Regelschule oder Sprachheilschule?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Regelschule oder Sprachheilschule?

Lieber Herr Dr Nohr, Mein Sohn ist im Jan 5 Jahre alt geworden und kommt nach den Sommerferien in die Vorschule. Er ist ein sehr sensibles Kind, kann sich sehr lange alleine beschäftigen, hat sich selbst das rechnen beigebracht und liest jetzt mittlerweile auch. Das Interesse für zahlen hatte er schon immer das für Buchstaben kam als seine Schwester dieses Schuljahr eingeschult wurde. Nun zu meiner Sorge. Mein Sohn war Late talker, hat vom Wortschatz komplett aufgeholt aber seine Aussprache ist weit zurück. Er benutzt in der Alltagssprache seine Zungenspitze gar nicht wodurch er zeitweise selbst für mich sehr schwer zu verstehen ist. Wir sind seit er 3 ist in logopädischer Behandlung (dyslalie). Im Hinblick auf die Schule mache ich mir da natürlich meine Gedanken. Bei uns gibt es eine sprachheilschule in der „Nähe“. Allerdings habe ich Sorge was das mit ihm macht, wenn er nicht wie seine Schwester „normal“ in die Schule darf. Andererseits ist er sehr sensibel und überhaupt kein Draufgänger oder Raufbold. Er nimmt sich vieles sehr zu Herzen ist aber durch seine Sprache oft gehindert sich mitzuteilen oder reagiert dann mit Wut oder Rückzug. Ich habe daher Angst dass er in einer Regelschule bei großer klassengröße untergeht... Da er kognitiv extrem fit ist kann ich ihn auch nicht zurückstellen lassen. Im Kindergarten ist er gut integriert, hat seine festen Freunde,redet aber ungern vor der Gruppe.

von Eliana81 am 01.06.2020, 20:40



Antwort auf: Regelschule oder Sprachheilschule?

Hallo, das ist keine leichte Frage und ich kann Ihnen die Entscheidung auch nicht abnehmen. Was ich tun kann ist, einige Aspekte bei der Entscheidung anzusprechen. Sprachheilschulen sind heute gute Möglichkeiten, da sie einen Übertritt zur Regelschule gut möglich machen. Je nach Entwicklung kann das jährlich überdacht werden. Dadurch dass alle ein "Sprachproblem" haben, ist das kein Grund ausgegrenzt zu werden, was es für sensible Kinder erleichtert. Das ist je nach Ausprägung der Dyslalie ein wesentlicher Punkt. Wenn die Auffälligkeit stark ist, ist die Gefahr der Kränkung in der Regelschule größer und führt immer wieder zum deprimierten Rückzug. Allerdings kann es auch eine Kränkung sein, auf eine besondere Schule zu müssen und nicht wie die Schwester beschult zu werden. (Diese "Besonderheit" kann aber auch positiv wirken.) Wichtig ist auch, wie stark seine soziale Bindung an Freunde ist, die die Regelschule besuchen und wie stark ihn das stützen könnte. Auch wenn Ihr Sohn das nicht wirklich entscheiden kann, sind seine Vorstellungen davon und darüber doch wichtig einzubeziehen. Vor allem, wenn man ihm die jeweiligen Vorzüge und Nachteile realistisch vorstellt und das Gespräch offen führt. Sie haben ja noch etwas Zeit die Entwicklung zu beobachten und Ihr Sohn kann das auch noch gründlich wirken lassen. Am Ende ist es ein Gewichten von Mosaiksteinen , die Sie zu einer individuellen Lösung führen. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 02.06.2020