Urvertrauen verloren?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Urvertrauen verloren?

Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, ich mache mir Sorgen um das Urvertrauen meines Sohnes (7M). Nach sorgenreicher Schwangerschaft, Sectio konnte ich ihn lange nicht stillen, Schnuller abgelehnt. Beim Übergang von Flasche zu Brust (4. Monat) wurde er oft nicht satt, lehnte die Flasche aber ab, schlief ein ohne sich beruhigen zu lassen. Seit der Geburt musste er oft weinen, haben Hungersignale nicht gehört und Flasche machen dauerte.Schlief dann schreiend ein. Hatte viele Untersuchungen, bei denen wir nicht trösten konnten. Auch Einschlafen nur mit Weinen. Habe ihn dann im Kinderwagen gefahren, weil mir nicht bewusst war, dass auch das das Urvertrauen schon schädigen kann. In der Obhut der Schwiegereltern wurde er schreien gelassen, was wir nicht wussten. Mache mir nun große Sorgen um ihn und bin für eine Einschätzung dankbar.

von Jojomama84 am 23.03.2020, 07:45



Antwort auf: Urvertrauen verloren?

Hallo, sicher war das kein idealer Start für eine gute Bindungserfahrung Ihres Kindes. Wir wissen aber heute, dass auch nach schwierigen Erfahrungen noch eine stabile Beziehung erstellt werden kann. Wichtig ist also, was Sie jetzt tun können, um Ihrem Kind mehr Vertrauen in seine Umwelt zu ermöglichen. Das beginnt mit dem Wahrnehmen der Bedürfnisse Ihres Kindes. Das ist vor allem die Erfahrung der Nähe des Bezugsperson durch körperlichen Kontakt, Geruch und Stimme. Je mehr Sie ein annehmendes Gegenüber sein können, sich einstimmen können auf das Erleben des Kindes, desto mehr wird es Sie als vertraute Bezugsperson wahr- und annehmen. "Bedürfnisorientiert" ist nur ein Wort, beschreibt aber vielleicht ein bißchen, worum es in der Anfangszeit eines Lebens besonders geht. Wenn Sie also eine solche Beziehung des Vertrauens, der Verlässlichkeit und Zuneigung aufbauen können, dann kann auch jetzt noch eine hinreichend gute Bindungserfahrung ermöglicht werden. Es ist also nichts entgültig verpasst,sondern es kann Einiges, je früher umso mehr, aufgeholt werden. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 23.03.2020



Antwort auf: Urvertrauen verloren?

Hallo, wenn Du folgende Seiten noch nicht kennst, dann hilft Dir vielleicht auch das Lesen von Artikeln dort (beides Seiten, die sich für bedürfnis- und bindungsorientierte Erziehung einsetzen): https://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/p/stichwortverzeichnis.html?m=1 (auch kostenloser Podcast und Bücher) https://geborgen-wachsen.de/ (auch Bücher erhältlich) Ich habe dort schon so viel Hilfreiches gefunden, ob über Schlafen, Essen, Signale, Bindung, ... Dir viel Erfolg und Spaß beim Ausbau Eurer Bindung, sei es durch Tragen, viel Körperkontakt, Singen, gemeinsames Spielen, Beachten von Signalen, keine strikten Schlafenszeit-/Essenspläne etc. (und wohl nicht mehr alleine bei den Schwiegereltern lassen, wenn das möglich ist!). Viele Grüße!

von Curcuma am 23.03.2020, 14:05



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