Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Feelix am 25.10.2007, 18:12 Uhr

@Mamaselio ...

Liebe Mamaselio!

„Wo grenzt du dich eigentlich ab? Was geht deiner Meinung nach gar nicht?“

War eine Frage Deines Postings, die ich Dir gerne beantworten würde. Gar nicht so einfach. Denn eigentlich zielt sie haarscharf an meiner gedanklichen Auseinandersetzung mit der Idee von „gleichberechtigten Elter-Kind-Beziehungen“ vorbei. Ich grenze mich nicht an der ein oder anderen Stelle ab, und es ist nicht die ein oder andere Sache, die für mich „gar nicht geht“. ;-) Ich fürchte, wenn ich Dir alle Punkte erläutern würde, die meinen Widerspruchsdrang ausmachen, wenn ich an Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ denke, wäre der Rahmen dieses Forums und Deiner Frage (ich weiß ja gar nicht so genau, wie ausführlich Du es gerne hättest, wieviel Lesezeit Du mir überhaupt einräumen möchtest ;-) schnell gesprengt. Deshalb habe ich mir folgendes überlegt: ich kann Dir meine Einwendungen gegen die Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ nicht in der Totalen zeigen, was ich aber versuchen kann, ist, Dir die Richtungen zu zeigen, von denen aus ich mich gedanklich mit der Idee gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen auseinandersetze und somit gewissermaßen zugleich die „Angriffsrichtungen“, in die meine Widerspruchspfeile zielen, ohne Dir jeden „Pfeil“ im einzelnen zu zeigen … Du kannst natürlich jederzeit weiterfragen, wenn Du noch magst ;-)

Ich denke, zuallererst sollte ich die „Katze aus dem Sack“ lassen: ich selbst habe keine „fertige“ Idee zum Umgang mit meinen Kindern. (Warum ich das nicht weiter schlimm finde, erkläre ich weiter unten ;-) Mein Umgang mit meinen Kindern speist sich höchst schlicht aus Erkenntnissen, die ich aus entwicklungspsychologischen Abhandlungen (Remo Largo, Rüdiger Posth in seinem Entwicklungsforum bei RUB und seinem kürzlich erschienenen Buch), kinderpsychologischen Studien (Martin Dornes, Lieselotte Ahnert, Karin Grossmann, Klaus E. Grossmann), Erziehungsratgebern („echten“: Philipp A. Schoeller, Jerzy May, Remo Largo … und solchen mit 99% Unterhaltungsabsicht: Laurie Graham, Axel Hacke … der mir persönlich durch all seinen „Witz“ hindurch eine Menge zu sagen hat :-), durch den Austausch mit den Gedanken anderer Mütter, die mir auf dem Weg meines dreieindreivierteljährigen Mutterdaseins begegnet sind und natürlich auch durch Diskussionen in diesem Forum ;-) gewonnen habe. Das ist also meine „Materialkammer“ in der Auseinandersetzung mit der Idee „gleichberechtiger Eltern-Kind-Beziehungen“.

Eine meiner argumentativen Angriffsrichtungen, man könnte sagen: mein Hauptproblem mit der „Bewegung“, hat mit dem „Bedürfnisparadigma“ zu tun, das die Vertreter der „Bewegung“ an ihre Vorstellung von „Kind“ (manchmal ist mir tatsächlich, als würdet Ihr es in Anführungsstrichen denken ;-) und Kindsein herantragen. Wenn ich die Fallgeschichten und einzelne Fallberatungen richtig verstanden habe, äußert sich für Vertreter der Idee „gleichberechtiger Eltern-Kind-Beziehungen“ in jedem Verhalten eines Kindes(/Menschen) ein Bedürfnis. Möchte ich an das Verhalten des Kindes heran, muß ich im Grunde an „das“ dahinterstehende/darunterliegende Bedürfnis heran. Ist auf dieser Ebene alles klargemacht, geht’s auch auf der Verhaltensebene harmonisch (im Sinne einer inneren Ausgeglichenheit) weiter … Das ist mir hier jedenfalls als Argumentationsmuster häuftig begegnet. Nun, meine Annahme von Bedürfnis ist ein anderes. Ein definitiv komplexeres. Präziser ausgedrückt: ich würde von Bedürfnislagen sprechen, und dann auch von Bedürfnisüberlagerungen oder Bedürfnislagen, die sich relativieren können.

Für mich ist es erst einmal nicht trivial, die Bedürfnislage in einem anderen Menschen (= Kind) zu klären. Sie finden nunmal in dem anderen „drinnen“ statt. Und es kommt mir oft so … übergriffig vor, wenn in Statements hier zu lesen ist: „Hey paß auf, Dein Kind will das und das, ist doch klar, jetzt mußt Du’s nur auch noch erkennen, Deinem Kind befriedigen, und dann – wirst sehen – kommt schon alles klar auf der Verhaltensebene!“ (Wobei das ja noch die freundliche Variante ist …) Das hat für mich nicht weniger (nur anders!) mit Machtausübung zu tun …
Das Interpretieren einer Bedürfnislage, die außerhalb meiner eigenen liegt, und mein Verhalten, daß ich dieser Interpretation anschließe, ist für mich per se Machtausübung. Je wehrloser das Objekt meiner Interpretation, desto mehr. Für mich kein Grund zur Klage, eher eine Grundannahme, die hohe Maßstäbe an meinen Elternjob stellt und für mich ein Anlaß zu größter Achtsamkeit ist. Nochmal: Ich persönlich gehe davon aus, daß eine Bedürfnislage ein Gefühlskomplex ist, bei dem sich Bedürfnisse überlagern, aber auch relativieren können, sogar bis zu dem Punkt, daß sie sich gegenseitig aufheben. Wichtig ist mir in meinem persönlichen Umgang mit meinen Kindern, daß ich v e r s u c h e, ihre Bedürfnis zu lesen, daß ich achtsam bin, daß ich „weich“ bleibe, daß ich in meinem Lesen ihrer Bedürfnisse flexibel bleibe, kurz: daß ich mich innerhalb meiner Möglichkeiten redlich bemühe, die Bedürfnislagen angemessen zu interpretieren, wohl wissend, daß meine Interpretationen eben … Interpretationen sind.

Und damit bin ich bei der Annahme eines (neben allen körperlichen und kognitiven Unterschieden auch) innerpsychischen Unterschiedes zwischen Kind und erwachsenem Menschen:
Über eine recht lange Zeit hinweg verläuft die Bedürfnisinterpretation innerhalb der Eltern-Kind-Beziehung nicht in beide Richtungen und nicht in gleicher Qualität. Und damit eben auch nicht gleichberechtigt. Ich weiß nicht, ob so recht klar wird, was ich meine … Ist mein Kind etwa ein Jahr alt, kann ich mich in mein Kind einfühlen, die Befürfnisse meines Kindes zu lesen versuchen, mein Kind die meinen jedoch noch nicht. Das bleibt noch mindestens drei Jahre lang so. Erst dann – wird vermutet - kann das Kind Bedürfnisse reflektieren und interpretieren. Zunächst einmal seine eigenen und mit zunehmendem Alter auch immer trefflicher die seines Gegenübers. Und viele Schritte weiter – etwa mit fünfzehn, sechzehn Jahren – sind meine Kinder in Sachen Bedürfnisinterpretationskompetenz (;-) dann in etwa da, wo ich als Erwachsener heute bin. Eine entwicklungspsychologische Hypothese – eine, die mich persönlich überzeugt. Nicht mehr, nicht weniger.
Das heißt: nach meinem Verständnis ist dem Menschen die Klarheit über Bedürfnisse, Bedürfnislagen, Bedürfnisüberlagerungen nicht als solche per Geburt mitgegeben, sondern unterliegt einer Entwicklung (im Sinne eines Reiferwerdens, „Größerwerdens“ … so wie das Kind „größer“ wird, wird auch sein Bedürfnis, oder sein Wollen „größer“ – aus einem anfänglichen Drang (Säugling, Baby), wird ein ungerichtetes Wollen, ein gerichtetes Wollen, ein Reflektieren über das Wollen usw. )- siehe Rüdiger Posth. Deshalb ist das Verhältnis zwischen Kind (unter etwa fünfzehn Jahren ) und Erwachsenem meines Erachtens immer eines zwischen dem, der in der Interpretation von Bedürfnissen, Bedürfnislagen, Bedürfnisüberlagerungen bereits Kompetenzen erlangt hat und dem, der diese Kompetenzen erlangen möchte(!). Kein gleichberechtigtes also. Tja, und deshalb finde ich persönlich wohl nichts Diskriminierendes/den Persönlichkeitskern meiner Kinder abwertendes dabei: meinen Kindern nach vorangegangenen drei Eisbechern den vierten zu versagen (auch wenn ich genügend Geld dabei hätte); sie mit allem, was die elterliche Trickkiste hergibt (Ablenkung, Ulkereien, …) zu einem wöchentlichen Bad zu bewegen; sie – im äußersten Fall auch mit Festhalten der Hand - vom Schlagen anderer Kinder abzuhalten; sie liebevoll aber bestimmt ins Bett zu tragen, nachdem unser einstündiges Abendritual in minutiöser Stereotypie abgeschnurrt ist; ihnen die Fastfoodküche frech vorzuenthalten, während ich ihnen – einen in kulinarischer Hinsicht äußerst kleinen Wirklichkeitsausschnitt vorgaukelnd - jeden Tag auf’s neue verschiedene Gemüse zu allem anderen auf die Teller lege; ihnen vorerst und wohl noch eine ganze Weile lang zu verheimlichen, was der große eckige Kasten in der Ecke unseres Wohnzimmers so alles kann … und und und.


