Frage: Perfektionsmus

Uns macht der Perfektionismus unserer 6jährigen Tochter Sorgen. Sie war schon immer sehr perfektionistisch und strukturiert (alles muss an Ort und Stelle sein, sortiert vieles nach Farbe und Größe). Die Schattenseite ist, dass sie Dinge, die sie nicht gut kann (z.B. zeichnen), sehr belasten und oft noch nicht mal probieren möchte. Eigentlich hatten wir den Eindruck, dass dies im Vorschulalter etwas besser geworden ist. Aber jetzt in der 1. Klasse spitzt sich das ganze sehr zu. Natürlich ist es toll, dass sie in der Schule gut mitkommt. Auch vor dem Lockdown war es schon so, dass die Kinder in der Klasse jeder in seinem Tempo die Arbeitshefte in Deutsch und Mathe durcharbeiten sollte. Laut der Klassenlehrerin macht sie das immer selbstständig, perfekt und ist von allen Kindern am weitesten. Ergänzend zum Arbeiten in den Arbeitsheften sollen die Kinder im Homeschooling Aufgaben in der Anton-App machen. Anfangs war das toll für sie, da wir ansonsten mit Mediumkonsum sehr zurückhaltend sind. Das wird nun aber zunehmend zu Belastung. Wenn sie sich mal vertippt hat, fängt sie heftig an zu weinen/schreien/zittern, ist kaum zu beruhigen und ist der Meinung dass sie dann den ganzen Aufgabenblock nochmal machen muss (was wir natürlich verneinen) und verweigert mittlerweile komplett mit der App zu arbeiten.

von bellis123 am 14.01.2021, 10:50



Antwort auf: Perfektionsmus

Guten Tag, was Sie beschreiben, lässt mich vermuten, dass das Selbstwertgefühl Ihrer Tochter noch nicht genügend entwickelt ist. Das kann im Alter von sechs Jahren noch so sein. Die Kinder sind da noch sehr in der Entwicklung und die Schule verändert nochmal Vieles. Ihre Tochter scheint sich nur gut und "richtig" zu fühlen, wenn sie perfekt ist. Das ist aber tatsächlich auf Dauer schwer durchzuhalten und führt zu dem von Ihnen beschriebenen Vermeidungsverhalten und Selbstüberforderung. Sie beschreiben ja auch, dass dieses Verhalten schon geraume Zeit andauert. Sie haben Vieles versucht, um Ihre Tochter davon abzubringen, was aber bislang nicht genutzt hat. Um jetzt mit dem Schuleintritt einer Verfestigung der von Ihnen beobachteten Problematik vorzubeugen und eine dauerhafte Überforderung Ihrer Tochter zu vermeiden, kann ich mir vorstellen, dass es sinnvoll ist, Ihre Tochter einem Kinderpsychotherapeuten/in vorzustellen. Diese sehen dann Ihre Tochter und können besser als ich von hier aus beurteilen, ob Ihre Tochter von therapeutischer Hilfe profitieren kann. Auch eine Beratungsstelle oder der schulpsychologische Dienst können Ihnen mit Ihrem Anliegen vermutlich weiterhelfen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 15.01.2021



Antwort auf: Perfektionsmus

Wir haben schon ganz oft erklärt, dass es nicht schimm ist Fehler zu machen, dass selbst Erwachsenene Fehler machen, und dass es nicht schlimm ist am Ende der Aufgabe in der Anton-App mal kein "Krönchen" zu bekommen. Für sie ist das aber so schlimm, dass sie den Zwang hat das nochmal machen zu müssen, ist dabei aber sehr angespannt, was ihr logischerweise keinen Spaß macht. Natürlich könnten wir nun einfach akzeptieren dass sie die App nicht mehr machen braucht. Aber das Verhaltensmuster ist davon ja nicht weg und uns macht Sorgen, ob sich daraus später mal starke Prüfungsangst entwickeln könnte. Können Sie uns einen Ratschlag geben, was mit unserer Tochter los ist und was wir tun können?

von bellis123 am 14.01.2021, 10:54