Frage: Ständige Machtspiele

Liebe Experten Gerne wende ich mich nun an Sie. Zum einen empfinde ich das so, dass mein 2 jähriger Sohn sehr willensstark ist bzw. relativ wenig folgt. Hierzu Beispiele aus dem Alltag: - Er soll seine Schuhe bringen, macht es nicht. Diskussion. Er schreit. Ich gebe nach und hole ihm die Schuhe. - Er soll sein Auto an den Platz legen, macht es nicht. Diskussion. - Er soll nach dem Töpfchen die Hosen hochziehen. Macht es nicht. Diskussion. Ich gebe nach, lasse ihn, er hüpft rum und macht „Party“. - Er soll mit meiner Hilfe die Socken ausziehen, macht es nicht. Diskussion. Er hüpft auf dem Bett rum. Das sind kleine Beispiele, aber so läuft es gefühlt den ganzen Tag ab. Es gibt von 10 Situationen vielleicht 1 Moment, in denen er sich kooperativ zeigt. Mittlerweile bin ich an dem Punkt an dem ich ihm sage: „So jetzt bringst du deine Schuhe hierher oder das Auto in deiner Hand kommt weg.“ Erst dann folgt er und wiederholt dann immer wieder: Das Auto kommt weg, wenn ich die Schuhe nicht hole. Meine Frage: Ist meine Drohung/ Konsequenz richtig? Oder wie soll ich mit der Situation umgehen, wenn er praktisch nichts befolgt? Ich habe das Gefühl er macht ständige Machtspiele oder möchte die Grenzen austesten - ich weiss nicht wie darauf reagieren. Es ist nur so anstrengend.

von Aghlp am 10.12.2020, 08:00



Antwort auf: Ständige Machtspiele

Guten Tag, meines Erachtens geht es bei Ihrer Frage um verschiedene Dinge. Zunächst mal halte ich Drohungen - erst recht bei sehr jungen Kindern - immer für schwierig. In diesem Alter fehlt noch völlig die Einsicht in Ursache und Wirkung. Soweit ist das Denkvermögen noch nicht entwickelt. Man gerät dann ganz schnell in eine Spirale, in der die Drohungen immer gesteigert werden müssen und das kann nicht sinnvoll sein, weder für Ihren Sohn, noch für Sie und Ihrer beider Beziehung. Konsequenz ist bei Kindern durchaus angebracht, weil sie als Mutter dadurch für das Kind verläßlich werden. Sie meinen, was Sie sagen. Aber sie muss natürlich bei jungen Kindern dosiert werden. Vor allem aber muss die Konsequenz erfolgen, wenn das Kind Sachen nicht macht, die es eigentlich schon sicher machen kann. Sie schreiben, dass Ihr Sohn sich nicht kooperativ zeigt. Das kann er auch noch nicht. Er weiß gar nicht, worum es dabei geht. In diesem Alter erledigen Kinder Dinge meist den Eltern zuliebe und nicht weil sie eine Notwendigkeit einsehen können. Ihr Sohn kann auch noch nicht wissen, dass Sie viel zu tun haben und daher seine Mithilfe erwünscht ist. Er ist noch zu klein, um derartige Zusammenhänge zu verstehen. Er kann darüber auch noch nicht diskutieren. Möglicherweise ist er mit einigen Ihrer Forderungen schlicht überfordert. Er dreht das dann in "Party"-Situationen um. Auch Zweijährige haben oft schon die Erfahrung gemacht, dass sie durch Quatsch machen eine Situation entschärfen können. Zum anderen ist es so, dass Ihr Sohn mit seinen zwei Jahren in einer Phase ist, die gerne auch Trotzphase genannt wird. Sie hat aber weniger mit Trotz zu tun als mit dem entwicklungspsychologisch angemessenen Versuch, sich von den Eltern etwas zu lösen, indem man seinen eigenen Willen erprobt und ihn gegen andere einsetzt. So lernt das Kind u.a. zwischen sich und anderen zu unterscheiden. Das hat auch etwas mit Macht zu tun und verhilft den Kindern in diesem Alter zu kurzfristigen großartigen Machtgefühlen. Die brauchen sie auch für ihre Entwicklung. Die Erfahrung selber etwas bewirken zu können und nicht nur klein und abhängig zu sein, ist für eine stabile Selbstentwicklung sehr bedeutsam. Daher ist es wichtig, dass die Kinder immer mal wieder ihren Willen auch durchsetzen dürfen. Das muss natürlich gut ausgelotet werden, denn es geht auch um Grenzen. Ein Zweijähriger muss lernen, dass nicht alles geht und er sich an Ihren Vorgaben orientieren muss. Dabei hilft es, wenn es nur wenige Vorgaben sind. Dann ist Ihr Sohn nicht überfordert. Sie geraten möglicherweise auch weniger in Stress, weil Sie nicht ständig gegen Widerstand angehen müssen. Eine Forderung nicht zu stellen kann durchaus mal sinnvoller sein, als danach um deren Ausführung kämpfen zu müssen. Viele Situationen kann man auch spielerisch lösen oder die gewünschte Aufgabe zusammen mit dem Kind erledigen. Wichtig wäre aus meiner Sicht also, dass Ihr Sohn nur wenige einfache Dinge befolgen muss, dass Sie ihm dabei helfen, einzuüben, was Sie von ihm erwarten und dann auch, dass Sie ihn sehr loben, wenn er etwas geschafft hat. Sie haben allerdings völlig recht, es ist eine sehr anstrengende Phase. Da hilft es oft, wenn man es sich selbst nicht zu schwer macht, indem man es dem Kind etwas leichter macht. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 10.12.2020