Eine zweite Angriffsrichtung ist das Eine-Idee-für-den-Umgang-mit-meinen-Kindern-haben als Solches. Eine eher persönliche Sache, vermute ich … :-) Ich selbst habe es mir im Laufe meines Lebens einfach abgewöhnt, das Verhalten meiner Mitmenschen – ganz gleich in welchen Kontexten - von einer Idee her (also den Menschen in einen größeren Gruppenzusammenhang stellend) zu befragen; ich frage lieber vom einzelnen Menschen, von seinen Gedanken, seinem Wesenskern her. Ich denke, das ist einfach eine Erkenntnis meiner ganz privaten Lebenswegstrecke, ich komme dann einfach zu anregenderen Unterhaltungen … das ist es wohl auch schon.
(Da fällt mir auf: ich finde Internetdiskussionen weniger wegen ihrer rhetorischen Unschärfe schwierig („Hilfe, meint die das jetzt ironisch und will mich hier vorführen?!“ … Im Zweifel ja - aber geschenkt, wenn ich dafür herzhaft lachen durfte :-), als vielmehr wegen der Unschärfe der an der Diskussion Beteiligten. Aber man gewöhnt sich an alles ;-)

Was ich sagen will: ich kann mir ohne weiteres eine blutleere, reflexionsarme, in Denkmustern verharrende, bedauernswert humorlose Vorsitzende einer „freien“ Schule vorstellen, wie ich mir andererseits auch problemlos eine ausgesprochen „bewegliche“, selbstkritische, quietschlustige, kreative, von mir aus auch: saukomische Rektorin einer erzkatholischen Klosterschule vorstellen kann. Und ich muß nicht lange überlegen, mit wem ich als Kind lieber zu tun gehabt habe … Tatsächlich frage ich Mütter im „echten“ Leben selten nach ihrem Erziehungskonzept, nach ihrer „Idee“ von Erziehung. Ich sehe ihnen lieber im Umgang mit ihren Kindern zu … erkenne mich wieder … möchte da auch gerne mal hinkommen … oder muß ganz schnell weg :-))

Damit auch das gesagt ist: Was mir ausgesprochen gut gefällt an der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ ist das Kommunikationsmuster, das darin aufscheint. Und damit meine ich weniger das im Austausch mit anderen Müttern (:-( , sondern vielmehr das für das „Gespräch“ mit unseren Kindern empfohlene. Unter diesem Aspekt sind für mich in der Tat eine Menge (zwar nicht unbedingt nagelneue (;-) aber deshalb natürlich nicht weniger kostbare!) Denkanstöße dabei – die mich eh, und seit der Auseinandersetzung mit der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ umso mehr beschäftigen.

Danke dafür und liebe Grüße, Feelix

 
12 Antworten:

Re: @Mamaselio ...

Antwort von MM am 26.10.2007, 12:14 Uhr

Hallo, bin zwar nicht Mamselio, aber wollte Dir mal schreiben, dass mich Dein Beitrag sehr angesprochen hat - konnte darin viel von meinem eigenen Denken/Fühlen bzgl. Kindern und des Umgangs mit ihnen wiederfinden... Vieles ist echt gut und treffend formuliert (aber das ist auch ein bisschen Dein Ehrgeiz, oder ;-)?)
Komme vielleicht nochmal auf ein paasr Sachen zurück, wenn ich mehr Zeit habe - könnte eine interessante Diskussion hier werden (?)...
Naja, jetzt erstmal tschhüss und LG, M.

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@feelix

Antwort von mamaselio am 26.10.2007, 13:37 Uhr

Liebe Feelix,

ich befuerchte ich kann auf dein langes Posting nicht so eingehend antworten, wie du es verdienen wuerdest. Dazu reicht meine Zeit nicht.
Elio hat Kiga frei und nimmt mich voll in Anspruch und wenn er schlaeft dann muss ich mit etwas um mein Home office kuemmern...

Ich danke dir ganz herzlich fuer deine interessanten Ausfuehrungen. Ich hoffe ganz schwer, dass sich Johanna noch mal parallel meldet.

Aaallllsooo:

Deine Praemisse habe ich so einigermassen verstanden. Es sind also viele kleine Dinge die dich stoeren, die du als widerspruechlich empfindest. Ich habe ja dein Mail nun schon zu Ende gelesen-mehr als einmal-aber wirklich massive Abgrenzung kann ich gar nicht finden...

"Ich denke, zuallererst sollte ich die „Katze aus dem Sack“ lassen: ich selbst habe keine „fertige“ Idee zum Umgang mit meinen Kindern. (Warum ich das nicht weiter schlimm finde, erkläre ich weiter unten ;-) Mein Umgang mit meinen Kindern speist sich höchst schlicht aus Erkenntnissen, die ich aus entwicklungspsychologischen Abhandlungen (Remo Largo, Rüdiger Posth in seinem Entwicklungsforum bei RUB und seinem kürzlich erschienenen Buch), kinderpsychologischen Studien (Martin Dornes, Lieselotte Ahnert, Karin Grossmann, Klaus E. Grossmann), Erziehungsratgebern („echten“: Philipp A. Schoeller, Jerzy May, Remo Largo … und solchen mit 99% Unterhaltungsabsicht: Laurie Graham, Axel Hacke … der mir persönlich durch all seinen „Witz“ hindurch eine Menge zu sagen hat :-), durch den Austausch mit den Gedanken anderer Mütter, die mir auf dem Weg meines dreieindreivierteljährigen Mutterdaseins begegnet sind und natürlich auch durch Diskussionen in diesem Forum ;-) gewonnen habe. Das ist also meine „Materialkammer“ in der Auseinandersetzung mit der Idee „gleichberechtiger Eltern-Kind-Beziehungen“. "

Bis auf die Komiker kenne und schaetze ich fast alle Autoren, die du gelesen hast. Beeinflusst durch Johannas Liste habe ich dann noch Liedloff gelesen (fuer viele NE eine Art AHA Buch...ich fand es so lala) und dann Zeit fuer Kinder von Braunmuehl. Falls du es noch nicht gelesen hast, tu es...Nach der Lektuere des Buches wusste ich so in etwa in welche Richtung ich mich bewegen MOECHTE (ob ich das immer kann, sei mal dahingestellt).
Bei Johanna habe ich dann Leute gefunden, die in eine ganz aehnliche Richtung gehen und die mir beim Gehen behilflich sind bzw mich auf meinem Weg begleiten.

"Eine meiner argumentativen Angriffsrichtungen, man könnte sagen: mein Hauptproblem mit der „Bewegung“, hat mit dem „Bedürfnisparadigma“ zu tun, das die Vertreter der „Bewegung“ an ihre Vorstellung von „Kind“ (manchmal ist mir tatsächlich, als würdet Ihr es in Anführungsstrichen denken ;-) und Kindsein herantragen. Wenn ich die Fallgeschichten und einzelne Fallberatungen richtig verstanden habe, äußert sich für Vertreter der Idee „gleichberechtiger Eltern-Kind-Beziehungen“ in jedem Verhalten eines Kindes(/Menschen) ein Bedürfnis. Möchte ich an das Verhalten des Kindes heran, muß ich im Grunde an „das“ dahinterstehende/darunterliegende Bedürfnis heran. Ist auf dieser Ebene alles klargemacht, geht’s auch auf der Verhaltensebene harmonisch (im Sinne einer inneren Ausgeglichenheit) weiter "

Mmmmhhhh...So wie du es schreibst wuerde es bedeuten, dass NE Eltern IMMER glauben zu wissen was das Kind gerade will. Das ist nicht so und waere ziemlich vermessen.
Sicher gucke ich, welches Beduerfnis mein Kind haben KOENNTE, ich kann versuchen zu verstehen, zu helfen, einen Kompromiss finden.Ich kann versuchen herauszufinden, was unsere Beziehung stoert (mir z. Bsp steht meine eigene sehr autoritaere Erziehung ganz oft im Weg). Ein Anspruch verbirgt sich dahinter fuer mich nicht.

Wenn es so waere wie du schreibst, waere NE eine Methode um bessere Kinder zu haben. Ganz simple gesagt: mir passt das und das an Elio nicht, um es abzustellen muss ich erkennen, was er wirklich will und dann hoert das Verhalten schon auf und alle sind zufrieden. Das waere in hoechstem Masse manipulativ. Ausserdem wuerde es mich als Mutter voellig ausschliessen. Ich habe auch Beduerfnisse, Probleme, Aengste...Irgendwie bin ich nicht sicher, ob ich dich richtig verstanden habe...Es geht doch nicht darum, dass ein Kind moeglichst gut funktionieren soll.

"… Das ist mir hier jedenfalls als Argumentationsmuster häuftig begegnet."

Es geht darum gemeinsam zu leben, da muss man zwangslaeufig auf Beduerfnisse schauen, aber nicht um zu formen.

"Nun, meine Annahme von Bedürfnis ist ein anderes. Ein definitiv komplexeres. Präziser ausgedrückt: ich würde von Bedürfnislagen sprechen, und dann auch von Bedürfnisüberlagerungen oder Bedürfnislagen, die sich relativieren können. "

Das klingt gut...

"Für mich ist es erst einmal nicht trivial, die Bedürfnislage in einem anderen Menschen (= Kind) zu klären. "

Hast du das Gefuehl, dass das fuer die NE trivial ist? Versteh ich grad nicht...

"Sie finden nunmal in dem anderen „drinnen“ statt. Und es kommt mir oft so … übergriffig vor, wenn in Statements hier zu lesen ist: „Hey paß auf, Dein Kind will das und das, ist doch klar, jetzt mußt Du’s nur auch noch erkennen, Deinem Kind befriedigen, und dann – wirst sehen – kommt schon alles klar auf der Verhaltensebene!“ "

Wenn das so einfach waere, dann gaeb es kaum Probleme...Also ich sehe das auch sehr viel komplizierter...Mein Sohn haut seit er 2.5 Jahre alt ist. In den allermeisten Faellen erkenne ich das Beduerfnis dahinter, was sicher hilft. Trotzdem bleibt er impulsiv. Er ist wie er ist und wird es abstellen, wenn er was davon hat.

"(Wobei das ja noch die freundliche Variante ist …) Das hat für mich nicht weniger (nur anders!) mit Machtausübung zu tun … "

So wie du es schreibst bzw verstehst unterschreibe ich das mit dem Machtanspruch.

"Das Interpretieren einer Bedürfnislage, die außerhalb meiner eigenen liegt, und mein Verhalten, daß ich dieser Interpretation anschließe, ist für mich per se Machtausübung. "

Ich koennte mir vorstellen, dass viele in Johannas Liste jetzt mit dem Kopf nicken wuerden.

