschont. Es gibt also nur wenige Plätze, an denen auch seine "aggressiven Bedürfnisse" Platz finden. Da Sie die sicherste und belastbarste Person sind, traut er Ihnen am ehesten zu, das auszuhalten. Es kann auch sein, dass er Ihnen unbewusst die Schuld daran gibt, dass der Vater nicht da ist.
All das will sagen, dass die Situation für Ihren Sohn seelisch nicht einfach ist.
Auf diesem Hintergrund wäre es hilfreich, wenn Ihr Verhalten wohlwollend klar sein könnte, Sie also sein Verhalten nicht zu "persönlich" nehmen. Das bedeutet nicht, alles zu akzeptieren. Es ist sogar wichtig, dass Sie begrenzen und deutlich machen, was nicht geht. Aber liebevoll klar und nicht kränkend oder entwertend. Es geht also darum Linien vorzugeben, aber respektvoll zu bleiben.
Und dann ist es hilfreich, ihm Räume/Zeit zu geben, in denen er verbalisieren/ausdrücken kann, was ihn belastet (Bettzeit). Verstehen hilft beiden.
Dr.Ludger Nohr
von
Dr. med. Ludger Nohr
am 07.06.2019
Antwort auf:
Wie ist die Stimmung von meinem 4jährigem Sohn einzuordnen?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Die Gespräche abends haben wir, mein Sohn erzählt meist schon von sich aus, wie es ihm im Kindergarten ergangen ist und berichtet von konkreten Situationen.
Ich war erstmal etwas erschrocken von der Verhaltensänderung. Inzwischen scheint es sich aber wieder zu legen - gerade da wir ihn immer wieder ruhig darauf hingewiesen haben, dass wir diesen Umgang mit uns nicht wollen - wie Sie ja auch empfohlen haben.
Mein langjähriger bester Freund, eigentlich die neben mir wichtigste Bezugsperson für meinen Sohn, ist neben mir auch davon betroffen gewesen, so dass ich annehme, dass keine versteckte Wut speziell mir gegenüber im Hintergrund des Verhaltens stand.
Anscheinend ist es im Kindergarten gerade "in" so schrill zu sein, wie mein Sohn inzwischen auf Nachfragen hin gesagt hat.
Mitglied inaktiv - 11.06.2019, 12:33
