Annapas
Sehr geehrter Dr. Busse, liebe Teilnehmer, Seit meiner Schwangerschaft bin ich hier angemeldet und seitdem plagen mich Ängste. Meine Hoffnung war, dass nach der Entbindung alles besser werden würde, weil ich dann mein Kind im Blick habe und dann beurteilen kann, ob es ihm gut geht. Dieses Einschätzungsvermögen habe ich jedoch nicht und befürchte immer etwas falsch zu machen. Vorweg : unser 9 Monate alter Sohn bekommt alles von uns, er wird sehr gut betreut, das Problem bin eher ich. Ich bin in Behandlung und werde auch medikamentös eingestellt. Im Moment brauche ich die Einschätzung von erfahrenen Mamas und Ihnen, Herr Busse. Dafür schonmal DANKE. Mein Alltagsleben besteht daraus, mir bei jedem Schritt, der mit unserem Sohn zu tun hat, die Hände zu waschen. 1. Ich kann keine Schublade oder den Kühlschrankgriff anfasse , ohne mir danach die Hände zu waschen. Hintergrund: Mein Mann hat diese Griffe angefasst, nachdem er sich ein Brot mit rohem Schinken oder Rohmilchkäse gemacht hat, oder erdige Kartoffeln/ erdigen Salat berührt hat. In der Schwangerschaft waren ja Listerien ein Problem, und nun verstehe ich nicht, warum es sogar harmlos sein soll, wenn ein Säugling etwas Erde zu sich nimmt..... 2. Das Essen am Familientisch macht keinem Spaß, da ich mir während des Essens die Hände wasche, bevor ich meinen Sohn beispielsweise in den Arm nehme. Ist es gefährlich, wenn ihn jemand anfasst, der vorher etwas berührt hat, was nicht säuglingsgeeignet ist? Was könnte passieren? 3. Wir haben unseren Sohn in den Einkaufswagen gesetzt und er hat dort die Stange angeleckt...was kann passieren? 4. Ich wasche mir vor jedem Wickeln gründlichst die Hände. Ist das nötig? Kinderhaut ist ja noch sehr empfindlich.... Ich Bitte WIRKLICH um ernst gemeinten Rat und darum, nicht verurteilt zu werden. Ich liebe unserem Sohn über alles und möchte ein normales, unbeschwertes Familienleben. Mein Mann vermisst meine Spontanität. Danke im Voraus.
Liebe A., wahrscheinlich wissen Sie im Grunde genommen, dass das, was Sie da tun, völlig übertriebene Hygiene ist. Und dass Ihre Ängste Sie und Ihre Familie belasten. Ich kann deshalb nur hoffen, dass Ihre Therapie rasch erfolgreich ist, denn ich bin mir bewusst, dass man bei einer solche Störung sein Verhalten nicht aufgrund eines einfachen Rats, wie er hier möglich ist, ändern kann. Alles Gute!
März2016
Liebe Annapas, ich finde es richtig und gut, dass du dich in Therapie begeben hast. Siehst du denn schon Fortschritte? Meine Gedanken dazu - wohl gemerkt bin ich nicht vom Fach, sondern „nur“ Mutter - waren folgende: Du möchtest das beste für dein Kind und tust das Gegenteil. Vielleicht wäre das ein Ansatz, der dir aus den Ängsten heraushelfen könnte. GERADE wenn du deinen Sohn liebst und das beste für ihn willst, dann solltest du nicht pedantisch vermeiden, dass er mit ganz normalen Bakterien in Kontakt kommt. DAS schadet ihm Bzw seinem Immunsystem viel mehr. Das Immunsystem lernt nur durch Erfahrung. Desertieren wird dein Sohn bald anfangen dich zu imitieren und dich als sein großes Vorbild zu sehen. Möchtest du, dass er vor „Keimen“ Angst bekommt, es nicht genießt im Sandkasten zu spielen, einen Reinigungszwang entwickelt? Genau DAS sieht er bei dir und da du seine Hauptbezugsperson bist, sieht er das was du tust als normal an. Versuche dich für IHN „zusammenzureißen“ und weniger hygienezwänge auszuleben, damit er sich frei entfalten kann. Wie das bei uns in der Praxis mit Hygiene aussieht? Wenn wir von draußen kommen, dann werden die Hände gewaschen (ich mit, meine Tochter, 20 Monate, ohne Seife). Vorm essen genauso. Brettchen für rohes Fleisch und Fisch separat zu einem für Gemüse/Obst. Nach dem Windeln Hände waschen. Vorher nicht. Feuchttücher habe ich dabei, wenn die Hände draußen mal in Erde landen und danach ein Keks oder so gegessen wird. Ansonsten wandert auch mal Sand etc in den Mund. Das ist nicht zu verhindern und stärkt das Immunsystem eher. Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen. Liebe Grüße
Annapas
Aber Keime, die mit Rohwaren zu tun haben, sind doch keine "normalen" Keime, oder?
Annapas
Aber Keime, die mit Rohwaren zu tun haben, sind doch keine "normalen" Keime, oder?
März2016
Naja, klar sind es Keime, die - bei Schwangeren oder Immunschwachen Personen (davon hast du niemanden im Haushalt!) - auch im Einzelfall gefährlich werden können. Aber a) sind zb Listerien nicht in allen Rohmilchprodukten vorhanden, b) haben wir deshalb für solche Produkte ein getrenntes brettchen, wie in Restaurantküchen auch und c) selbst WENN ein Rohmilchprodukt listerien enthält, dann sind an Griffen, die zb dein Mann anfässt, so eine geringe Menge an Bakterien, so dass es schon wieder wie ganz normale Keime zu behandeln ist, nämlich das Immunsystem in der Menge stärkt und nicht schwächt