"Je wehrloser das Objekt meiner Interpretation, desto mehr. Für mich kein Grund zur Klage, eher eine Grundannahme, die hohe Maßstäbe an meinen Elternjob stellt und für mich ein Anlaß zu größter Achtsamkeit ist."

Ich kann nur wieder nicken...

"Nochmal: Ich persönlich gehe davon aus, daß eine Bedürfnislage ein Gefühlskomplex ist, bei dem sich Bedürfnisse überlagern, aber auch relativieren können, sogar bis zu dem Punkt, daß sie sich gegenseitig aufheben. Wichtig ist mir in meinem persönlichen Umgang mit meinen Kindern, daß ich v e r s u c h e, ihre Bedürfnis zu lesen, daß ich achtsam bin, daß ich „weich“ bleibe, daß ich in meinem Lesen ihrer Bedürfnisse flexibel bleibe, kurz: daß ich mich innerhalb meiner Möglichkeiten redlich bemühe, die Bedürfnislagen angemessen zu interpretieren, wohl wissend, daß meine Interpretationen eben … Interpretationen sind.

Ich komme aus dem nicken gar nicht heraus...

"Und damit bin ich bei der Annahme eines (neben allen körperlichen und kognitiven Unterschieden auch) innerpsychischen Unterschiedes zwischen Kind und erwachsenem Menschen:
Über eine recht lange Zeit hinweg verläuft die Bedürfnisinterpretation innerhalb der Eltern-Kind-Beziehung nicht in beide Richtungen und nicht in gleicher Qualität."

Das sehe ich auch so. Das wollte ich in der Liste schon mal ansprechen, aber mir fehlen oft neben Zeit einfach die Worte...

"Und damit eben auch nicht gleichberechtigt."

Mhhh...

Du scheinst mit dem Wort bgleichberechtigt auf Kriegsfuss zu stehen...Ich finde es auch unpassend.
Was waere,wenn du das Wort gleichberechtigt durch gleichwuerdig ersetzt (kommt nicht von mir, finde ich aber besser). ? Dann entfernst du dich von dem Gedanken, dass zwischen Eltern und Kindern immer alles haargenau aufgerechnet wird.
Wenn wir also sagen wuerden, dass Eltern und Kinder gleichwuerdig sind, stimmst du dann zu?

"Ich weiß nicht, ob so recht klar wird, was ich meine … Ist mein Kind etwa ein Jahr alt, kann ich mich in mein Kind einfühlen, die Befürfnisse meines Kindes zu lesen versuchen, mein Kind die meinen jedoch noch nicht. Das bleibt noch mindestens drei Jahre lang so."

Ich sehe, du liesst eifrig bei Dr Posth...

"Erst dann – wird vermutet - kann das Kind Bedürfnisse reflektieren und interpretieren. Zunächst einmal seine eigenen und mit zunehmendem Alter auch immer trefflicher die seines Gegenübers. Und viele Schritte weiter – etwa mit fünfzehn, sechzehn Jahren – sind meine Kinder in Sachen Bedürfnisinterpretationskompetenz (;-) dann in etwa da, wo ich als Erwachsener heute bin. Eine entwicklungspsychologische Hypothese – eine, die mich persönlich überzeugt. "

Mich auch. Ich glaube das sehen viele in der Liste anders. Das finde ich jetzt aber ueberhaupt nicht "schlimm".
Mein Kind ist ja wegen dieses momentanen Manko nicht "minderwertiger" oder dumm. Es ist auf der Wertskala nicht unter mir. Zunaechst bin ich in der Eltern-Kind Beziehung sicher die, die mehr gibt. Klar laeuft das anfangs unilateral,das liegt in der Natur der Sache.

"Deshalb ist das Verhältnis zwischen Kind (unter etwa fünfzehn Jahren ) und Erwachsenem meines Erachtens immer eines zwischen dem, der in der Interpretation von Bedürfnissen, Bedürfnislagen, Bedürfnisüberlagerungen bereits Kompetenzen erlangt hat und dem, der diese Kompetenzen erlangen möchte(!)."

Ok.

"Kein gleichberechtigtes also."

Wie gesagt, die Kausalitaet leuchtet mir nicht ein.Das mag aber an dem Begriff liegen (s.o.).
Sind fuer dich Kinder wirklich weniger wert, weil sie noch nicht so weit sind? Haben sie deshalb wirklich weniger Rechte?
D.h. doch allenfalls nur, dass ich gelegentlich eingreifen muss, weil Gefahr besteht. D.h. vielleicht auch, dass ich als Mutter eine zeitlang meine Beduerfnisse anpasse oder zurueckstelle.Mehr doch nicht...

"Tja, und deshalb finde ich persönlich wohl nichts Diskriminierendes/den Persönlichkeitskern meiner Kinder abwertendes dabei: meinen Kindern nach vorangegangenen drei Eisbechern den vierten zu versagen (auch wenn ich genügend Geld dabei hätte)"

Das kann man doch aushandeln...Mehr als drei schafft kein Kind...Warum nicht der vierte? Weil du Angst hast, er wird ein Nimmersatt? Ein Verschwender? Ein Massloser? Das kannst du bei aller Erfahrung in letzter Instanz nicht wirklich wissen...

"; sie mit allem, was die elterliche Trickkiste hergibt (Ablenkung, Ulkereien, …) zu einem wöchentlichen Bad zu bewegen; "

Was ist daran falsch? Was tust du wenn sie trotz aller Tricks nicht baden wollen? Trotzdem baden? Strafen? Oder reward? Kannst du akzeptieren, dass sie trotz aller Tricks einfach mal nicht wollen?

"sie – im äußersten Fall auch mit Festhalten der Hand - vom Schlagen anderer Kinder abzuhalten;"

Ich denke da werden die meisten NE wieder nicken...

"sie liebevoll aber bestimmt ins Bett zu tragen, nachdem unser einstündiges Abendritual in minutiöser Stereotypie abgeschnurrt ist;"

Ich mache es auch nicht wie Vina. Wir gehen eigentlich immer zu einer bestimmten Zeit zu Bett. In 9 von 10 Faellen sagt Elio meist immer um dieselbe Zeit ich bin muede, ich will schlafen.

Bett-Terror kenn ich nicht.

Das eine Mal, wenn ich sage hui es ist schon 9 Uhr, wollen wir nicht ins Bett? und Elio sagt, ich bin nicht muede ich will noch das und das machen...va bene...das ist kein Problem. Das heisst dann, dass er sich tagsueber wenig bewegt hat und einfach noch wach ist...das ist dann halt so.

"ihnen die Fastfoodküche frech vorzuenthalten, während ich ihnen – einen in kulinarischer Hinsicht äußerst kleinen Wirklichkeitsausschnitt vorgaukelnd - jeden Tag auf’s neue verschiedene Gemüse zu allem anderen auf die Teller lege;"

ist fuer mich voellig ok...das ist aber irgendwann vorbei. Was machst du spaeter? Verbieten? Kein fast food?

"ihnen vorerst und wohl noch eine ganze Weile lang zu verheimlichen, was der große eckige Kasten in der Ecke unseres Wohnzimmers so alles kann … und und und. "

Wir haben den Fernseher entfernt.

"Eine zweite Angriffsrichtung ist das Eine-Idee-für-den-Umgang-mit-meinen-Kindern-haben als Solches. Eine eher persönliche Sache, vermute ich … :-)"

Ich merke einfach wie gut es ist, sich mit Leuten auszutauschen, die in etwa so denken wie man selbst bzw wie schwierig das Leben ist, wenn die Mehrzahl der Freunde aus standhaften Erziehern besteht.
Stichwort schlagen. Im real life gelten schlagende/kneifende/beissende Kinder (auch Kleinkinder!) als asozial, gestoert, komisch. Liess mal hier im RUB...

"Ich selbst habe es mir im Laufe meines Lebens einfach abgewöhnt, das Verhalten meiner Mitmenschen – ganz gleich in welchen Kontexten - von einer Idee her (also den Menschen in einen größeren Gruppenzusammenhang stellend) zu befragen; ich frage lieber vom einzelnen Menschen, von seinen Gedanken, seinem Wesenskern her."

Ich wuerde sagen, dass ich das auch tue. Warum sollte das aber Sympathie fuer einen bestimmte Art zu leben ausschliessen? Das verstehe ich nicht.

"Ich denke, das ist einfach eine Erkenntnis meiner ganz privaten Lebenswegstrecke, ich komme dann einfach zu anregenderen Unterhaltungen … das ist es wohl auch schon. "

Ja.

"(Da fällt mir auf: ich finde Internetdiskussionen weniger wegen ihrer rhetorischen Unschärfe schwierig („Hilfe, meint die das jetzt ironisch und will mich hier vorführen?!“ … Im Zweifel ja - aber geschenkt, wenn ich dafür herzhaft lachen durfte :-), als vielmehr wegen der Unschärfe der an der Diskussion Beteiligten. Aber man gewöhnt sich an alles ;-)"

Das ist mir zu hoch. Was meinst du damit? Was mich angeht, so bin ich ein denkbar schlechter Schreiber. Ich tue mich schwer Gedanken in Worte zu fassen. Mein Schreibstil ist eine Katastrophe... Im direkten Dialog kann ich mich viel besser verstaendlich machen. Du musst auch wissen, dass ich wirklich sehr simpel gestrickt bin. Das hat nichts mit schlicht im Geiste zu tun, ich mag es klar und deutlich ohne grosse Paraphrasierung.

"Was ich sagen will: ich kann mir ohne weiteres eine blutleere, reflexionsarme, in Denkmustern verharrende, bedauernswert humorlose Vorsitzende einer „freien“ Schule vorstellen, wie ich mir andererseits auch problemlos eine ausgesprochen „bewegliche“, selbstkritische, quietschlustige, kreative, von mir aus auch: saukomische Rektorin einer erzkatholischen Klosterschule vorstellen kann."

Ja, das kann ich mir auch vorstellen. Ich denke auch nicht in Schubladen.

"Tatsächlich frage ich Mütter im „echten“ Leben selten nach ihrem Erziehungskonzept, nach ihrer „Idee“ von Erziehung. Ich sehe ihnen lieber im Umgang mit ihren Kindern zu"

Ich auch. Reden kann man viel... …

"erkenne mich wieder … möchte da auch gerne mal hinkommen … oder muß ganz schnell weg :-))"

Dito.

