Nächtliche Schreiattacken

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Nächtliche Schreiattacken

Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, ich schätze Ihre Arbeit in diesem Forum sehr und wende mich nun an Sie, mit einer Angelegenheit, unseren Sohn (26 Monate) betreffend. Unser Sohn war ein sehr anspruchsvolles Baby, der Alltag war gekennzeichnet von leichter Reizbarkeit, viel Geschrei und Genörgle. Schlaf seit jeher sehr schlecht. Auch nun im Kleinkindalter wirkt er häufig unzufrieden, ist sehr willensstark und "einfach gute Laune"-Tage sind eher die Ausnahme. Vor 5 Monaten kam seine Schwester zur Welt. Für richtige Eifersuchtsgefühle ist er wohl noch zu klein, anfangs wurde das Baby jedoch häufiger von ihm gehauen oder getreten (was von uns Eltern eher als Provokation im Sinne von "wie weit kann ich wohl gehen" gedeutet wurde). Insgesamt geht er sehr liebevoll mit seiner Schwester um, sucht häufig den Kontakt und spricht gerne von ihr. Und nun zu unserem Problem: Seit einigen Wochen steigert sich unser Sohn regelmäßig in richtige Wutanfälle, begleitet von panischem, aggressivem Geschrei hinein. Diese Anfälle kommen hauptsächlich nachts vor (es handelt sich dabei jedoch nicht um einen Nachtschreck). Auslöser sind vielseitig und nicht immer ersichtlich. Er scheint dann innerlich zerrissen, schreit, er will getröstet werden, lässt sich davon jedoch nicht beruhigen. Der Vater wird in solchen Situationen abgelehnt.

von kettlebell am 29.08.2019, 18:53



Antwort auf: Nächtliche Schreiattacken

Hallo, Sie schreiben ja schon richtig, dass es sich um Ausnahmesituationen im Rahmen der Autonomieentwicklung (auch Trotzphase genannt; deshalb ist es vielleicht hilfreich, meinen kurzen Text dazu im Forum zu lesen) handelt. Warum sich das besonders nachts abspielt kann ich nur vermuten. Da Schlaf auch bisher schon eine "Schwachstelle" bei Ihrem Sohn war kann es sein, dass sich hier die innere Auseinandersetzung verstärkt ausdrückt. Auch sind nachts die eigenen Kontrollen vermindert, die Schwelle erniedrigt. Wie Sie richtig benannt haben, ist es eine (oft leidvolle) innere Auseinandersetzung, zu der Ihr Sohn natürlich noch nichts sagen kann. Allerdings kann er sie in diesem Alter auch nicht lösen. Deshalb ist es gut dabei zu sein, Ablenkversuche zu starten, weder zu kränken noch kränkbar zu sein und nicht zu diskutieren, weshalb, warum, wieso. Beistehen. Mehr ist nicht zu tun und die Phase geht vorbei. Ich wünsche Ihnen hinreichend viel Geduld und Kraft. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 30.08.2019



Antwort auf: Nächtliche Schreiattacken

Ich versuche ihm beizustehen, ihn abzulenken, aus der Situation zu nehmen. Irgendwann, meist erst nach 1 bis 2 Stunden, gelingt ein Ablenkungsversuch und er ist wieder der Alte. Er kann später über den Vorfall reden (ist sprachlich sehr, sehr weit für einen Zweijährigen), jedoch nicht erklären, warum es genau dazu kam. Eher wirkt er peinlich berührt, lenkt gar vom Thema ab. Er wird noch nicht fremdbetreut, hat einen geregelten, ruhigen Tagesablauf, ist jeden Tag draußen. Zur Schlafsituation: Ich schlafe mit beiden Kindern im Familienbett, der Vater im Kinderzimmer. Besteht hinsichtlich dieser Anfälle weiterer Handlungsbedarf? Immerhin kommt es inzwischen jede Nacht mindestens einmal dazu. Tagsüber spielen sich die Trotzanfälle eher im normalen Bereich ab und gehen schnell wieder vorbei. Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Einschätzung der Situation

von kettlebell am 29.08.2019, 18:54