Junge 18 Monate ohne Vaterfigur

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Junge 18 Monate ohne Vaterfigur

Sehr geehrter Herr Dr. Nohr, mein Sohn wird am 29.05. 18 Monate alt. Ich lebe nach der Trennung von seinem Vater mit meiner Mutter und meinem Sohn zusammen. Mein Sohn hat mich und meine Mutter als Bezugspersonen. Sein Vater lebt in einer anderen Stadt und es besteht kein Kontakt. Die Gerichtsverhandlung bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts sowie bezüglich des Umgangs wurde wegen Corona mehrmals verschoben und fand noch nicht statt. Ich frage mich, ob es negative Auswirkungen haben kann, dass mein Sohn keine männliche Vorbildfigur hat. Sind zwei weibliche Bezugspersonen ausreichend für einen Jungen in diesem Alter? Wie kann ein Fehlen eines Mannes im Leben meines Sohnes langfristig kompensiert werden? Vielen Dank im Voraus für Ihre Mühe. Mit freundlichen Grüßen E.

von Eichkätzchen am 14.05.2020, 09:36



Antwort auf: Junge 18 Monate ohne Vaterfigur

Hallo, natürlich hat das Fehlen des Vaters (einer Vaterfigur) Auswirkungen auf die Entwicklung Ihres Sohnes. Aber das haben auch streitende Eltern, miese Stimmung usw., d.h., manchmal ist das sogar das kleinere Übel. Alleinerziehende haben oft das große Problem, beide Anteile (väterlich und mütterlich) in der Erziehung vertreten zu müssen. Außerdem ist der Vater eine wesentliche Identifikationsmöglichkeit und Kontaktabbruch immer belastend. Der Kontakt zu ihm ist also wichtig, auch weil es eine Frage werden wird, warum will mich mein Vater nicht o.ä.. (Wichtig dabei ist, dass es nicht zu dauernden Loyalitätskonflikten führt. ) Wie wir aus der Erfahrung vieler gleichgeschlechtlicher Paare wissen, gibt es auch andere Wege zu einer guten Entwicklung, auch ohne Mann. Im jetzigen Alter ist Nähe, Versorgung, Vertrauen und Verlässlichkeit vorrangig. Und später suchen sich die Kinder Menschen aus ihrer Lebensumgebung, die die "männliche" (ergänzende) Rolle einnehmen können. Es geht also darum, in der jetzigen Phase Stabilität und Sicherheit zu vermitteln, die Trennungsauswirkungen so klein wie möglich zu halten und eine Elternschaft auch in der Trennung zu versuchen. Zusammenfassend ist die Trennung eine Belastung, lässt aber trotzdem gute Entwicklungen zu. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 14.05.2020