Frühe Fremdbetreuung

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Frühe Fremdbetreuung

Sehr geehrter Doktor Nohr, unsere Tochter ist nun 14 Monate alt. Eigentlich hätte sie mit einem Jahr in die Kita gehen sollen, aber nur vormittags. Ein paar Tage war sie auch dort, allerdings fand nie eine Trennung statt. Dann kam die Kita Schließung und mein Mann und ich wechseln uns jetzt mehr oder weniger mit der Betreuung unseres Kindes ab. Ich bin froh über jeden Tag, an dem unser Kind von uns betreut wird und nicht durch eine fremde Erzieherin. Ich habe auch den Eindruck, dass sie in den letzten zwei Monaten so viele Fortschritte gemacht hat. Sie kann ihre Bedürfnisse und auch ihr Missfallen viel deutlicher ausdrücken.Vor der Geburt habe ich mir das leichter vorgestellt, weil die meisten Familien in unserem Umfeld ihr Kind auch bereits mit einem Jahr fremd betreuen lassen und gute Erfahrungen damit gemacht haben. Ich weiß, dass sie kein Befürworter der frühen Fremdbetreuung sind, aber können Sie mir meine Ängste dennoch nehmen und mir Tipps geben wie eine Eingewöhnung funktionieren kann? Machen in dem Alter ein paar Wochen oder Monate einen großen Unterschied? Wenn die Kita wieder öffnet ist sie 15 Monate alt. Je mehr ich darüber lese und nachdenke, desto mehr Sorgen bereitet mir die Eingewöhnung und ich habe Angst, dass unsere Tochter emotionalen Schaden nehmen könnte.

von Stef3 am 07.05.2020, 07:57



Antwort auf: Frühe Fremdbetreuung

Hallo, ich bin übrigens nicht grundsätzlich gegen frühe KiTa-Aufnahme. Es gibt sogar viele Kinder, die davon profitieren. Es ist immer eine Frage der Alternative und der Bedingungen. Wenn Sie eine gute Eingewöhnungszeit haben, dann ist die KiTa auch eine Erweiterung des Lebensraums. Wenn es dann auch eine gute Anbindung zu einer Erzieherin gibt, also eine Vertrauensperson dazu kommt, dann ist das nicht mehr "bekannt" und "fremd", sondern Abstufungen von bekannt. Das ist innerlich viel leichter zu akzeptieren und erlaubt Ihnen auch eher, Ihre Tochter dort zu lassen. Denn Ihre Sorgen würden Ihrem Kind den Schritt erschweren, die spürt es. Es ist also wichtig, dass Sie ein gutes Gefühl bei dieser Einrichtung und der Vertrauens-Erzieherin haben. Die eigene Trennung ist nicht einfach, weckt unbewusst oft eigene Erfahrungen, die uns den Weg nicht unbedingt leichter machen. Aber das ist eine andere Frage. Gehen Sie mit Zuversicht in die Eingewöhnung, erlauben Sie Ihrer Tochter sich dort wohlzufühlen, und geniessen Sie die gemeinsame Zeit. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 08.05.2020



Antwort auf: Frühe Fremdbetreuung

Hallo, ich fühle sehr ähnlich wie Du - in meinen Umfeld werden die Babys meist auch mit einem Jahr in die Krippe gegeben, und die Eltern äußern sich durch die Bank weg positiv. Wie glücklich und zufrieden das Kind dort ist, dass es gerne dorthin geht etc. Stimmt vielleicht auch? Weswegen ich mir auch bei der Anmeldung keine Gedanken gemacht habe, später aber ein schlechtes Gewissen bekam, nachdem ich mich eingelesen hatte. Beginn bei uns wäre eigentlich der 1. Juni gewesen; das verschiebt sich jetzt natürlich, und darüber bin ich nicht böse. Was ich aber für mich gelernt habe: 1.) „Fremdbetreuung“ ist unglückliches Wort, denn über das Prinzip der festen Bezugserzieherin ist es ja keine Fremde, sondern eine dritte erwachsene Person, zu der Dein Kind wünschenswerterweise eine sichere Bindung aufgebaut hat. Wenn es so läuft, ist es für das Kind sehr gut, aber eine Kröte, die man selber schlucken muss. 2.) Die eigene Einstellung ist wichtig, denn Kinder spüren dies. Ist man selber kritisch oder negativ eingestellt, erschwert dies wohl sehr eine gute Eingewöhnung. Vielleicht interessiert Dich, was mir Dr. Nohr auf meine ähnliche Frage geantwortet hat: https://m.rund-ums-baby.de/experten/entwicklung-von-babys-und-kindern/Krippe-mit-1-Jahr-worauf-achten_4270.htm Sehr hilfreich bei unseren Bedenken finde ich auch die Texte beim „Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung“, z. B. dieses Interview: https://www.nifbe.de/component/themensammlung?view=item&id=407:eingewoehnung-in-der-krippe-signale-wahrnehmen&catid=277 Viele Grüße!

