Impulsives Kleinkind

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Impulsives Kleinkind

Lieber Herr Dr Nohr, mein Sohn, fast 5, war schon immer ein impulsives Kind. Sorge macht mir, dass er schreit, trotzt und sogar schlägt, sobald ihm etwas nicht passt. Und das passiert häufig. Auch im Supermarkt, Spielplatz, bei anderen.Heute wollte ich mit ihm zum Spielplatz gehen. Er hat so ein Theater gemacht, weil ich ihm seine regenfeste Kleidung anzog, er schrie und fluchte so sehr, dass ich ihn in sein Zimmer schicken musste und wir somit den Ausflug nicht antreten konnten. Ein anderes Beispiel: ich habe unter dem Tisch gesaugt, er schrie, dass er es „dreckig“ habe wolle, nahm Kekse, zerkleinerte diese und warf sie unter den Tisch. Oft sagt er dabei, er hasse mich. Das passiert auch, wenn er sich wehtut, fällt oder dergleichen. Er schlägt auch in solchen Situationen. Er wird ausschließlich der Familie gegenüber handgreiflich. Derartige Probleme gab es bei seiner Schwester nie. Ich bin langsam am verzweifeln, denn ein normaler Alltag (Planungen, Einkaufen usw) ist nicht mehr möglich. Ich verbringe viel Zeit mit ihm, sein Vater ist kaum da, und spiele, lese, renne draußen umher, ich erziehe generell liebevoll, schicke ihn bei Ausbrüchen jedoch auf die Treppe oder in sein Zimmer (wir stellen einen Timer, 5-10 Minuten, dann darf er wieder kommen). Er lässt sich auch nicht anfassen, macht zu und nur das half bislang. Haben Sie Tipps? Sollten wir eine Therapie anstreben? Danke und beste Grüße, Marlen

von Marlen123 am 21.12.2020, 16:27



Antwort auf: Impulsives Kleinkind

Liebe Marlen, was Sie beschreiben ist sicher noch kein Grund therapeutische Hilfe zu suchen, auch wenn es für Mutter und Familie sicher ziemlich anstrengend ist. Diese heftigen emotionalen Impulse sind bes. bei Jungen diesen Alters nicht so selten. Man muß sich darüber im Klaren sein, dass diese Impulsivität, die besonders von Familienmitgliedern ausgelöst werden kann, in der Tat für die Kinder sehr schwer zu begrenzen ist (sie werden regelrecht überschwemmt). In diesem Erregungszustand ist alles egal, sie zahlen jeden Preis. Man muß ihm also helfen, diese Zustände besser kontrollieren zu lernen und weniger, ihn dafür zu bestrafen. Dabei ist klare Haltung und Konsequenz schon wichtig, aber keine Abwertung und Kränkung (was Sie ja auch so machen). Und in den Zwischenzeiten ist es hilfreich, mit ihm auch mal in einer ruhigen Situation zu besprechen, was da so passiert mit ihm. Das wird das Verhalten nicht sofort ändern, aber es setzt kleine Samen in diese Richtung (er ist ja auch nach kurzer Zeit wieder beruhigt und wird sich manchmal auch für sein Verhalten schämen). Es wird Zeit brauchen, weil solche Prozesse eben nicht schnell ablaufen. In der Zwischenzeit ist es wichtig, Konsequenzen und Handlungen deutlich zu machen, die Sie in der Situation anwenden werden (das gilt bes. für Situationen im Supermarkt, Spielplatz u.ä.). Er wird aus den Konsequenzen lernen, aber langsam und eher, wenn es seinen Selbstwert nicht mindert. Viel Erfolg und genügend Zuversicht dabei. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 22.12.2020