Rund um die Erziehung

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Geschrieben von Bonnie am 24.05.2019, 18:09 Uhr

Geht vielen so!

Hallo,

das Kernproblem ist, dass Du ein überhöhtes, unrealistisches Mutterbild hast. In Deiner Vorstellung darf eine Mutter niemals negative Gefühle über ihr Kind haben. Sie muss stets gütig, aufopferungsvoll, geduldig und lieb sein, sie darf niemals die Nerven verlieren. Du kannst gar nichts dafür, denn diese Übermutter hat die (männlich geprägte) Gesellschaft erfunden, aber z. B. auch die Werbe-Industrie. Überall sieht man auf Packungen und in Zeitschriften debil dauerlächelnde Mütter, die ununterbrochen happy auf Wolke 7 schweben. Das hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun.

Zum konkreten Problem mit den unruhigen Nächten haben andere Dir hier schon einiges geraten, deshalb bleibe ich beim Kernproblem. Lies bitte mal das wunderbare Buch „Der Tanz ums Kind - wie Muttersein unser Leben verändert“ von Herriet Lerner. Sie ist Psychotherapeutin und beschreibt, wie völlig normal es ist, dass man gegenüber seinem Kind natürlich (!) auch mal Gefühle von Wut und sogar Abneigung hat, wenn man gestresst ist. Sie hat selbst auch ein Kind und schildert ihre eigenen negativen Gefühle, die sie (zusätzlich zu allen positiven Gefühlen) auch hat - weil sie nämlich nur ein Mensch ist. Sie holt einen wirklich aus dem Immer-super-Laune-Mutter-Märchen heraus. Unheimlich entlastend.

Das Buch ist sehr humorvoll und liebevoll, zugleich aber fundiert geschrieben. Man muss immer wieder lachen, und doch ist alles gut belegt. Die deutsche Übersetzung sollte nicht abschrecken, sie ist nicht sehr gelungen. Das englische Original (ein Bestseller) heißt: „The Child‘s Dance.“ Was natürlich viel liebevoller klingt, denn es ist wirklich etwas Leichtes, Tänzerisches gemeint.

Weißt Du: Alle - auch die scheinbar so super gelaunten, entspannten Mütter - könnten ihr Kind manchmal zum Mond schießen. Es ist lediglich ein Tabu, das mal auszusprechen. Ich habe das im Freundeskreis mal vorsichtig thematisiert. Nach und nach beichteten alle, dass sie schonmal geschrien, das Kind feste gepackt oder ihm sogar ungewollt einen Klaps gegeben haben - auch die Mütter, von denen ich das niemals gedacht hätte.

Und eine erzählte: Als ihr Kind zum zweiten Mal seinen vollen Kakao umgeschmissen hatte, holte sie einen Eimer Wasser, um das aufzuwischen. Plötzlich wurde sie so von der Wut gepackt, dass sie den vollen Eimer ins Zimmer gekippt und gerufen hat: „Wisch das doch selbst auf!!“ Hinterher hat sie‘s kaum fassen können - aber sowas passiert, wenn die Nerven blankliegen. Eine andere erzählte: Sie war mal in Mutter-Kind-Kur. Wenn sie abends so durch die Flure zu ihrem Zimmer lief, hörte sie es in jedem zweiten Zimmer keifen und dacht sich nur: Aha, die Anderen kochen auch nur mit Wasser.

Erlaube Dir, ein Mensch mit Nerven zu sein. Der auch mal überfordert, übermüdet, ungerecht, lieblos ist und sein Kind manchmal einfach blöd findet. Du liebst Dein Kind trotzdem. Und wenn Du die größte Zeit des Tages lieb bist, steckt es die anderen Momente weg. Mir sagte mal eine befreundete Kinderpsychologin: „Wenn man nur die Hälfte richtig macht, wächst das Kind gut und ohne Schaden auf.“

LG

 
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