von Curcuma am 07.05.2020, 22:25



Antwort auf: Frühe Fremdbetreuung

Liebe curcuma, Vielen Dank für deine Antwort und deine Verweise! Es löst zwar das Problem nicht, aber es tut immer gut zu wissen, dass es anderen Eltern ähnlich geht! Ja vielleicht hast du recht und es ist wirklich was dran, wenn viele Eltern sich positiv äußern... Auch ich bin übrigens froh darüber, dass der Kindergarten Start sich verschiebt, weil ich hoffe, dass ein paar Wochen/ Monate es für unser Kind einfacher machen. Und auch bei uns wird der Papa einen großen Teil der Eingewöhnung übernehmen, und unserem Kind die Trennung hoffentlich erleichtern wird. Und wahrscheinlich wird die Eingewöhnung innerhalb der Notgruppe stattfinden, in der dann nur maximal 5 Kinder und die beiden bezugserzieherinnen sein werden. Alles positive Zeichen, die mir ein bisschen helfen... Vielen Dank für deinen guten Zuspruch! Alles gute und liebe Grüße

von Stef3 am 08.05.2020, 11:10



Antwort auf: Frühe Fremdbetreuung

Die Eingewöhnung meines Kindes lief damals parallel mit der Eingewöhnung des Kindes meiner Freundin in der gleichen Einrichtung, zeitversetzt, da die gleiche Erzieherin. Nach 3 Wochen war mein Kind glücklich in der Einrichtung und ich konnte nur positives berichten, das Kind meiner Freundin was etwas "unsicher" und meine Freundin schimpfte über die Einrichtung, die Erzieher und eine frühe Fremdbetreuung. Will damit sagen, es kommt in erster Linie auf Dich und Dein Kind an! Willst Du es, stehst Du dem ganzen positiv gegenüber? Aber davon ab, fast alle Mütter haben bei der Eingewöhnung ein paar Tränen vergossen, viele mehr als Ihre Kinder!!!!

von romankowitz am 08.05.2020, 13:28



Antwort auf: Frühe Fremdbetreuung

Hallo Romankowitz, danke für Deine Erfahrungen, die das mit der Einstellung anscheinend bestätigen (wobei sicher jedes Kind an sich auch noch mal anders reagiert). Solche Berichte finde ich sehr hilfreich/beruhigend. :)

von Curcuma am 08.05.2020, 21:17



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Fremdbetreuung funktioniert - trotzdem Abbruch?

Lieber Herr Posth, meine Tochter (18 M) geht seit 6 Wochen tägl. für 3-4 Std. in eine Grippe: Sie weint nie beim Abschied, begrüßt mich freudig, will dann aber weiterspielen. Zuhause singt sie viele Lieder der Gruppe nach und sagt häufig die Namen der anderen Kinder. Ansonsten ist sie fröhlich, ausgeglichen, mit einem starken Willen. Zugenommen ha...


Wann ist Fremdbetreuung in der Krippe positiv?

Sohn (2 J 4 Mon.) besucht seit Sept.Krippe von 8.30-1230.12 Kinder zw. 2-3. Eingewöhnung sanft, Tempo frei v. KIND wählbar. Es wird sehr a. d.Kinder geachtet&eingegangen. Sohn ist sehr impulsiv, wirkt draufgängerisch, ist aber eig. S. sensibel. geht s.gerne dort hin&will auch immer, habe aber schon d.Gefühl, dass es ihm noch lieber wäre, wenn ich d...