"Damit auch das gesagt ist: Was mir ausgesprochen gut gefällt an der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ ist das Kommunikationsmuster, das darin aufscheint."

Na immerhin....Muss los...

Gruss
Christiane

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Re: @feelix

Antwort von Feelix am 26.10.2007, 15:01 Uhr

Liebe Mamaselio!

Nur damit ich nicht zu einem weiteren Posting ansetze, für dessen Lektüre Du eigentlich gar keine Zeit mehr hast, (Dein etwas abruptes Ende deutet darauf hin ... ;-) gar nicht spitz gemeint, wir haben da dasselbe Problem und ich muss auch ständig priorisieren :-), deshalb ja auch) folgende Frage:

Soll ich die indirekten und direkten Fragen Deines Beitrages für Fragen nehmen, die gerne eine erneute Antwort von mir hätten oder soll ich Dein Posting eher als eine Art persönliche Bilanz der Gemeinsamkeiten zwischen meinen Gedanken zum Umgang mit meinen Kindern und Deiner ganz privaten Umsetzung der Idee "gleichberechtiger Eltern-Kind-Beziehungen" nehmen (die mit der Idee, der Bewegung, wie ich sie hier in diesem Forum von ihren Hauptprotagonisten vorgestellt bekommen habe, für meine Begriffe nur noch bedingt etwas zu tun hat ;-)? -- Sie könnte dann ja auch einfach so stehen bleiben ...

Liebe Grüße, Feelix

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Re: @Mamaselio ...

Antwort von Feelix am 26.10.2007, 15:12 Uhr

Hallo MM!

... ich bin gespannt auf Deine Gedanken dazu!

Liebe Grüße, Feelix

p.s.: Klar sind treffsichere Formulierungen mein "Ehrgeiz" - nicht nur "ein bißchen" ;-) ... Damit wir uns verstehen. :-)

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Re: @feelix

Antwort von mamaselio am 26.10.2007, 17:14 Uhr

Liebe Feelix,

Elio hat eine ganze Weile wunderbar mit dem Nachbarsjungen gespielt...Ploetzlich wurde er pampig und wo das endet weiss ich...Daher musste ich mein Posting ziemlich schnell beenden.
P. ist einen Kopf kleiner als mein Sohn und wenn er sich auf ihn stuerzt gibt es blaue Flecken...Alles schon gehabt. Ich bin dann immer gern sprungbereit...

Aber zu uns...Mach es doch einfach so wie es fuer dich am besten passt.

Ich bin so oder so gespannt...

Lieben Gruss

Christiane

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Gleichberechtigung

Antwort von solelo am 28.10.2007, 19:09 Uhr

Na eeeeendlich,

auf so ein Posting habe ich schon seit Ewigkeiten gewartet :-D Endlich sagst du offen, was du davon hältst überhaupt :-) Ich mische mich einfach Mal auf Einladung von Mamaselio ein...

***Möchte ich an das Verhalten des Kindes heran, muß ich im Grunde an „das“ dahinterstehende/darunterliegende Bedürfnis heran.***

Das hört sich manipulativ an. So ist es nicht gemeint. Wir kommen aus einer anderen Ecke an diese Sache heran. Verhält sich ein Kind "asozial", "gestört" oder irgendwie "anders", als wir es gewöhnt sind, dann stört uns nicht das VERHALTEN (vielleicht schon auch, aber das ist *eigentlich* jedenfalls in der Theorie nicht prioritär), es stört uns, dass es ihm offenbar NICHT GUT GEHT, und DESHALB versuchen wir, herauszufinden, was überhaupt los ist.

Das sind dann wie du selbst sagst *immer* nur Interpretationen oder Vermutungen. Wir können das vermutete zugrunde liegende Bedürfnis erfüllen DAMIT ES DEM KIND GUT GEHT (nicht, damit das Verhalten wieder aufhört, denn das Kind darf sich selbstverständlich auch weiterhin "schlecht benehmen", wenn es damit Luft ablassen kann – es ist ja eine Art natürlicher Umgang mit seinem Unwohlsein, das ihm auch was bringt, in ganz unterschiedliche Weisen) – und hoffen, dass es dem Kind wieder gut geht.

Vielleicht liegen wir richtig, vielleicht liegen wir falsch – ich glaube, das machen auch traditionell Erziehende so, wenn sie erkennen, dass irgendwas "im Busch" ist. Aber die Fokussierung auf "Fehlverhalten", das "abzuschalten" ist durch sämtliche Erziehungstricks, verschlechtert den Blick auf das Befinden und die Bedürfnisse des Kindes. "Wir" interpretieren vielleicht ein Mal zu oft falsch, dass das Kind überhaupt ein Problem hat. Ich würde sagen, meistens gehen wir davon aus, dass das Kind sich ja kooperieren will, sich anpassen will, "sich benehmen" will, unseren Erwartungen entsprechen will, sich der Gesellschaft eingliedern will etc., weshalb wir dann bei sog. "Fehlverhalten" immer erst Mal schauen, ob da irgendwas "im Busch" ist, bevor wir anfangen, am Verhalten des Kindes herumzunörgeln oder gar herumzudoktorn (wobei die Hardcore-Gleichberechtigten wohl höchstens nörgeln würden). Manchmal ist auch einfach nichts "im Busch.

Trotz der häufigen oder seltenen Interpretationsfehler entsteht durch diese Art "Kommunikation" mit dem Kind auch eine *gute* Kommunikation, denn aus Fehlern lernt man ja (beide). Man wird ja immer besser, nicht nur man selbst, sondern auch das Kind. Wenn das Kind z.B. *eigentlich* meine Aufmerksamkeit will, weil ich mich schon stundenlang auf dem Spielplatz mit der Mutter von Fritzchen unterhalte und mein Kind nicht beachte, und eigentlich hat nur deshalb mein Kind mich gehauen (peinlich!) oder Fritzchen gebissen, und ich sage dann: "Oh, du brauchst wohl meine Aufmerksamkeit", und ihm die Aufmerksamkeit gebe, kann das nächste Mal oder nach 20 Mal mein Kind sagen: "Du, ich brauche deine Aufmerksamkeit", wenn es denn immer oder häufig zufällig gepasst hat. Das ist nur bildlich gemeint, so passiert das sicher nicht. Ich hoffe, es wird klar, was ich meine.

Das ist ein gegenseitiger und gemeinsamer Lernprozess, dann muss man auch nicht immer nur "vermuten". Irgendwann *weiß* man, was das Kind für ein Bedürfnis hat, quasi instinktiv ganz ohne Wissenschaft oder Wissen oder Beratung, genauso wie Mütter, die ihre Kinder windelfrei (www.topffit.de) aufwachsen lassen einfach *wissen*, wann ihr Kind Pipi machen muss, auch ohne dass das Kind irgendwelche Zeichen gibt (ich kenne eine persönlich). Pipi ist ja auch ein Bedürfnis.

Laut Liedloff entsteht durch Stillen, Tragen, Familienbett – für windelfreie Eltern kommt noch das Windelfrei hinzu (was Liedloff nicht beschrieben hat, aber was die von ihr beschriebenen Indianer natürlich trotzdem so praktiziert haben) – eine so innige Beziehung (= Bindung), die Kommunikation ohne Worte erlaubt, und somit übrigens Bedürfnis-Interpretation *in beide Richtungen* erlaubt. Ich sehe das nicht so dogmatisch mit dem Tragen, Stillen, Familienbett, wie einige Liedloff "Fans": selbst wenn Teile von Liedloffs "A und O" "fehlen", kann auch so eine innige Beziehung entstehen. Trotzdem kann man sich selbstverständlich in der Bedrürfnisinterpretation irren.

Du stellst das in deinem Posting so dar, als ginge alles von den Bedürfnissen aus. Das ist ja nur ein Teil bzw. eine Sache, die nur zur Sprache kommt, wenn man mit Problemen hadert. Der Kern von gleichberechtigten Beziehungen ist doch immer nur die Haltung. Egal ob ich es schaffe, die Bedürfnisse meines Kindes herauszufinden, um ihm bei Problemen mit sich selbst oder der Umwelt zu helfen, oder nicht, am allermeisten geht es um die Haltung, die ich gegenüber meinem Kind einnehme.

Zur Erinnerung: Also so: Eltern Kind und nicht so: Eltern ---> Kind oder gar so: Kind ---> Eltern.

bedeutet für mich nicht "beide gleich", sondern gleichberechtigt und gleichwürdig (aber nicht nur gleichwürdig :-)) Sie sind auf der gleichen Achtungs- und Respektebene. Sie haben die gleichen *Rechte*. Nicht die gleichen *Pflichten*, übrigens. Das bezieht sich auf die *Haltung*. Nicht auf die Verhaltensweisen.

***Für mich ist es erst einmal nicht trivial, die Bedürfnislage in einem anderen Menschen (= Kind) zu klären. Sie finden nunmal in dem anderen „drinnen“ statt. Und es kommt mir oft so … übergriffig vor, wenn in Statements hier zu lesen ist: „Hey paß auf, Dein Kind will das und das, ist doch klar, jetzt mußt Du’s nur auch noch erkennen, Deinem Kind befriedigen, und dann – wirst sehen – kommt schon alles klar auf der Verhaltensebene!“ (Wobei das ja noch die freundliche Variante ist …) Das hat für mich nicht weniger (nur anders!) mit Machtausübung zu tun …***

Ja, das klingt so wie du das darstellst auf jeden Fall nach Manipulation und Methodik, also Machtausübung. Aber du bist ja nicht gegen Machtausübung, oder? Du willst das nur erzählen, weil dir das als widersprüchlich entgegenspringt, wir würden gegen Macht sein und dann im Hintertürchen doch..., habe ich das richtig verstanden? (ganz ohne Ironie oder so, ich frage das ehrlich und auch nicht bewertend.)

