Hallo Frau Henkes,
mein Sohn wurde vor kurzem 3. Ich habe Ihnen im Herbst schon mal geschrieben als wir mit der Schnullerfee gescheitert sind und ihm den Schnuller nachts zurück gegeben haben.
Nun ist vor 2 Wochen der Schnuller kaputt gegangen (durchgebissen) und wir haben ihn nicht ersetzt sondern ihm erklärt, dass es diesen Schnuller nicht mehr zu kaufen gibt und dass so ein Schnuller wenn man alle Zähne hat und schon "so groß ist" irgendwann kaputt geht. Er hat in dieser Nacht stundenlang gebrüllt, wir haben ihn ruhig versucht zu beruhigen. Den kaputten Schnuller will er nicht hergeben/eintauschen. Er versucht das verbliebene Saugteil im Mund zu behalten und läuft ständig mit dem kaputten Ding rum. Er hat ständig Wutanfälle von morgens bis abends und ist ständig angespannt. Ob das nur mit dem Schnuller zusammen hängt ist fraglich.
Was sollen wir nur tun? Sollen wir den kaputten Schnuller gegen seinen Willen wegwerfen oder ihm diesen weiterhin überlassen? Natürlich erinnert das kaputte Teil ihn ständig an den Verlust.
Schaden wir ihm sehr mit dem "Schnullerentzug", da er ja offensichtlich nicht bereit ist? Nach unserer Inkonsequenz im Herbst sind wir völlig ratlos. Wir wollten einfach diese "natürliche" Chance des kaputt Gehens nutzen... Die Tage sind unerträglich, abends schläft er irgendwann erschöpft ein.
Vielen Dank!!!
von
Kastanie89
am 08.04.2021, 10:46
Antwort auf:
Schnuller abgewöhnen
Guten Tag,
mir scheint es auch fraglich, ob die häufigen Wutanfälle wirklich mit dem kaputten Schnuller zusammenhängen. Das würde ja bedeuten, dass Ihr Sohn sich gezielt vornimmt, den ganzen Tag wütend zu sein, weil sein Schnuller weg ist, solange bis Sie ihm einen neuen geben. Das ist so kaum vorstellbar.
Ihr Sohn ist in dem Alter, wo Kinder oft intensiv und heftig ihre Macht erproben und Grenzen testen. Auf diesem Gebiet müssen sie auch Erfahrungen sammeln, um ein stabiles Selbst zu entwickeln. Dazu gehört aber, dass die Kinder nicht nur ihre "Macht" ausleben (das auch) sondern im Gegenteil auch deren Begrenztheit und das Anpassen an Regeln, die die Eltern setzen, erfahren. Das sind schwierige Lernprozesse, die oft lange dauern, weil Frustrationstoleranz und Antizipation von Folgen des eigenen Tuns noch nicht sehr weit entwickelt sind.
Dreijährige können aber auch lernen, dass sie nicht die ganze Familie mit ihren Wutanfällen unter Druck setzen können, ohne dass es dafür Konsequenzen gibt.
Den Schnullertorso würde ich Ihrem Sohn lassen. Das ist für ihn besser als gar kein Schnuller. Den Verlust spürt er ja nicht über das, was er noch hat, sondern über das, was ihm fehlt. Begleiten Sie Ihren Sohn dabei. Für ihn ist es traurig und dafür können Sie Verständnis zeigen. Vielleicht findet er schnell ein Ersatzobjekt wie Daumen oder Kuscheltier.
Für Ihren Sohn ist es wichtig, dass er spürt, dass Sie zu Ihren Maßnahmen stehen, egal, was Sie nun beschließen. Sie können ihm einen neuen Schnuller kaufen, weil Sie die Situation nicht aushalten oder bei dem jetzigen Plan bleiben. Sie benötigen in jedem Fall die liebevolle Klarheit, die mein Kollege in nebenstehendem Text bespricht.
Dann können Sie für Ihren Sohn eindeutig, einschätzbar und verlässlich sein. Um was es dann genau geht, ist im Einzelfall oft gar nicht so wichtig.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.
Ingrid Henkes
von
Ingrid Henkes
am 08.04.2021