Verhalten bei kurzer "Fremdbetreuung"

Lieber Herr Posth, Unser 2. Kind, 1,5 Jahre wurde bisher nicht fremdbetreut. Er wird noch teilweise gestillt, Familienbett und viel getragen. Ist ein sehr fröhliches aufgewecktes Kind. Kein Schnuller, kein Schmusetier. ¨Schläft nur durch stillen ein oder teilweise unterwegs im Tragetuch auf dem Rücken. Deshalb war ich zu den Schlafenszeiten eige...


schadet 1 Woche Fremdbetreuung durch Familiemitglieder?

Mein Sohn ist 17 Monate alt. Wurde bis jetzt eigentlich nicht fremdbetreut (ausser ein Paar mal ganz kurz für 3-4 Stunden, und das auch nur von Familienmitgliedern). Vor 3Monaten wurde er noch für 2 Tage von seiner Oma betreut (nach einer FG von mir), was super geklappt hat. Nun ist es so...Mein Mann und ich haben zu unserer Hochzeit eine Reise nac...


Kurze Fremdbetreuung-wie vorbereiten

Hallo, mein Sohn fast 11 Monate, wurde bisher noch nie fremdbetreut. Gestillt bis 7 Monate, schläft nur mit Einschlafbegleitung in unserem Bett ein und lege ihn dann in sein Bett in unserem Schlafzimmer zum Schlafen. Schläft bis auf wenige Unterbrechungen sehr gut. Sonst sehr fröhlicher und aufgeschlossener Junge, bisher kaum gefremdelt, macht scho...


Angststörung und frühe Fremdbetreuung

Lieber Dr. Posth, mein Sohn (2,4J) ist sehr ängstlich, fürchtet sich teilweise. Viel getragen, bis 1,5J gestillt, kein ferbern, seit Geburt schlafe ich im Kinderzimmer. Kita (1,6J) mit nur 1:2,5. Eingewöhnung sanft, 6 Wochen. Klappte gut, bis Gruppe größer wurde. Geht 3 h täglich hin. KV beschäftigt sich erst seit unserem Auszug vor 9 Mon. intensiv...


fremdbetreuung krippe

Hallo, mein 17 mo alter sohn, sehr temperamentvoll, nie schreien gel, sehr anhängl., schläft bei uns im eig. Bett, lange gestillt, laufen u zahnen ab 11 mo, wurde bis auf 1x von oma noch nie fremdbetreut. gehen 1x die wo gemeinsam krabbelgruppe, 1x wo zur spielsgruppe (jew. 2 std). gehe in 4 Mo wieder arbeiten, 2 Vormittage die Wo. Suche eine Kripp...


Fremdbetreuung und Anhänglichkeit/Schlafen

Sehr geehrter Dr. Posth, ich weiß, die Fremdbetreuung im zweiten Lebensjahr ist nicht ideal, aber wenn sie notwendig ist, ist es dann besser, das Kind jeden Tag zur Kita zu bringen, wie es viele Erzieherinnen befürworten (Regelmäßigkeit, Trennungsschmerz beginnt nicht immer aufs Neue) oder sollte man es nur an den tatsächlich benötigten Tagen hinb...


Bindung Fremdbetreuung

Sehr geehter Dr. Posth,vielen Dank für ihre letzteAntwort zurBindungstheorie.Mir stellt sich noch immer grundsätzlich dieFrage, ob jedes Kind, welches in die frühe Fremdbetreuung ohne wirklich sanfte Ablösung"muss",eine unsichere Bindung entwickelt?Ich gehe eigentlich davon aus, im ersten halbenJahr alles für eine sichereBindung für meineKinder get...


Fremdbetreuung ab wanm

Sehr geehrte Frau Henkes,  Unsere Tochter (erstes Kind) ist mittlerweile 6,5 Monate alt und normal entwickelt auch bei der letzten U-Untersuchung war alles normal. Sie wird gestillt +Beginn Beikost seit 3 Wochen Mittagsbrei und schläft im Familienbett neben mir (nicht in der Mitte). Sie ist insgesamt ein sehr fröhliches und aufmerksames Baby. ...