Sollte sie zum Ki-Psychologen?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Sollte sie zum Ki-Psychologen?

Hallo Herr Dr. Nohr, mich beschäftigt die o.g. Frage. Kurz zur Vorgeschichte: Mein Exmann hat mich in der SSW verlassen. Ich hatte dadurch eine sehr stressige SSW und Geburt. Meine Tochter kam 01/19 zur Welt. Bis 05/19 war sie ein ruhiges Baby. Danach kam die erste große OP an der Niere. Ich durfte sie eine Woche lang nicht auf den Arm nehmen. Auch nicht zum Stillen. Im Laufe des Jahres lag sie 6 mal im Krankenhaus. Meistens für eine Woche. In dieser Woche wurde sie häufig von mir getrennt. Selbst wenn ich mir was zu Essen holen wollte, musste ich sie schreiend und kreischend bei der Krankenschwester zurück lassen. Seitdem ist sie kein ruhiges Kind mehr. Sie schläft sehr schlecht. Sie kann sich selbst nicht beruhigen und schreit bis sie sich übergibt. Und das nicht erst nach einigen Minuten, sondern sie ist umgehend auf 180 ohne Steigerung. Dazu kommt natürlich auch, dass ihr Vater sie immer wieder von mir trennt. In ihrem ersten Lebensjahr passierte das oft gegen ihren Willen. Sie hat bitterlich geweint, aber er hat sie trotzdem mitgenommen. Mittlerweile ist sie 2 und freut sich über seinen Besuch. Sie hat bereits 2 mal bei ihm geschlafen, doch die Tage danach sind für mich erneut anstrengend und mit deutlich weniger Schlaf verbunden. Sie klammert mehr, Wacht mehrmals weinend auf und braucht manchmal eine Stunde, bis sie sich beruhigt hat. Ich frage mich daher, ob sie traumatisiert ist und evtl. Hilfe benötigt.

von Mama aus A. am 04.01.2021, 00:19



Antwort auf: Sollte sie zum Ki-Psychologen?

Hallo, ich habe diese Frage beantwortet, die Antwort taucht hier aber nicht auf. Ist sie bei Ihnen angekommen? Wenn nicht, würde ich nochmal antworten. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 05.01.2021



Antwort auf: Sollte sie zum Ki-Psychologen?

Ich möchte dies gerne noch ergänzen: Bisher hat sich meine Tochter super entwickelt. Sie ist sprachlich sehr weit, zählt schon bis 10 und ist mutig und aufgeschlossen. Ich selber empfinde sie als sehr stark, aber auch sehr fordernd. Manchmal überrumpelt sie mich etwas mit ihrer Art, sodass ich unsicher werde und nicht weiß, wie ich nun am besten auf ihr Verhalten reagiere. Es ist manchmal sehr schwer, gegen sie anzukommen und die gesetzte Grenze durchzusetzen. Weil sie sich oftmals so in Rage schreit, wütend ist und auch haut, dass ich eher nachgebe. Doch ich möchte keineswegs, dass aus ihr ein kleiner Tyrann wird. Davor habe ich Angst. Ich war ein sehr ruhiges Kind. Habe viel alleine gespielt und war eher schnell eingeschüchtert. Sie ist genau das Gegenteil. Daher weiß ich manchmal einfach nicht, wie ich mit ihrem Frust umgehen soll. Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Zeit und Ihre Antwort im Voraus.

von Mama aus A. am 04.01.2021, 11:29



Antwort auf: Sollte sie zum Ki-Psychologen?

Hallo Herr Dr. Nohr, mir wird die Antwort leider auch nicht angezeigt. Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie erneut auf meine Frage eingehen könnten. Vielen Dank im Voraus!

von Mama aus A. am 05.01.2021, 12:14



Antwort auf: Sollte sie zum Ki-Psychologen?

Hallo, ein zweiter Anlauf. Aus Ihrer Beschreibung wird für mich deutlich, dass Ihre Tochter in ihrem kurzen Leben schon viele sehr belastende Situationen/Trennungen aushalten musste. Da war das Verhalten des Vaters sicher nicht hilfreich, auch wenn es sich jetzt äußerlich beruhigt hat. Es hat Ihre Tochter ja auf einer bestimmten Ebene "stark" gemacht, aber man muß davon ausgehen, dass diese Erfahrungen seelisch abgespeichert sind und ihre Wirkung hatten und haben. Wie geht man nun damit um, da sie ja auf der Verhaltensebene eher stark wirkt und die Bedürftigkeit sich in anderen Belastungssituationen zeigt? Zum Einen glaube ich, dass im Augenblick die beste Hilfe von den primären Bezugspersonen nötig und möglich ist. Es gilt ihr die Erfahrung zu vermitteln, dass sie geschützt ist, vertrauen kann und sich jederzeit auf die Eltern verlassen kann. Das ist eine langfristige Aufgabe, da innerseelisch noch lange die Gefahr der Trennung präsent sein wird. Dafür ist es hilfreich, wenn sich die Eltern kooperativ verhalten und nicht den Beziehungsfrust über das Kind austragen. Im Moment würde ich also sagen, dass therapeutische Hilfe für das Kind nicht ansteht. Allerdings kann es gut sein (und das rate ich oft), dass die Eltern sich Hilfe für diese Fragen holen, um wirklich kooperativ und gemeinsam an dieser Frage handeln zu können, und das nicht alleine abhandeln müssen. Das geht z.B. in Familienberatungsstellen oder bei ProFamilia kostenlos (und ist auch alleine möglich). Dies ist umso einfacher, wenn es nicht (mehr) um Schuld geht, keine Vorwürfe nötig sind, sondern gemeinsam daran gearbeitet wird, was für Ihr Kind nach diesem schwierigen Start gut ist. Viel Erfolg dabei. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 05.01.2021