Ängste bei Schulkind

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Ängste bei Schulkind

Hallo Herr Nohr, unsere Tochter war immer ein offenes und aufgeschlossenes Kind - eher vorlaut und mutig. Sie war aber auch schon immer sehr empfinsam: so weinte Sie z. B. bei Cinderella, weil die Schwestern so böse waren zum Aschenputtel. Leider müssen wir nun erleben wie sich dieses Kind völlig verändert hat: bereits im Vorschulalter wollte sie nicht mehr auf Klettergerüste klettern - aus Angst. Wir dachten das sei eine Phase! Aber mit der Einschulung hat sich die Situation verschlimmert: sie getraut sich nicht alleine über den Schulhof oder in die Mensa (wegen der "Großen"). Mit dem Bus zu fahren getraut sie sich auch nicht. Sie hat plötzlich Angst im Dunkeln und vor Einbrechern. Ins Kino will sie auch nicht (zu gruselig) und ich muss die Tür abschließen, wenn wir das Haus verlassen (Einbrecher). Wenn ich mir ihr spreche habe ich schon den Eindruck, dass sie auf der rationalen Ebene weiß, dass ihre Ängste übertrieben sind (z. B. "Die Großen machen doch gar nichts und die Lehrer sind doch auch da. Ja stimmt."); sie sich aber nicht überwinden kann. Wie kann ich ihr helfen?

von Meike1 am 03.12.2019, 09:09



Antwort auf: Ängste bei Schulkind

Hallo, Ängste sind rationalen Erklärungen in der Regel nicht zugänglich. Sie sind für das Kind weder fassbar noch erklärbar und lauern dann im Hintergrund. Das heißt, dass die Kinder nicht nur in der konkreten Angstsituation belastet sind, sondern auch dazwischen gibt es immer diese latente Befürchtung, sie könnte jederzeit auftreten. Wenn das Ausmaße angenommen hat, die das Alltagsleben der Kinder stark beeinträchtigen, dann ist, auch um den Hintergrund zu verstehen, die Vorstellung bei einer Kinder-und JugendPsychotherapeutIn oft hilfreich. In spielerischen Situationen und Tests wird versucht herauszufinden, was Auslöser und Geschichte der Angst ist. Und je nach Ergebnis, werden Therapie oder häusliche Maßnahmen vorgeschlagen. Was Sie selbst machen können ist , Ihre Tochter abends im Bett erzählen zu lassen. Sie nicht einfach nach der Angst fragen, aber ihr die Möglichkeit geben, über das Ängstigende zu erzählen. Und zuhören, wahrnehmen, mitfühlen und weniger Tips geben. Wenn sie das Gefühl hat, dass Sie das verstehen (und nicht nur schnell weghaben wollen), kann es verändernd wirken (ob es ausreicht, ist eine andere Frage). Und es verstärkt auch das Vertrauen zueinander. Beides ergänzt sich, ist keine Alternative. Alles Gute dabei. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 03.12.2019