Wie mit der Wut noch umgehen?

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Wie mit der Wut noch umgehen?

Hallo Frau Schuster, hatte Sie vor einiger Zeit schon mal angeschrieben wegen unseres Sohnes (wird im Juli 3 Jahre alt). Seine Wutausbrüche sind mittlerweile so heftig, dass sämtliche pädagogisch wertvollen Strategien nichts mehr bringen. Er ist dann so außer sich, schreit, weint und kommt überhaupt nicht mehr zur Ruhe (teilweise bis zu einer Stunde)! Ein Beispiel: Heute morgen wollte er nicht aufstehen. Ich habe ihn mehrfach gebeten und ihm dann erklärt, dass er zur spät zur Kita und ich zu spät zur Arbeit komme. Das hat nichts gebracht. Also habe ich ihm erklärt, dass gleich keine Zeit mehr für ihn ist zum Frühstücken und er seinen Toast dann im Auto essen muss. Ich bin immer wieder raus aus seinem Zimmer um ihm Zeit zu geben und dann wieder rein und ihm wieder das gleiche erzählt. Keine Reaktion. Ich habe ihn aus dem Bett getragen und er lief wieder zurück. Dann habe ich ihm erklärt, dass gleich auch keine Zeit mehr sei zum Anziehen und ich ihn dann im Schlafanzug in die Kita bringen müsste (das hätte ich auch wirklich gemacht). Dann bat er mich, ihn aus dem Bett zu holen (also tragen), was ich auch gemacht habe. Mit dem Verweis darauf, dass nun keine Zeit mehr zum Frühstücken sei und er nur seine Milch trinken kann, aber im Auto seinen Toast essen darf. Er fing dann an, die Milch durch die Küche zu werfen, die ich dann weggestellt habe. Dann ging es los: Er schrie wie verrückt und hat nach mir gehauen. Hauen ist bei uns verboten und wer haut muss sich eine Auszeit nehmen und sich dann entschuldigen. Ich habe ihn also auf sein Zimmer geschickt und da ging es erst richtig los. Er kam immer wieder raus, war am Kreischen, hat nach mir getreten. Ich habe ihn wieder aufs Zimmer gebracht. So ging es die ganze Zeit hin und her. Er kommt dann an einen Punkt, an dem er sich so in seine Wut steigert, dass wir nichts mehr tun können. Mein Mann hat ihn dann hoch genommen und sich mit ihm auf die Couch gesetzt und ihm sehr laut und deutlich zu verstehen gegeben, dass er mit ihm so lange dort sitzt, bis er sich für das Hauen entschuldigt hat. Er schrie immer lauter und wurde richtig hysterisch, rief dauernd "Mama hilf mir, der Papa soll weggehen". Ich habe mich dann zu den beiden auf die Couch gesetzt und ihm erklärt, dass der Papa ihm ja nichts schlimmes macht sondern wir nur möchten, dass er sich entschuldigt. Er hat sich geweigert. Nach über einer Stunde (!!!) habe ich ihm dann erklärt, dass ich nun zur Arbeit muss und er sich jetzt bei mir entschuldigen muss, damit ich ihn zur Kita bringen kann. Sonst würde Papa ihn bringen. Dann kam ein "Entschuldigung", er hat mich umarmt und ich konnte ihn anziehen. Seine Milch und sein Brötchen hat er dann auf dem Wickeltisch getrunken/gegessen. Auf dem Weg in die Kita war er dann wieder total fröhlich und ich habe mir auch nichts mehr anmerken lassen. Wie sollen wir uns denn in so einer Situation bloß verhalten? Diese Eskalationen haben wir zur Zeit täglich (meist morgens und abends). Ich kann mittlerweile echt nicht mehr und nun ist es auch schon vorgekommen, dass ich vor ihm die Nerven verloren habe, selbst geschrien und auch mal geweint habe (obwohl ich weiß dass das absolut contraproduktiv ist). Wir sind wirklich standhaft, ein Nein heißt auch Nein und mit Wut erreicht er nichts. Für Wut wird er nie "bestraft" (also eine Auszeit nehmen) sondern nur für hauen, beißen, treten etc.. Eine Entschuldigung ist auch in der Kita Pflicht (wenn mein Mann und ich z. B. ihn anschreien, entschuldigen wir uns auch und erklären ihm, dass wir zwar sauer waren, aber das Schreien nicht hätte sein sollen). Wir schlagen ihn niemals. Nach einem Wutanfall sprechen wir immer ruhig mit ihm, erklären ihm, dass hauen etc. nicht sein dürfen, weil es weh tut und dass man sich entschuldigen muss, wenn es doch mal "rausrutscht". Er bekommt genug Zuwendung und Aufmerksamkeit (auch wenn ich 3 Tage in der Woche arbeite). Unser Tagesablauf ist relativ strukturiert. Wir haben klare Regeln. Und wir werten niemals ihn als Person ab sondern nur sein Handeln (z. B. hauen). Wir sagen ihm auch in solchen Situationen, dass wir ihn lieb haben, aber es so nicht geht. Das zieht sich nun jedoch schon über Wochen hin und wir haben das Gefühl, dass der Lernerfolg gleich null ist. Er hat einen dermaßen starken Willen, gegen den wir kaum noch ankommen. Was können wir denn noch tun bzw. was könnten wir etvl. anders machen? Vielen Dank für Ihre Hilfe und Zeit und entschuldigen Sie bitte, dass mein Text so lang geworden ist. Liebe Grüße N.