***Das Interpretieren einer Bedürfnislage, die außerhalb meiner eigenen liegt, und mein Verhalten, daß ich dieser Interpretation anschließe, ist für mich per se Machtausübung. Je wehrloser das Objekt meiner Interpretation, desto mehr.***

Das finde ich übertrieben. Bei einem Baby bleibt dir z.B. nichts anderes übrig als seine Äußerungen zu interpretieren. Das ist doch nicht gleich Machausübung. Du willst einfach nur wissen, wie du dem Kind HELFEN kannst. Wo ist das Macht? Wenn du das mit dem gleichen Gefühl machen kannst, wenn dein Kind schon 5 ist und ein anderes schlägt oder 24 Stunden vor der Glotze sitzt, dann ist das auch da keine Machtausübung. Für mich kommt es lediglich wieder auf die Haltung zurück. Mit der Haltung: Ich darf selbstverständlich auf mein Kind Macht ausüben, weil es X (z.B. meine Bedürfnisse ja gar nicht verstehen kann oder welche Rechtfertigung/Erklärung auch immer) - wird das Vorgehen, die Bedürfnisse des Kindes herauszufinden, nicht so aussehen, als ob man lediglich die Bedürfnisse des Kindes *verstehen* wollte und dem Kind *helfen* wollte, sondern kann durchaus methodisch gesehen werden, eben als ob es mir lediglich darum ginge, das Kind zu einem von mir gewünschten oder von mir als akzeptabel befundenem Verhalten zu *bringen.

Wenn die HALTUNG von Gleichberechtigung geprägt ist, wird letzteres vollkommen ausgeblendet. Ich kann mit 100%iger Gewissheit sagen, dass wenn ich mich auf die Bedürfnisse meiner Kinder konzentrieren, dann immer nur deswegen, weil ich versuche, sie zu verstehen und versuche, ihnen zu helfen. Manchmal reicht das verstehen und ich muss gar nichts helfen. Manchmal wollen sie eben keine Hilfe und das verstehen hilft nur MIR mit der Situation besser klar zu kommen und z.B. nicht auszurasten.


***Wichtig ist mir in meinem persönlichen Umgang mit meinen Kindern, daß ich v e r s u c h e, ihre Bedürfnis zu lesen, daß ich achtsam bin, daß ich „weich“ bleibe, daß ich in meinem Lesen ihrer Bedürfnisse flexibel bleibe, kurz: daß ich mich innerhalb meiner Möglichkeiten redlich bemühe, die Bedürfnislagen angemessen zu interpretieren, wohl wissend, daß meine Interpretationen eben … Interpretationen sind.***

Aber Mensch, das ist doch selbstverständlich. Es kann immer nur ein Versuch bleiben und manchmal glückt es und manchmal nicht. Manchmal probierst du halt mehrmals was aus, um deinem Kind zu helfen. Merke: um deinem Kind zu HELFEN, nicht um es zu verändern, zu manipulieren, zu einer Verhaltungsänderung *zu bringen*.

Zumindest wenn *ich* hier Ratschläge gebe, biete ich Tausende von Möglichkeiten an, was es für Bedürfnisse sein *könnten* und was man machen könnte. Man fängt vermutlich bei der Sache an, die einem am wahrscheinlichsten vorkommt. Ist doch logisch :-) Wenn hier jemand „Hey paß auf, Dein Kind will das und das, ist doch klar, jetzt mußt Du’s nur auch noch erkennen, Deinem Kind befriedigen, und dann – wirst sehen – kommt schon alles klar auf der Verhaltensebene!“ sagt, dann ist das wirklich zu einseitig. Aber es ist auch durchaus OK, einfach nur EINE Idee zu haben, dafür sind wir ja in einem Forum, wo viele Ideen zusammen kommen können. Das bedeutet jedenfalls nicht, dass ALLE Eltern, die gleichberechtigt mit ihren Kindern leben, immer sonnenklar zu wissen behaupten, was ihrem Kind fehlt. Und man kann sich ja auch noch dabei irren, zu glauben, dem Kind würde überhaupt was fehlen ;-) Das passiert hierarchischen Eltern ja genauso ;-)

Manchmal ist es auch schlauer, z.B., damit Postings nicht so lang werden und überhaupt gelesen werden :-D, wenn man erst Mal nur EINE Vermutung loslässt und dann abwartet, was passiert. Ich muss mir bei meinem Umgang mit meinen Kindern auch nicht 100 Möglichkeiten ausdenken. Ich mach halt erst Mal das, was ich vermute, was helfen könnte und das ist natürlich am von mir vermuteten Bedürfnis orientiert. Ich bin doch aber selbstverständlich offen dafür, dass das falsch war und dann probier ich halt noch Mal aus. Das wirst du nicht anders machen... Außer, dass du halt noch gerne das Recht behalten willst, über deine Kinder zu stehen ;-P Ich mach nur Spaß...

***Über eine recht lange Zeit hinweg verläuft die Bedürfnisinterpretation innerhalb der Eltern-Kind-Beziehung nicht in beide Richtungen und nicht in gleicher Qualität. Und damit eben auch nicht gleichberechtigt.***

Diese Gleichung kann ich so gar nicht nachvollziehen. NATÜRLICH sind wir verschieden. Nicht nur in der Bedürfniserkennungskompetenz sondern in so vielen Bereichen sind wir viel viel erfahrener als unsere Kinder. Unsere Kind sind in vielen Dingen aber auch viel reiner als wir. Oder verspielter. Oder unlogischer. Oder kreativer. Oder sie achten besser als wir, auf die kleinen schönen Dinge des Lebens, wie z.B. als mir mein Sohn neulich voller Erstaunen und Bewunderung Vögelchen zeigte, die auf am Rand einer total befahrenen Straße auf dem Bürgersteig zwischen Hunderkacke und Müll an Bäumen und einem parkedem Auto sowie einem Fahrrad fröhlich Körnchen aufpickten. Ich hätte sie nie gesehen, sie sind auch nicht auf meiner "Höhe" ;-) und ich habe den automatischen Blick auch dafür verloren (ich muss es bewusst machen).... Oder oder oder.... das war eigentlich gar nicht mein Punkt, ist mir nur so eingefallen – damit wiegt sich die Ungleichheit auch ein bisschen aus. Daher sagt man auch, dass man sooo viel von Kindern lernen könne, hast du bestimmt tausend Mal gehört.

Aber schau doch Mal:

Behinderte sind auch sehr "ungleich". Alte Menschen auch, sie können viele Dinge nicht mehr. Zwischen Erwachsenen gibt es auch große Ungleichheiten, manche z.B. haben mit 30 immer noch die Bedürfniserkennungskompetenz eines Babys ;-) Da fallen mir einige männliche Exemplare ein, die ich in meinem Leben begegnet bin, LOL ;-)

Müssen Behinderte andere Rechte haben? Alte Menschen? 10-15-jährige? 18-20-jährige? Alte Menschen ab 80? Nur diejenigen ab 80, die einen Schlaganfall hatten? Alle, die einen Unfall hatten, sodass nicht unerhebliche Teile des Gehirns kaputt gegangen sind? Soll man einen Test machen, ab wann man die allgemeinen Rechte haben kann? Muss man den dann alle 12 Monate wiederholen, könnte ja sein, dass man seine Bedürfniserkennungskompetenz und sonstige Kompetenzen wieder vermurkst hat? Alkoholiker, auch andere Rechte? Wann überhaupt könnten alle die gleichen Rechte haben, wenn nicht einfach schon immer? Rechte sind doch nur dazu da, die Würde des Menschen zu schützen. Sie sind keine Pflichten, keine Kompetenzen, keine Erfahrung, sind nichts weiter, als eben Rechte. Rechte wie Freiheit, Selbstbestimmung, dass man nicht für schuldig gesprochen und verurteilt werden darf, wenn die Schuld noch nicht in einem öffentlichen bzw. wenigstens fairen Verfahren bewiesen worden ist (ein Recht, dass sehr sehr sehr viele Eltern täglich einfach nicht beachten –- weil ihre Kinder ihre Bedürfnisse nicht erkennen können???), Recht auf freie Meinungsäußerung, Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit etc. etc. etc!!!

Was du meinst, ist dass wir nicht *gleich* sind. Das ist so, ja, da stimme ich zu.

TROTZDEM habe alte Menschen, Behinderte, Farbige, Latinos, Indianer, Europäer, Katholiken, Protestanten, Moslems, Frauen, Männer, Gehirngeschädigte, 18-jährige, unerfahrene 30-jährige, erfahrene 30-jährige, sterbenskranke 90-jährige und jawohl, selbstverständlich auch Kinder!!!! OBWOHL sie alle unterschiedlich sind/sein können, andere Bedürfnisse haben (können), andere Philosophien und andere Rechts- und Lebensvorstellungen, andere Kompetenzen, andere Warhnehmung.... die gleichen RECHTE!

***Ich weiß nicht, ob so recht klar wird, was ich meine***

Das weiß ich nicht. Ich habe das Gefühl, mir ist klar was du meinst, obwohl du hier das falsche Wort gesetzt hast.

***… Ist mein Kind etwa ein Jahr alt, kann ich mich in mein Kind einfühlen, die Befürfnisse meines Kindes zu lesen versuchen, mein Kind die meinen jedoch noch nicht. Das bleibt noch mindestens drei Jahre lang so. Erst dann – wird vermutet - kann das Kind Bedürfnisse reflektieren und interpretieren.***

Was hat das alles mit unseren RECHTEN zu tun? Weil es meine Bedürfnisse nicht interpretieren kann... darf es nicht frei sein? Weil es meine Bedürfnisse noch nicht interpretieren kann... darf es nicht sein Essen frei wählen, genau wie ich? Was hat SEIN Essen mit MEINEN von ihm nicht erkannten Bedürfnissen zu tun?


***Zunächst einmal seine eigenen und mit zunehmendem Alter auch immer trefflicher die seines Gegenübers. Und viele Schritte weiter – etwa mit fünfzehn, sechzehn Jahren – sind meine Kinder in Sachen Bedürfnisinterpretationskompetenz (;-) dann in etwa da, wo ich als Erwachsener heute bin.***

Und ab 15 ist es dann gleichberechtigt? Wieso, wieso nicht? Woran erkennt man, dass es meine Bedürfnisse nun erkennt? und das Kind, dessen Bedürfnisse jahrelang ignoriert wurden, und so nie gelernt hat, dass andere auch Bedürfnisse haben (nicht, dass alle Kinder, deren Bedürfnisse ignoriert werden, auch so würden, es kann auch genau andersrum oder einfach nur anders sein) – das darf dann nie gleichberechtigt sein?

