Rund um die Erziehung

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Geschrieben von solelo am 04.10.2007, 12:06 Uhr

Nachtrag

Hallo Astrosternle,

es wäre schön, wenn du noch Beispiele geben könntest, so 4-5 von Situationen, die passiert sind und die das Problem spiegeln.

Außerdem wäre noch eine Erläuterung gut über die Sachen, die deiner Meinung nach "sein müssen" und eine darüber, was deiner Meinung nach "nicht diskutiert" werden sollte, auch ganz hilfreich.

Was mir bislang aufgefallen ist, ist dass dein Sohn ein ähnliches Verhalten zeigt, wie du ihm gegenüber bist. Das ist nicht verwunderlich, denn Kinder machen uns in allem nach. Wir können da weiter forschen, was genau passiert.

Zunächst kannst du dich vielleicht darauf konzentrieren, den Tag in einem "Flow", also einen fließenden Ablauf zu gestalten? keine harten Umbrüche, also. Das bedeutet z.B., dass du bekannte harte Umbrüche anders gestaltest, bespielsweise den Übergang von Kindergarten zu nach Hause bleiben. Das bedeutet auch, dass du versuchst, ständig in *Verbindung* mit deinem Sohn zu bleiben. Ich glaube, das ist das Gefühl, was du vermisst und das ist das, was auch er vermisst und weswegen er sich "auffällig" verhält.

Wenn Kinder irgendwas machen sollen oder eben nicht sollen, dann stört das meistens IHREN "Flow", das stört sie und sie reagieren – mit Recht – darauf "gestört". Wir Erwachsenen haben andere Prioritäten als Kinder und achten deswegen oft nicht auf deren Bedürfnisse oder Flows. Wir denken: "Wir müssen jetzt nun Mal einkaufen gehen" oder "Er soll jetzt Essen kommen". Das sind sicher wichtige Dinge, aber wenn das Kind gerade in einem "Flow" ist, dann bedeutet jetzt einen plötzlichen unsanften Übergang machen zu müssen eben eine gewaltsame Unterbrechung, auch noch fremdbestimmt, und das ist nie ein gutes Gefühl. Da Kinder noch nicht so gut darin geübt sind, schlechte Gefühle "zivilisiert" zu äußern, drücken sie sie in Schreiben Kratzen Beissen Schlagen aus, oder leiten ihren Frust darüber in Fehlverhalten um (auf Toren klettern, Steine umwerfen), von dem sie eigentlich wissen, dass es nicht erlaubt oder erwünscht ist. Es ist nur eine Art zu kommunizieren: Mir passt was nicht und deshalb mach ich jetzt auch was, was euch nicht passt. Das passt übrigens zu der Info darüber, dass dein Mann wie du mir so ich dir vorlebt. Kein Wunder also.

Den Flow des Kindes zu respektieren, ist schon Mal gut (zum Beispiel achtet man darauf, was ER so vorhat und unterbricht ihn nicht durch Dinge, "die sein müssen", sondern versucht gemeinsam zu koordinieren, wie man es in einer WG z.B. machen würde). Dieses respektvolle Miteinander zahlt sich aus. Noch besser hilft ein *gemeinsamer* Flow:

Wie du das schaffen kannst, ist zunächst, dich auf seine Ebene begeben: Was macht er gerne? Worüber redet er gerne? Oft werden Kinder z.B. nach dem Kindergarten "interviewt" (Wie war's was habt ihr gemacht was gabs zu essen...), weil man ja gerne wissen will, wie es dem Kind geht. Das halte ich aber nicht für echte Kommunikation. Wenn man eine Verbindung zu seinem Kind hat, wird man sowieso spüren, wenn es ihm schlecht oder gut geht. Alles andere sind Details, und selbst die wird er alleine erzählen, wenn ihr im Flow seid.

Im Flow zu sein bedeutet, sich auf die Kindesebene zu konzentrieren und z.B. albern zu sein, zu spielen, und sich dabei nach ihm zu richten (das wird nicht immer klappen!!). Ein fließender Übergang von KiGa zu Nach Hause wäre z.B. spielen während man nach Hause geht: singen, ich sehe was, was du nicht siehst, erzählen lassen, von sich selbst erzählen (echte Kommunikation)... So ist der Übergang nicht so abrupt für ihn (vielleicht ist das jetzt schon so bei euch – dann übertrage das Beispiel auf andere Situationen).