Antwort auf: Ständige Machtspiele

Also um mal ehrlich zu sein, der Kleine ist 2... Natürlich kann man seinem Kind in diesem Alter kleine Aufgaben stellen oder geben mit Hilfe. Aber a finde ich es schon viel was du da von ihm verlangst und natürlich schaut der junge mann wie weit er gehen kann und da du immer inkonsequent bist, hat er es schnell raus das die Mama es ja eh dann macht.... Man muss einen altersgerechte gemeinsamen weg finden

von Miahailey13 am 10.12.2020, 08:53



Antwort auf: Ständige Machtspiele

Hallo, meine Tochter ist 2,5 Jahre und bei uns geht es auch so. Der ganze Tag ist ein Kampf und es ist sehr anstrengend. Ich gerate immer öfters in "wenn-dann"-Diskussionen, obwohl ich das gar nicht möchte. Aber so langsam bin ich auch mit meinem Latein am Ende. Werde auch öfters laut, was ich auch immer sofort wieder bereue. Würde mich auch über Lösungsansätze freuen. Lg

von Iris_ am 10.12.2020, 13:23



Antwort auf: Ständige Machtspiele

Aha...interessant..ich denke schon, dass man von einem 2 jährigen Kind verlangen kann, die Schuhe zu bringen. Es ist für dich auch leicht, aus der Ferne zu urteilen. Aber wenn von 10 Situationen eine befolgt wird...u das den ganzen Tag so geht...dann zerrt das an den Nerven. Vor allem wenn man sieht, wie andere das machen. Du sprichst von Inkonsequenz u andererseits von zu viel erwarten. Ja was denn nun? Für dich ist es einfach, weil du wahrscheinlich eine ganz andere Situation hattest. Aber für Eltern, die den GANZEN TAG in solche Machtspiele verwickelt werden, ist das echt anstrengend.

von Aghlp am 10.12.2020, 15:14



Antwort auf: Ständige Machtspiele

Hallo, Frau Henkes hat Dir ja schon eine tolle Antwort gegeben. Wenn Du noch einen Buchtipp gebrauchen kannst, dann empfehle ich „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn“. Dort wird einerseits erklärt, warum die Kinder gar nicht anders können, andererseits anhand vieler Beispiele gezeigt, wie man mit diesem Autonomiebestreben umgehen kann, ohne in die „Wenn, dann“-Falle zu geraten. Auf dem dazugehörigen Blog gibt es auch viel Interessantes zu lesen: https://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/p/stichwortverzeichnis.html?m=1 Noch eine Anmerkung von mir, die ich mal hier im Forum gelesen habe (ähnlich zu dem, was Frau Henkes sagt): Jemand schrieb mal, dass es mit dem Kind viel besser klappe, seit es seinen Willen bei „unwichtigen“ Dingen bekäme (man „verzieht“ damit ja nicht ein kleines Kind, sondern stärkt es sogar). Seitdem wäre es viel kooperativer bei den (wenigen) wichtigen Dingen, bei denen es z. B. aus Sicherheitsgründen das tun muss, was die Mama sagt. Man solle sich halt Gedanken machen, ob das Durchboxen bestimmter Dinge dem Kind/einem selber wirklich hilft oder ob man es nur des eigenen Egos willen macht, „um sich nicht vom Kind auf der Nase rumtanzen zu lassen“ (was einem andere gerne einreden wollen. Wie Frau Henkes erläutert, wird das Verhalten des Kindes damit aber völlig falsch interpretiert). Fand ich einen interessanten Denkanstoß. :) Viele Grüße!

von Curcuma am 11.12.2020, 02:29



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