Hallo Dr Nohr,
Seit unsere Tochter 3 1/2 ist, schläft sie alleine ein, vorher waren wir beim Einschlafen immer dabei, haben mit ihr gekuschelt etc.
Nun gerät das abendliche Einschlafen immer mehr zum Machtkampf. Nach gemeinsamen Lesen und Kuscheln verlassen wir das Zimmer und gehen ins benachbarte Wohnzimmer, Türen bleiben offen.
Dann geht es los: unendliche Male wird gerufen, aufgestanden, zu uns gesetzt unter Weigerung wieder zurück ins Bett zu gehen.
Wir haben es schon mit positiver Verstärkung ( wenn sie ohne Schreien und rauskommen einschläft, bekommt sie eine kleine Belohnung, Gummibärchen o.ä) versucht.
Hat leider nur kurz geklappt.
Mittlerweile endet es immer so, dass mein Mann sie ins Zimmer trägt und so lange im Bett festhält, bis sie "aufgibt" und verspricht im Bett zu bleiben.
Wir sind beide sehr unglücklich mit der Situation, sehen aber auch keine andere Lösung.
Haben Sie einen Tip?
Danke und Gruß
von
Ottifant77
am 24.09.2020, 21:51
Antwort auf:
Einschlafen 4 jährige
Hallo,
die Frage, wann ein Kind alleine einschlafen können soll, ist leider ziemlich mit Ideologien überfrachtet. Da kann man finden, was einem passt. Deshalb möchte ich deutlich machen, dass ich hier nur meine persönliche Ansicht beschreiben kann.
Ich habe nie eine besondere Fähigkeit (oder Entwicklungsziel) darin gesehen, alleine einschlafen zu können. Nacht und Dunkelheit sind immer etwas Besonderes, auch für Erwachsene. Zum anderen fand ich die Abendzeit am Bett des Kindes meist sehr nah und auch aufschlussreich, da bekam man viel zu hören, was die Seele so belastete oder erfreute. Dabei bleiben war also eher eine Freude und weniger Belastung für mich.
Es gibt verschiedene Arten für ein Kind sein Unwohlsein (Angst ist vielleichtzu stark ausgedrückt) zu zeigen. Das kann zurückhaltend- vorsichtig, aber auch fordernd-ärgerlich sein und beschreibt doch eine innere Sorge.
Wenn es für Sie OK ist, können Sie ja mit Ihrer Tochter einen Weg herausfinden, der beiden Bedürfnissen entgegenkommt. Lösungen für solche Situationen gemeinsam zu erarbeiten ist auch ein wichtiges Beispiel dafür, wie Probleme gelöst werden können, ohne sich dauernd in Machtkämpfe zu verstricken. Das ist auch kein "klein beigeben", wenn man es so kommuniziert (z.B. "ich habe den Eindruck, dass es im Moment nicht so einfach ist mit dem Einschlafen. Da schauen wir mal zusammen, wann das wieder einfacher geht" ).
Solche Phasen kann es übrigens in vielen Altersstufen geben, ohne dass man daraus ein Entwicklungsdefizit machen sollte. Also keine Ideologie, sondern eine Einspüren in das, was im Moment geht (oder auch nicht).
Dr.Ludger Nohr
Kennen Sie das Kinderlied in dem zum abendlichen Rufen heißt "dreimal hält sie (die Mutter) spielend aus".
von
Dr. med. Ludger Nohr
am 25.09.2020
Antwort auf:
Einschlafen 4 jährige
wäre es nicht am einfachsten, Ihr würdet sie wieder in den Schlaf begleiten? Was spricht dagegen?
Ihr habt doch jetzt eine völlig stressbehaftete Situation geschaffen und Dein Mann übt mit dem festhalten physische Gewalt aus.
Es ist doch nachvollziehbar, dass Eure Tochter schon Abends, wenn es auf die Schlafenszeit zugeht, unter massivem Stress stehen muss, was ja niemals in einem entpannten Einschlafen enden kann.
Eure Tochter ist in einem Alter, in dem sie sich vieler Gefühle und diffusen Ängste bewusst wird z.B. Verlust,Tod,Erkrankung). Da muss nichts Gravierendes passiert sein, aber sie muss verarbeiten und braucht die Sicherheit der Eltern beim Einschlafen.
Und je sicherer sie ist, desto entspannter kann sie einschlafen und kann aufgrund der positiven Erfahrung wieder mutiger werden, alleine einzuschlafen.
Ich möchte Euch auch mal die Perspektive eines Kindes spiegeln:
Als ich vier oder fünf war, hatte ich plötzlich furchtbare Angst, wenn meine Eltern Abends weggingen, obwohl meine Oma im Haus war. Es gab aber faktisch keinen Grund für die Angst, aber ich hab geglaubt, dass jemand in mein Zimmer kommt und mich holt.
Ich hab dann immer noch hysterisch geschaut, ob auf dem Parkplatz einer Gaststätte neben an ( den könnte ich von meinem Fenster aus sehen) Autos stehen damit mich jemand hört,wenn ich um Hilfe rufe ( wie gesagt, ich war max 5 Jahre).
Meine Eltern waren nicht in der Lage, mir wenigstens mit Worten und Umarmungen Sicherheit zu geben, sondern es gab zu meinem Geschrei noch ihr Geschrei, ich solle mich jetzt anständig benehmen und zum Schluss KAG ich allein mit meinen schlimmen Ängsten im Bett.
Ich bin jetzt ü50, aber ich kann mich wie heute an die Situation und Angst genau erinnern.
Meine Tochter ( jetzt 10) wurde bis 5 in den Schlaf begleitet und wir haben es langsam gesteigert, wann wir ihr Zimmer verlassen haben ,wenn sie noch etwas wach war, immer mit ihrem Einverständnis.
Sie bekam immer die Rückversicherung, dass die zu jederzeit zu uns ins Bett kommen kann,wenn sie sich unwohl fühlt. Ich gebe zu, das war zwischendurch auch echt nervig, weil die dann jede Nacht kam, aber heute kommt sie gar nicht mehr , was mir dann manchmal doch etwas fehlt
Von daher meine (Laien-) Empfehlung : Geht einen Schritt zurück, begleitet sie in den Schlaf und lasst sie das Tempo bestimmen, damit sie wieder Sicherheit bekommt und sich dann selbstbewusst dem "Abenteuer" alleine Einschlafen stellen kann.
Alles Gute für Euch !
von
Schru
am 25.09.2020, 10:55
Antwort auf:
Einschlafen 4 jährige
Hi, danke für Deine Einschätzung. Ich glaube, dass ich Guten Gewissens sagen kann, dass wir sehr sensibel sind, was sie Bedürfnisse unsere Kinder angeht.
Wäre es bei meiner Tochter Angst, würde ich es ganz anders beurteilen. Dies ist aber nicht der Fall.
Wir haben diese Machtkämpfe auch tagsüber, immer wenn es um Grenzsetzungen geht, verweigert sich unsere Tochter momentan. Im Rahmen der Selbstbehauptung, Selbstwertaufbau etc völlig normal, das wissen wir, aber in bestimmten Situationen eben nicht tolerierbar.
von
Ottifant77
am 25.09.2020, 11:37
Antwort auf:
Einschlafen 4 jährige
ich habe da jetzt ein Problem bez. der Schlafsituation reininterpretiert, weniger einen Machtkampf.
LG
Schru
von
Schru
am 25.09.2020, 13:30