***Deshalb ist das Verhältnis zwischen Kind (unter etwa fünfzehn Jahren ) und Erwachsenem meines Erachtens immer eines zwischen dem, der in der Interpretation von Bedürfnissen, Bedürfnislagen, Bedürfnisüberlagerungen bereits Kompetenzen erlangt hat und dem, der diese Kompetenzen erlangen möchte(!). Kein gleichberechtigtes also.***

Quark :-) Es ist genauso gleichberechtigt. Deine Aussage sagt doch nur, dass das eine eben ein KIND ist und das andere eben die MUTTER/der VATER. Nur deshalb hinkt der Vergleich mit dem WG-Mitbewohner, falls du den auch schon Mal mitbekommen hattest. Denn wir sind eben nicht nur gleichberechtigt, sondern eben AUCH: eine Eltern-Kind-Beziehung.

***Tja, und deshalb finde ich persönlich wohl nichts Diskriminierendes/den Persönlichkeitskern meiner Kinder abwertendes dabei: meinen Kindern nach vorangegangenen drei Eisbechern den vierten zu versagen (auch wenn ich genügend Geld dabei hätte);

Was hat das mit deinen von Kind nicht erkannten Bedürfnissen zu tun?

***sie mit allem, was die elterliche Trickkiste hergibt (Ablenkung, Ulkereien, …) zu einem wöchentlichen Bad zu bewegen;***


gleiche Frage!


***sie – im äußersten Fall auch mit Festhalten der Hand - vom Schlagen anderer Kinder abzuhalten;***


Das hat mit den Bedürfnissen des anderes Kindes zu tun, das du hier schützt. Das werden alle machen, zumindest wenn die Kinder wirklich Hilfe brauchen eine kleine Rangelei können Kinder auch ohne Eingriff bewältigen. Da können wir eben wachsam sein. (Wir können natürlich *auch*/zusätzlich unserem eigenen Kind helfen)

Hat aber auch nichts mit deinen Bedürfnissen zu tun bzw. nichts damit, dass dein Kind deine vielleicht nicht erkennen kann. Der Zusammenhang geht mir wirklich überhaupt nicht auf.


***sie liebevoll aber bestimmt ins Bett zu tragen, nachdem unser einstündiges Abendritual in minutiöser Stereotypie abgeschnurrt ist;***


Das könnte natürlich auch was mit deinen Bedürfnissen zu tun haben, aber die könnte man auch anders befriedigen.


***ihnen die Fastfoodküche frech vorzuenthalten, während ich ihnen – einen in kulinarischer Hinsicht äußerst kleinen Wirklichkeitsausschnitt vorgaukelnd - jeden Tag auf’s neue verschiedene Gemüse zu allem anderen auf die Teller lege; ihnen vorerst und wohl noch eine ganze Weile lang zu verheimlichen, was der große eckige Kasten in der Ecke unseres Wohnzimmers so alles kann … und und und.***


....genau, hat alles nichts mit deinen nicht erkannten Bedürfnissen zu tun.

Dass dein Kind deine Bedürfnisse mitunter nicht erkennen kann (wobei ich das gar nicht bestätigen kann, ich finde sehr wohl, dass mein 2-jähriger schon meine Bedürfnisse erkennt und auch respektiert, soweit er das kann, da kann ich Beispiele nennen, wenn du willst), heißt nur, dass du dich um deine Bedürfnisse selbst kümmern kannst, und NUR DANN eventuell Macht ausüben kannst, genau wie das dein Kind auch tut: ihr seid eben gleichberechtigt. Denn wenn dein Kind lauthals schreit, weil es an die Brust will, dann ist das seine Art, Macht auszuüben, wenn du so willst. Es verteidigt halt seine Bedürfnisse, genauso wie wenn es sich weh tut und schreit, oder wenn es ungleichberechtigt behandelt wird, und schreit :-) Und du kannst genauso gut, nein, natürlich noch viel besser (Erfahrung, Wissen, weites Spektrum an Möglichkeiten), deine Grenzen und Bedürfnisse verteidigen oder zum Ausdruck bringen.


***Eine zweite Angriffsrichtung ist das Eine-Idee-für-den-Umgang-mit-meinen-Kindern-haben als Solches. Eine eher persönliche Sache, vermute ich … :-)***

Das stört dich dann genauso bei den "Erziehern", die eine ganz konkrete Meinung über den Umgang mit Kindern verteidigen?


***Ich selbst habe es mir im Laufe meines Lebens einfach abgewöhnt, das Verhalten meiner Mitmenschen – ganz gleich in welchen Kontexten - von einer Idee her (also den Menschen in einen größeren Gruppenzusammenhang stellend) zu befragen;***

Hat das hier jemand getan?

***Tatsächlich frage ich Mütter im „echten“ Leben selten nach ihrem Erziehungskonzept, nach ihrer „Idee“ von Erziehung. Ich sehe ihnen lieber im Umgang mit ihren Kindern zu … erkenne mich wieder … möchte da auch gerne mal hinkommen … oder muß ganz schnell weg :-))***

Ich frage mich, ob es irgendjemandem gibt, der andere Eltern so direkt nach ihren Erziehungsstil oder Umgang mit Kindern fragt. Ich habe das noch nie getan. Ich mache das genauso wie du, ich sehe ihnen beim Umgang mit Kindern zu und will meistens schnell wegrennen ;-(, und ab und zu finde ich es spannend.

***Damit auch das gesagt ist: Was mir ausgesprochen gut gefällt an der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ ist das Kommunikationsmuster, das darin aufscheint.***

*Kopfkratz* ich stehe gerade aufm Schlauch :-D Welches Kommunikationsmuster? Vielleicht ist es mir zu selbstverständlich geworden und ich weiß deshalb nicht, wovon du gerade redest? Denn das, was ich weiter oben meine, kann es nicht sein, weil du das ja mit den Bedürfnissen anders gesehen hast.

Liebe Grüße
Johanna
unerzogen.de

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das Forum mag meine Pfeile nicht

Antwort von solelo am 28.10.2007, 19:11 Uhr

Zur Erinnerung: Also so: Eltern Kind und nicht so: Eltern ---> Kind oder gar so: Kind ---> Eltern.

bedeutet für mich nicht "beide gleich", sondern gleichberechtigt und gleichwürdig (aber nicht nur gleichwürdig :-)) Sie sind auf der gleichen Achtungs- und Respektebene. Sie haben die gleichen *Rechte*. Nicht die gleichen *Pflichten*, übrigens. Das bezieht sich auf die *Haltung*. Nicht auf die Verhaltensweisen.

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letzter Versuch

Antwort von solelo am 28.10.2007, 19:12 Uhr

Zur Erinnerung: Also so: Eltern < > Kind und nicht so: Eltern ---> Kind oder gar so: Kind ---> Eltern.

< > bedeutet für mich nicht "beide gleich", sondern gleichberechtigt und gleichwürdig (aber nicht nur gleichwürdig :-)) Sie sind auf der gleichen Achtungs- und Respektebene. Sie haben die gleichen *Rechte*. Nicht die gleichen *Pflichten*, übrigens. Das < >bezieht sich auf die *Haltung*. Nicht auf die Verhaltensweisen.

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Re: Gleichberechtigung

Antwort von Feelix am 28.10.2007, 21:23 Uhr

Hallo solelo!

Hui, langer Text :-) ... Ich hätt' noch einen längeren :-))) Er ist eigentlich an Mamaselio adressiert. Ich halte es trotzdem für sinnvoll, Dir den für's erste anzubieten. Vielleicht wird Dir dann ja manches klarer ...

In der Zwischenzeit mach' ich mich an Dein Posting. Vielleicht wird mir dann ja manches klarer ...

Liebe Grüße, Feelix :-)

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@Mamaselio: Noch'n Versuch ...

Antwort von Feelix am 28.10.2007, 22:06 Uhr

Liebe Mamaselio!

Hmm ... was mach' ich denn nun? :-) Du stimmst meinen Grundannahmen und Schlußfolgerungen zu – mit denen ich zu zeigen versuchte, worin ich einen Unterschied zwischen meinem Umgang mit meinen Kindern und den von den Vertretern der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ empfohlenen und gelebten (?) Umgang sehe ;-) – und suchst nach dem Widerspruch … den Du nicht finden kannst.
Kommt mir ein wenig so vor, als würde ein Atheist im Austausch mit einem, der für die Annahme eines „Gottes“ argumentiert, sagen: „Ich finde die Idee der Abwesenheit Gottes, und alles, was daraus folgt (z.B. das Infragestellen christlicher Institutionen), gut, habe mich auf den Weg gemacht, Atheistin zu werden und lasse mir dabei von Atheisten helfen – aber klar, gehe ich sonntags gerne in den Gottesdienst!“ Nicht, daß diese Gedankenkonstrukte, Atheismus – Christentum, nicht gleichermaßen Plausibilität beanspruchen könnten und nicht, daß es nicht Menschen geben würde, die sich – eben deshalb - gar nicht eindeutig für eines davon entscheiden m ö c h t e n. Aber dann würde ich mich doch nur schlechterdings als Vertreter der Idee des Atheismus empfehlen können. Oder?!
Übertragen auf unseren „Fall“ würde ich – wäre ich an Deiner Stelle - die Situation wohl so beschreiben: „Ich habe mich noch nicht entschieden. Ich kann keinen ‚Titel’ für meinen Umgang mit meinen Kindern angeben. Mal versuche ich mit ihnen gemäß der Idee ‚gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen’, wie ihre ‚Erfinder’ sie artikulieren, zu leben, mal lebe ich nicht gemäß dieser Idee (im Sinne ihrer ‚Erfinder’) mit meinen Kindern.“