Mitglied inaktiv - 08.04.2010, 10:34



Antwort auf: Wie mit der Wut noch umgehen?

Hallo N. Die Vermutung liegt nahe, dass Sie bereits zuviel mit Ihrem Sohn sprechen und ihm den jeweiligen Sachverhalt zu ausführlich erklären, statt für ihn zu handeln. Als Kleinkind handelt er noch sehr spontan und kann nicht gleichzeitig über die Folgen seines Handelns nachdenken, die Sie ihm vorläufig nur durch entsprechendes Handeln angewöhnen können. Steht er morgens nicht auf, obwohl Sie ihm ganz bewußt Zeit gelassen haben für die Umstellung vom Schlafen zum Wachen ( z.B. mit 2-maligem Wecken nach vorheriger Absprache), bitten Sie ihn kein weiteres Mal. Nehmen Sie ihn aus dem Bett heraus, waschen Sie ihn und ziehen Sie ihn an. Vielleicht kommt dann ja ein "Selber machen!" Sollte es dennoch dazu kommen, dass keine Zeit mehr zum Frühstücken bleibt, reden Sie nicht lange, sondern nehmen Sie seinen Toast und etwas zu trinken (auslaufsicher) mit ins Auto, bzw. in seine Kiga-Tasche. Vermeiden Sie es bitte, ihn zu einer Auszeit in sein Zimmer zu schicken. Er fühlt sich dann noch weniger verstanden und wird noch wütender. Lassen Sie es zur Gewohnheit werden, sich MIT ihm auf das Sofa, in einen Wutstuhl o.Ä. zu setzen, ihn mitfühlend, aber auch fest zu halten, bis er sich beruhigt hat, bevor Sie eine Lösung des vorangegangenen Konfliktes gemeinsam anstreben. Über sein Fehlverhalten nachzudenken vermag er mit 3 Jahren noch nicht und dafür ist die Auszeit im Zimmer, auf der "stillen Treppe" o.Ä. gedacht. Auf diese Weise gelingt es Ihnen hoffentlich, sich auch weiterhin KURZ begründet, konsequent zu verhalten und dem morgendlichen Stress zu entgehen, bzw. es gar nicht erst zu starken Wut-Ausbrüchen Ihres Sohnes kommen zu lassen. Viel Erfolg, liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 08.04.2010



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Probleme bei der Erziehung, Vorschulkind kann Wut nicht gut kontrollieren

Hallo Frau Ubbens, ich habe leider große Sorgen bzgl. der Kindererziehung meiner Tochter (5,5 Jahre). Meine Tochter hatte immer schon einen starken Willen und wir hatten schon oft Probleme wegen ihrer Wutanfälle. Im Kleinkindalter könnten wir dies ja auch noch gut nachvollziehen, wenn alle Kinder trotzen und wütend werden können. Jetzt i...


