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Geschrieben von mamaselio am 16.11.2006, 17:35 Uhr

Mama Heike wegen Alice Miller

Liebe Heike,

ich muss dir eigentlich zum ersten Mal vehement widersprechen.

Es geht um das Thema Verzeihung/Vergebung.

Leider habe ich die Buecher von Alice Miller nicht hier in Bangkok aber ich erinnere mich gut, dass gerade sie gegen das simple vergeben ist.
Ich kopiere dir im weiteren Verlauf mal ein paar Zitate von ihr rein.

Was meine Kindheit angeht....mhhh...eigentlich dachte ich schon, dass ich damit durch bin. Sicher verstehe ich, dass meine Eltern selbst gefangen waren und gar nicht anders konnten.
Ich verspuere keinen Groll (mehr), aber die tiefe Liebe, die ich als Kind zu meiner Mutter hatte ist weg. Ich sehe sie heute so klar und deutlich in ihrer ganzen Unzulaenglichkeit das es schon fast weh tut. Sie hat auch keinerlei "Macht" mehr ueber mich (im uebetragenen Sinne versteht sich). Wenn sich meine Mutter- auch heute noch- nach allen Regeln der Kunst daneben benimmt, und das tut sie, dann sehe ich sie so wie sie ist, ein verletztes Kind, das nie erwachsen geworden ist.
Da spuere ich dann ein Mix aus Mitleid und Wut, meine Mutter fuerchtet heute meine scharfe Zunge, ich sage ihr genau das, was sie nicht hoeren will, stosse sie quasi mit der Nase drauf...Aber das alles sprengt den Rahmen diese Forums. Ich war nur wirklich erstaunt, dass du findest Alice Miller rege zum Verzeihen an.
Ich war lange Gast ihres Forums our childhood...das ist viele Jahre her aber ich erinnere noch gut, sobald da einer nur das Wort verzeihen schrieb gab es ein riesen Tumult...

Ich freue mich auf deine Elio Antwort. Natuerlich hast du alle Zeit der Welt....

Un jetzt noch mal Alice...

LG
Christiane


"Es ist verständlich, dass wir vergeben und vergessen wollen, um nicht den Schmerz fühlen zu müssen, aber dieser Weg funktioniert nicht. Früher oder später stellt sich heraus, dass er überhaupt zu keiner Lösung führt. Betrachten Sie doch nur die vielen Kindesmissbraucher innerhalb der Geistlichkeit. Sie haben Ihren Eltern den sexuellen Missbrauch oder andere Machtmissbräuche vergeben. Aber was machen viele von ihnen nun? Sie wiederholen die "Sünden" ihrer Eltern, gerade WEIL sie ihnen vergeben haben. Könnten sie bewusst die Taten ihrer Eltern verurteilen, wären sie nicht gezwungen, dasselbe anderen Kindern anzutun, diese zu belästigen und zu verwirren, indem sie sie zum Schweigen verdammen. Ganz so, als sei dies die normalste Sache der Welt und nicht vielmehr ein Verbrechen. Sie betrügen sich einfach selbst. Religionen können eine starke Macht über unser Denken haben und uns auf vielerlei Art und Weise zum Selbstbetrug nötigen. Aber sie haben nicht den geringsten Einfluss auf unseren Körper, der unsere starken Emotionen ganz genau kennt und darauf besteht, dass wir sie respektieren."

und noch mehr...

"Die fast allgegenwärtige, aber dennoch destruktive Forderung der Vergebung fördert diesen Selbstverrat. Dieser wird von der Religion und von der traditionellen Moral immer wieder als Tugend empfohlen und in zahlreichen Therapien fälschlicherweise als Mittel der "Heilung" angeboten. Doch es lässt sich leicht nachweisen, dass weder Gebete, noch autosuggestive Übungen des "positiven Denkens" in der Lage sind, berechtigte vitale Reaktionen des Körpers auf Demütigungen und andere frühe Verletzungen der Integrität des Kindes ungeschehen zu machen. Die qualvollen Krankheiten der Martyrer zeigen deutlich den Preis ihrer Gefühlsverleugnung. Wäre es daher nicht einfacher, sich zu fragen, wem der Hass eigentlich gilt, und zu sehen, weshalb er im Grunde berechtigt ist? Dann besteht nämlich die Chance, dass wir mit unseren Gefühlen verantwortlich leben können, ohne sie zu verleugnen und mit Krankheiten für diese "Tugend" bezahlen zu müssen.
Ich wäre misstrauisch, wenn mir eine Therapeutin (oder ein Therapeut) versprechen würde, dass ich nach der Behandlung (womöglich dank der Vergebung) von unliebsamen Gefühlen wie Wut, Zorn oder Hass frei wäre. Was bin ich für ein Mensch, wenn ich nicht innerlich, vorübergehend, mit Zorn oder Wut auf Ungerechtigkeit, Anmaßung, Bosheit oder arroganten Schwachsinn reagieren könnte? Wäre dann nicht mein Gefühlsleben amputiert? Wenn die Therapie mir wirklich geholfen hat, müsste ich für mein ganzes restliches Leben den Zugang zu ALLEN meinen Gefühlen haben, aber auch den bewussten Zugang zu meiner Geschichte, der mir die Intensität meiner Reaktionen erklärte. Das würde diese Intensität ziemlich schnell mildern, ohne schwerwiegende Spuren im Körper zu hinterlassen, wie es sonst die Unterdrückung der unbewusst gebliebenen Emotionen nach sich zieht."

 
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