Wie dem auch sei … :-) - was ich ja nochmal versuchen kann, ist, Dir meine Widerspruchshaltung gegenüber der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ – wie sie ihre Hauptvertreter (klingt jetzt irgendwie nach Hierarchie, ich will damit aber eher eine Ursprünglichkeit in der Argumentation betonen, denn Deine Argumentation in Deinem letzten Posting finde ich nicht mehr ursprünglich, sondern … sagen wir: ganz privat abgewandelt ;-) hier in diesem Forum vorgestellt haben - noch deutlicher zu machen … vielleicht noch präziser zu argumentieren – kann nie schaden ;-)

Wenn ich schrieb, daß ich im Umgang mit meinen Kindern Bedürfnislagen, sich überlagernde Bedürfnisse, sich bis zur Aufhebung relativierende Bedürfnisse annehme und außerdem annehme, daß über diese Zusammenhänge (daß es Bedürfnislagen, sich überlagernde Bedürfnislage, sich bis zur Aufhebung relativierende Bedürfnisse in mir und bei meinen Mitmenschen gibt) zwar ich als Erwachsene im Laufe meines Lebens einigermaßen Überblick gewonnen habe, meine Kinder (bis zu einem Alter von etwa sechzehn Jahren) jedoch entwicklungsbedingt nicht im gleichen Maße um diese Zusammenhänge wissen – dann sagt das zugleich etwas über die Art und Weise aus, wie meine Kinder und ich uns über Bedürfnisse innerhalb unserer Eltern-Kind-Beziehung verständigen können – oder eben nicht können. Ich schrieb ja bereits: für mich ist die Verständigung darüber kein gleichberechtigter Austausch zwischen Eltern und Kind, sondern einer zwischen dem, der in der Klarheit über Bedürfnislagen, sich überlagernde Bedürfnisse, sich bis zur Aufhebung relativierende Bedürfnisse - und über die Interpretation derselben bei seinen Mitmenschen bereits Kompetenzen erlangt hat und dem, der diese Kompetenzen erlangen möchte und – sogar wenn er es nicht möchte ;-) – erlangen wird. Ich kann an diesem innerpsychischen Ungleichgewicht zwischen meinen Kindern und mir nichts ändern. Wie ich auch daran nichts zu ändern vermag, daß mein Sohn mit dreieindreiviertel Jahren noch nicht kopfrechnen kann und meine Tochter mit eindreiviertel Jahren noch nicht seilspringen kann. Das bedeutet: so wie ich meine zehnmonatige Tochter (aus Gründen der Beschaffenheit ihrer Wirbelsäule) nicht in einen „Gehfrei“ setzen würde (selbst wenn sie das „Gehfrei“ etwa bei Besuchen sehen und wild gestikulierend darauf deuten würde), würde ich meinen zweijährigen Sohn (aus Gründen seiner Unkenntnis über biochemische Stoffwechselprozesse, die während des Schlafens notwendigerweise in seinem Körper stattfinden) etwa gegen acht Uhr abends nicht fragen, ob er nun Lust hat, ins Bett zu gehen, sondern ihn - am Ende unseres (bislang noch allseits beliebten, wenn Fröhlichkeit als Maßstab dafür gelten darf ...) Abendrituals angelangt - liebevoll (aber keine Fragen offen lassend) in sein Bett legen. Eine undemokratische Entscheidung von mir - und ihre Umsetzung. Nicht gleichberechtigt. Daran hängt für mich nun keinerlei Wertigkeit, und schon gar kein Akt des Abwertens, den ich nun mit Begriffen wie „gleichberechtigt, gleichwürdig, gleichwasauchimmer“ wieder aufwerten müßte. Ich ändere daran schlichtweg nichts durch Bezeichnungen. Es ist und bleibt – für mein Verständnis - über viele Jahre der Eltern-Kind-Beziehung eine Beziehung in körperlicher, kongnitiver und innerpsychischer (im eben beschriebenen Sinne) Ungleichheit. Wie gesagt: kein Moment der Abwertung, sondern eine entwicklungspsychologische Annahme, aus der für mich ein Bewußtsein für eine hohe Verantwortung, und manchmal eben auch Entscheidungsverantwortung, erwächst.

Hm, vielleicht wird dies noch ein wenig faßbarer wenn ich das, was ich meine, wenn ich von der Interpretation des Verhaltens meiner Kinder (im Sinne einer Interpretation ihrer Bedürfnislagen, Bedürfnisüberlagerungen oder auch ihrer Bedürfnisse, die sich relativieren können) spreche, einmal als Vorgang darstelle. Ein Vorgang, bei dem ich die vermuteten (!) Bedürfnislagen, die im Verhalten meines Kindes zum Ausdruck kommen, gewichte und – kläre. Ich fürchte, das folgende wird seltsam "technisch" klingen, aber wenn's dem Verständnis dient ;-) Ein Versuch ...

Etwa so: Mein dreieinvierteljähriger Sohn erwähnt nahezu täglich den Namen seines „besten“ Kumpels und daß er ihn gerne wiedersehen möchte. Also verabrede ich mit dessen Mutter einigermaßen regelmäßige Treffen. Am Tag einer solchen Verabredung kündige ich nachmittags an, daß wir in etwa zehn Minuten zu y (der „beste“ Kumpel meines Sohnes) fahren werden. Mein Sohn, noch nicht lange vom Mittagsschlaf aufgewacht, zeigt sich widerwillig, sagt, daß er darauf überhaupt keine Lust hat. Ich nehme an – interpretiere – daß die Tatsache, daß seine Augen freudig aufblitzten, als ich den Namen seines Kumpels erwähnte, bedeutet, daß er zu mindestens 40 Prozent Lust auf ein Wiedersehen hat und 60 Prozent seiner momentan gezeigten Unlust eher auf das Konto einer gewissen Restmüdigkeit oder des Bedürfnisses geht, am momentanen Zustand des süßen Nichtstuns nichts zu ändern. Why not? Ich finde süßes Nichtstun klasse und wichtig -- Aber nicht an diesem Nachmittag – entscheide ich. Weil ich aus bisheriger Erfahrung weiß, daß mein Sohn regelrecht erfüllt ist von Begegnungen mit seinem Kumpel und meist noch tagelang davon erzählt, gewichte ich seine Bedürfnislage also so, daß mir die 40 Prozent Lust reichen, ihn (möglichst spielerisch, mit humoristischen Einlagen) dazu zu bewegen, sich aufzuraffen und anzuziehen, übergehe dabei seinen Protest und vertraue darauf, daß, spätestens sobald wir im Auto sitzen, seine Bedürfnislage mit jedem Kilometer, der uns näher zu y bringt nochmal günstiger gewichtet wird, so daß wir, vor dessen Haustür, bei geschätzten 95 Prozent angekommen sind. Nun, die Reaktion der beiden beim Wiedersehen deutet dann eher auf 100 Prozent ;-)… und ich mußte meine Bedürfnisinterpretation bislang noch nicht revidieren. (Wer weiß, vielleicht beim nächsten Mal?) Was hier geschah, war kein demokratischer Entscheidungsfindungsprozeß, darüber täuschen auch meine Mätzchen und humoristischen Einlagen bei der Überredungsaktion nicht hinweg. Es war m e i n e Interpretation s e i n e r Bedürfnislage, meine Entscheidung und deren Umsetzung. Versteht sich, daß das Leben mit meinen Kindern nicht nur aus solchen Vorgängen besteht – sei es, weil die Bedürfnisse natürlich auch eindeutig gelagert sein können, oder weil ich beobachte, daß mein Kind eine Bedürfnisüberlagerung gerade mühelos selbst klärt oder weil in unserer Familie auch mal alle scheinbar bedürfnislos (?) vor sich hinömmeln (… Oasen der Ruhe … ;-) -- aber es gibt sie, diese Vorgänge … zweifellos.
Und – damit komme ich zum Hauptvorwurf der Verteter der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ gegenüber herkömmlich Erziehenden - ich würde nicht bezweifeln wollen, daß meine Kinder durch Ereignisse dieser Art geformt oder im traditionellen Sinne erzogen werden – auf die eine oder andere Weise. Vielleicht wird mein Sohn später einmal dazu tendieren, Sozialkontakte mit geschätzten Menschen einer strunzbequemen Sofalümmelei vorzuziehen, vielleicht aber auch gerade nicht. Ich weiß es nicht, das Ergebnis ist offen. Ich persönlich kann für mich ja auch nur vermuten, weshalb bzw. wogegen (!) ich so geworden bin wie ich bin …