Wut und Lachen

Hallo Frau Ubbens, mein 4 jähriger Sohn hatte keinen so leichten Start ins Leben. Er kam per Kaiserschnitt auf die Welt und ich durfte erst 2 Tage später zu ihm. Für mich war es schrecklich , aber das veraltet denkende Krankenhaus war der Meinung, erst wenn ich selber aufstehen könne, dürfe ich zu ihm . Ich habe sehr darunter gelitten und viel gewe...


Umgang mit Wut

Guten Morgen! Ich bin am verzweifeln und brauche eure Hilfe bzw ernst gemeinte Ratschläge. Meine fast 7 jährige Tochter Sophie hat Probleme mit ihrer Wut umzugehen. Sie ist im Vergleich zu ihrer älteren Schwester Karla schnell aufbrausend und lässt es denn in Form von Schreien, Hauen, etc an andere aus. Ich habe schon Ratschläge gegeben wie sie...


Wie Kleinkind Hüpfen und Fuß stampfen abgewöhnen (Wut)

Sehr geehrte Frau Ubbens, mein Sohn wird demnächst drei und ist leider oft sehr wütend. Beispielsweise wenn er morgens nicht weiter spielen darf sondern in den Kindergarten gehen muss gibt's Geschrei, er hüpft rum, schmeißt sich aif den Boden und trampelt mit den Füßen. An sich ist es ok für uns, dass er wütend ist, aber die Art der Reaktion ...


Kleinkind Kreischt bei Wut und Frust

Hallo Frau Ubbens, unser Sohn (3 - ehemaliges Schreikind - gefühlsstark) ist ein toller Wirbelwind und temperamentvoll. Er ist mitten in der Autonomiephase und spricht gut. Bei Wut oder Frust fängt er jedoch lautstark zu schreien/kreischen an bzw zu hauen oder spucken. Ich versuche ruhig aber bestimmt zu sagen, dass das weh tut und dass die Händ...


Kind (knapp 2 Jahre) zwischen Anhänglichkeit, Ablehnung, Wut ...

Hallo liebe Frau Ubbens, mein Sohn macht gerade anscheinend eine schwere Phase durch. Ich weiß nicht genau, woran es liegt, aber wahrscheinlich ist es eine Mischung aus vielen. In seiner Kita ist ständiger Erzieherwechsel, dann findet dort gerade eine Eingewöhnung statt, wo die Mutti noch dabei ist, wir haben vor umzuziehen und mir selber geht e...


Wut und Schlagen

Hallo Frau Ubbens, Ich habe eine Frage zum richtigen Umgang bei meiner Tochter, 4,5 Jahre alt. Sie ist ein sehr willensstarkes Kind und fordert auch sehr viel. Das ist soweit ja gut und normal. Nun ist es aber so, dass wenn ich ein "Nein" ausspreche, z.b. wenn sie Süßes oder was Neues haben will, dass sie dann erst weint und dann anfängt zu sch...


Nächtliche Wut/Panikanfälle

Liebe Frau Ubbens, Ich mache mir Sorgen um meinen 3jährigen Sohn. Für ihn hat sich in den letzten Wochen viel verändert. Wir haben Nachwuchs bekommen, er geht nun in den Kindergarten (davor war er zuhause bei mir und in keiner Kita), er schläft nun mit dem Papa in einem Bett (davor Familienbett). Tagsüber macht er alles soooo klasse. Keine Eifers...


Streit,,Wut und Konkurrenz

Liebe Fr. Ubbens,   Was ist bitte die Konsequenz für ständige Streitigkeiten unter Zwillingsbruder? Sie sind 11 Jahre alt, seit Herbst in getrennten Klassen, leider sind sie meist im Turnuntericht 2mal wöchentlich zusammen, da die beiden Turnlehrer sich zusammen tun.  Sie teilten sich bis vor kurzem auch das Hobby, im Leistungssportbereic...


Streit,,Wut und Konkurrenz

Liebe Fr. Ubbens,   Was ist bitte die Konsequenz für ständige Streitigkeiten unter Zwillingsbruder? Sie sind 11 Jahre alt, seit Herbst in getrennten Klassen, leider sind sie meist im Turnuntericht 2mal wöchentlich zusammen, da die beiden Turnlehrer sich zusammen tun.  Sie teilten sich bis vor kurzem auch das Hobby, im Leistungssportbereic...