Viele Eltern haben das für sich entdeckt und machen daher aus allem ein Spiel: Schuhe anziehen etc. Das finde ich nicht unbedingt nötig. Wichtiger ist, dass du *liebevoll* und *zuvorkommend* und *fürsorglich* bist, ohne eine Gegenleistung zu erwarten (denn Liebe ist ja bedingungslos). Eine Änderung wird jetzt sowieso noch lange dauern, weil es jetzt schon ein Teufelskreis geworden ist und er länger brauchen wird, zu kapieren und zu verinnerlichen, dass es auch anders geht – und du auch!

Zuvorkommend könnte sein, du holst ihn von wo immer ab, und kniest dich erst Mal auf seine Augenhöhe, sagst hallo etc. Na, mein Schatz und so weiter, dann hilfst du ihm bei allem, ziehst ihm die Schuhe an, auch wenn er alt genug ist (er wird es dir sagen, wenn er das nicht möchte, weil er es "schon kann"), oder hältst sie hin, du holst etwas für ihn, also quasi alles gegen die Mainstream-Vorstellung man solle die Kindern ständig zur Selbständigkeit anhalten (wozu auch, sie wollen doch selbst so vieles endlich selbst machen!) Wie wenn man gerade erst verliebt ist – weißt du noch, was für ein schöner "Flow" das war? Man machte alles für seinen Partner und war bereit, bis ans Ende des Flures zu gehen, um den vergessenen Rucksack zu holen, anstatt zu brüllen "Was, du hast deinen Rucksack vergessen. Na dann aber zackig!".

Wenn man dann im Flow ist, kann man gemütlich auf der Couch sitzen und gerade ein Buch lesen und sagen: Boah, ich hab voll Hunger. Ich koch jetzt was – willst du mitkommen oder noch was machen und ich ruf dich dann, wenn es fertig ist? – Anstatt "Komm sofort um essen! Hast du keine Ohren? Ich hab gesagt, ESSEN!" (oder wie auch immer).

Allerdings kann es eben lange dauern, bis er in diesen Flow einsteigen kann, und auch dauert es, bis du dich daran gewöhnst. Frust darüber, dass "noch nichts zurück kommt", ist auch schwer wegzustecken. Außerdem ist ein Flow kein Garant für ein "Funktionieren" des Kindes (das Schreien und sich annerven funktioniert ja noch weniger bzw. ist einfach unangenehm für alle Seiten, sondern ein Weg, entspannter miteinander zu leben). Denke auch daran, dass du selbst ungerne aus deinem Flow gerissen wirst. Für Kinder sind ihre Beschäftigungen oft genau so wie wenn du dir einen super spannenden Film ansiehst, da würdest du dich total ärgern, wenn dich jemand irgendwohin ordert oder dir sogar verbietet, dir den Film anzuschauen, weil es sich nicht schickt oder unangebracht oder warum auch immer – Egal, du wolltest den Film eben sehen und es war gerade so spannend!!!

So weit bisher. Wenn du noch Beispiele bringen kannst, könnten wir herausfinden, wie du in diesen Problemsitautionen den Flow aufrecht erhalten kannst. Solange kannst du dir Mal wirklich bewusst, vielleicht mit einem Blatt Papier und einem Stift, Gedanken machen, was du unternehmen kannst, wie du den Tag gestalten könntest, um dabei zu helfen, einen fließenden Ablauf hin zu kriegen. Gut ist auch, wenn man ich vor Augen führt, wie man es sich eigentlich wünscht. Dann kommt man eher dahin, als wenn man nur auf das Schlechte achtet – das hast du selbst gesagt :-) Du weißt jetzt was, du nicht willst – was *willst* du genau? Wie könnte es aussehen, sodass die Würde deines Kindes immer noch respektiert wird. Es wird sicher nicht leicht. Das ist es jetzt aber auch nicht.

Übrigens. Ich schaffe es auch nicht immer, einen Flow herzustellen oder aufrecht zu erhalten und stolpere viel dabei. Am schwierigsten ist es, wenn man selbst aus seinem Flow gerissen wurde: durch Kopfschmerzen, durch irgendwelche Bedingungen, die gerade das Leben schwer machen. Kein Wunder, dass man sich da weniger auf die Kinder einlassen kann.

Liebe Grüße
Johanna

 
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