Die Ausführungen zu „meinem“ Bedürfnisparadigma bringen mich - kleiner Gedankensprung, jetzt ;-) – zu einem weiteren Aspekt, bei dem meine Gedanken zum Umgang mit meinen Kindern von der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“, wie ich sie hier kennengelernt habe, abweichen:
Zunächst: ich persönlich bin überzeugt davon, daß es für die innerpsychischen Vorgänge meiner Kinder einen Unterschied macht, ob sie mich und meinen Mann - als ihre Bindungspartner - konsistent, vorhersehbar und damit haltgebend in unserem Verhalten und in unseren Entscheidungen erleben oder nicht. Und nach allem, was ich – bisher! - an entwicklungs- und kinderpsychologischen Studien in diesem Zusammenhang kenne, glaube ich, sie haben einen Vorteil davon. Deshalb wird mir persönlich ein wenig seltsam zumute, wenn ich in der Beschreibung „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“ lese, beide Seiten müßten sich über ihre Bedürfnisse/Gefühle (die Begriffe werden meines Erachtens meist nicht trennscharf verwendet, sie bedeuten in meinem Verständnis aber etwas Unterschiedliches …) klar werden, müßten diese angemessen kommunizieren (in „Ich-Botschaften“ – für mich übrigens der wirklich schöne Teil der Idee „gleichberechtigter Eltern-Kind-Beziehungen“, weil „Ich-Botschaften“ ein geeignetes, nein, geniales! Vehikel sind, sich in Gesprächen zunächst einmal über das eigene Denken und die eigenen Motivationslagen klar zu werden und sie deshalb den Aggressionsgehalt in Diskussionen auf so wundersame Weise gegen 0 fahren) und dann eben verhandeln. Wobei das Verhandlungsergebnis morgen ohne weiteres ein anderes sein könne als heute … Ich bin anderer Meinung, nicht, weil ich prinzipiell anarchische Zustände fürchten würde (ich stell’ sie mir ungemein chillig vor und komm' ohne Kinder gerne mal vorbei ;-) , sondern, weil ich andere entwicklungspsychologische Hypothesen zugrunde lege. Ich glaube, daß Eltern sich vor allem dann/deshalb ihren Status als Bindungspartner bei ihren Kindern verdienen, wenn/weil sie in ihrem Verhalten konsistent, vorhersehbar und damit haltgebend sind (… und dann hoffentlich noch humorvoll und unbedingt auch immer mal wieder hemmungslos albernd und sich selbst veralbernd!) Gewissermaßen die Konstante, der Fixpunkt, der im Außen des Kindes Regeln ausspricht - und verspricht! - die heute, morgen und auch noch übermorgen gelten dürfen, selbst (und gerade) wenn im Innern des Kindes immer wieder auf’s Neue alles in Aufruhr (Loslösungsphase, „Trotzphase“, Vorpubertät, Pubertät … s. Rüdiger Posth) und im Wandel ist.
So kann ich mir beispielsweise das Szenario einer Bedürfnisüberlagerung vorstellen, in der das vierjährige Kind in der "Trotzphase" tobend minütlich zwischen „Ich will jetzt fernsehen“ … „Ich will mit Mama und Papa zu Abend essen“ … „Ich will nie wieder Abend essen“ switchen kann – und ich diese Bedürfnisüberlagerung stellvertretend (welch’ Anmaßung! – und das meine ich ironiefrei) kläre - indem ich eine Entscheidung treffe, -- „einfach so“, unausgehandelt, undemokratisch, vielleicht sogar wortlos, indem ich es liebevoll an die Hand nehme (im übertragenen wie konkreten Sinne) -- die auf eine immer geltende Regel zurückgreift. Nämlich die Entscheidung, daß wir nun gemeinsam zu Abend essen. Wie wir jeden Abend gemeinsam zu Abend essen. Daran glaubend, daß in dieser Situation das Bedürfnis nach haltgebenden Bindungspartnern (und überdies das nach Begegnungen mit dem Vater, der nur für wenige Stunden am Abend anwesend sein kann … eine weitere Bedürfnisdimension gewissermaßen ...) das stärker zu gewichtende wäre als jenes, fernzusehen.

Vielleicht ist in den vorangegangenen Beschreibungen – unter jeweils anderen Gesichtspunkten - mein Verständnis von meinem Part, meiner Verantwortung innerhalb meiner Eltern-Kind-Beziehung ein wenig deutlicher geworden. Was ich beschrieben habe, ist ein Umgang, der auf gewissen Vorstellungen von Kind und Kindheit und ihren Schlußfolgerungen beruht. Einer, der sich der entwicklungsbedingten Schieflage in körperlicher/kognitiver/innerpsychischer (das, was ichunter „Bedürfnisparadigma“ ausgeführt habe) Hinsicht zwischen meinen Kindern und mir bewußt ist … bis in einzelne undemokratisch (!) getroffene Entscheidungen von mir hinein bewußt ist. Es sind meine persönlichen gedanklichen Voraussetzungen für meinen Umgang mit meinen Kindern. Nicht mehr, nicht weniger. Sicher: Die Gedankengänge, die ich in meinem Abendessen-Fernsehen-Beispiel vollzogen habe, funktionieren nur, wenn man meinen entwicklungspsychologischen Annahmen zustimmt (daß „Trotzphasen“ überhaupt „innere Aufruhr“ bedeuten, daß Konstanz in meinem Verhalten dem Kind in „Trotzphasen“ überhaupt Halt spendet, daß es überhaupt „Trotzphasen“ gibt …usw. ). Und sicher ist auch, daß man - mit anderen Grundannahmen - alles ganz anders sehen kann. Kein Grund zur Aufregung, wie ich finde, bestenfalls ein Anlaß für anregende Diskussionen :-)

Zum Schluß vielleicht noch meine kleine Grundsatzerklärung (so weit bin ich schon :-)) für meinen Umgang mit meinen Kindern:
Für mich persönlich ist zweierlei wichtig: ein verantwortungsvoller, das heißt für mich achtsamer Umgang mit dem Ungleichgewicht in körperlichen/kongnitiven/innerpsychischen Belangen und eine tiefe Verständigung (in Worten, Taten, Gesten, Berührungen …) mit meinen Kindern darüber, daß sie zu jeder Zeit wissen und spüren sollen, daß ich in all meinen Erziehungstaten (in meinem Entscheiden s. o. , Umlenken, Bremsen, Kritisieren, Anerkennen …) stets auf die Verhaltensebene, nicht aber auf den – für mich kostbaren - Persönlichkeitskern (genauer: das, was ich dafür halte) meiner Kinder ziele. Man könnte sagen, das ist für mich d a s Regulativ und mithin d a s Korrektiv für meine Erziehungsvorstellungen. Wann immer ich das Gefühl hätte, daß meine Kinder mit allem was sie - jedes für sich – ausmacht (ihr Temperament, ihre Talente, ihre Art des Zugriffs auf die Welt, ihre Phantasien …), nicht mehr „bei sich“ sind (und damit meine ich nicht den zünftigen Wutanfall im Trotzalter), daß sie sich verlieren – wäre dies für mich und meinen Mann ein deutliches Signal dafür, daß wir unsere momentanen Vorstellungen zum Umgang mit unseren Kindern auf den Prüfstand stellen müßten.

Was meine Anmerkung zu Diskussionen in Internetforen angeht: … Nun, dann sind wir beide da wohl verschieden … macht ja nix ;-) Ist auch nicht so wichtig. Ich wollte eigentlich nur sagen: daß meine Vorliebe im „echten Leben“, das Verhalten eines Menschen vom einzelnen Menschen, seinen Gedankenen, seinem Wesenskern her zu befragen, in einem Interentforum naturgemäß schwierig ist, weil all das, was Dich, mich, die anderen hier – außer ihren Gedanken, die sie hier äußern – noch ausmacht, unscharf bleibt.

Liebe Grüße, Feelix


p.s.: … Weil Du von Liedloff und dem Aha-Erlebnis (bei vielen aus solelos mailingliste) schriebst … Als ich das las, fiel mir ein: auch ich habe ein solches ganz persönliches Lektüreerlebnis. So ein Buch (fast glaube ich, jede Mutter kennt ein solches … ;-), das mich in einer ganz speziellen Situation (Stimmung …) regelrecht „erwischt“ hat. Darauf inhaltlich einzugehen, würde hier allerdings zu weit führen. Vielleicht ergibt sich ja noch eine Gelegenheit, sich darüber auszutauschen … schau’n mer mal :-)

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@Feelix

Antwort von Mama Heike am 28.10.2007, 22:56 Uhr

Puhh, hast du einen sehr kompliziert zu lesenden Text verfasst.

Ich formuliere mal um, was ich daraus entnehme: Ein Kind ist Erwachsenen "unterlegen" und es braucht (liebevolle) Eltern, die das Kind aus dieser "Unterlegenheit" herausführen, damit es sein Leben eigenständig führen kann. Du gehst also achtsam mit der "Unterlegenheit" deines Kindes um.

Wenn du von einem "Ungleichgewicht in körperlichen/kongnitiven/innerpsychischen Belangen" in der Eltern-Kind-Beziehung schreibst, kommt mir eine solche einseitige Betrachtung einer Beziehung sehr lieblos vor.

Du kannst einen gleichberechtigten Umgang mit Kindern nicht leben (wohl auch nicht versuchen nachzuvollziehen), wenn du nicht darüber nachdenkst, in welchen Fähigkeiten dir dein Kind tatsächlich "überlegen" sein könnte oder wo es wenigstens genauso "gut" ist wie du selbst.

Liebe Grüße
Heike

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Re: Gleichberechtigung

Antwort von solelo am 29.10.2007, 1:23 Uhr

Liebe Feelix,

nee, der reicht mir ganz und gar nicht. Er sagt für mich genau das selbe aus und ich habe genau das selbe daran zu meckern.

Du bist immer noch dabei, "Gleich" und "Gleichberechtigt" zu verwechseln, so wie ich das sehe.

Nur soweit heute noch, um 1:15:

***Was hier geschah, war kein demokratischer Entscheidungsfindungsprozeß, darüber täuschen auch meine Mätzchen und humoristischen Einlagen bei der Überredungsaktion nicht hinweg. Es war m e i n e Interpretation s e i n e r Bedürfnislage, meine Entscheidung und deren Umsetzung.***

Das stimmt, es war kein demokratischer Entscheidungsfindungsprozess, aber das eine hat mit dem anderen einfach nichts zu tun. Du kannt DEINE Interpretation seiner Bedürfnislage machen, aber die undemokratische Entscheidung hat absolut NICHTS damit zu tun, dass du seine Bedürfnislage interpretiert hast und nicht er selbst oder wer auch immer.

Deine undemokratische Entscheidung hat einzig und allein damit zu tun, dass du denkst, du weißt einfach besser, was für ihn gut ist – oder auch nur denkst, dass dein Kind dir "unterlegen" ist, da stimme ich Mama Heike zu.

Es geht zurück eben auf die *Haltung*, die du deinem Kind gegenüber einnimmst, sonst nichts. Denn ich z.B. interpretiere genauso an den Bedürfnislagen meiner Kinder herum. Trotzdem muss ich nicht deshalb gleich undemokratisch entscheiden oder handeln, weil's eben nichts miteinander zu tun hat. Ich muss auch gar nicht erst entscheiden – ich kann. Und wenn ich doch was allein entscheide, dann nur deshalb, weil ich mit meinem Kind aus unterschiedlichen Gründen nicht darüber reden kann (weil es eben z.B. zu klein ist und noch nicht reden kann; oder weil es zwar reden kann, aber nicht reden will und die Situation eine Lösung sofort verlangt oder was weiß ich), dann entscheide ich und schaue, ob mein Kind von sienem Vetorecht gebrauch macht oder ob es meine Entscheidung einfach freudig annimmt. Das ist für mich noch demokratisch genug, anders geht es eben mit Babys und Kleinkindern (und großen, die einige Dinge eben noch nicht verstehen können).

Liebe Grüße
Johanna
unerzogen.de

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