Unreif oder einfach sehr sensibel - langer text

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Unreif oder einfach sehr sensibel - langer text

Liebe Frau Schuster Ich wohne in der Schweiz. Bei uns ist es so, dass Kinder eingeschult werden, die zwischen Mai und April geboren sind. Eine Nichteinschulung muss schriftlich beantragt und von den kantonalen Behörden bewilligt werden. Mein Sohn ist am 23. April 2001 geboren. Nach längerem Abwägen, habe ich mich für die „normale“ Einschulung entschieden. Hauptsächlich, weil er die sozialen Kontake nicht verlieren sollte und er sich eigentlich schon immer an den Grösseren orientiert hat. In der Klasse gibt es zudem 2 weitere sogenannte April-Kinder sowie 2 vom März und 2 vom Februar. Er ist meiner Meinung nach dort sehr gut aufgehoben. Vom KiGa war man mit der Einschulung nicht ungedingt einverstanden. „Es ist ein April-Kind, Erstgeborenes und erst noch ein Junge.“ Da er vom Sozialen her aber sehr stark war, stimmte man der Einschulung zu. Enea befindet sich mittlerweile in der 2. Klasse. Die erste hat er sehr gut gemeistert. Seine Aufgaben und Schulhefte habe ich immer besonders gut durchgesehen (hätte ich wohl auch sonst gemacht ;o) und mit ihm geübt, sobald ich gemerkt habe, dass ihm etwas ein bisschen mehr Mühe bereitet. Da er der jüngste ist, dachte ich, es ist für ihn besonders wichtig auf Erfolgserlebnisse aufzubauen. Ich muss dazu sagen, dass er auch immer gerne mitgearbeitet hat. Ich hab ihm selber ein paar Aufgaben erstellt und er hat sie gerne gelöst und war super stolz, dass er es dann so gut konnte. Zur Belohnung haben wir aber dann jeweils während der Schulferien keinen Finger gekrümmt. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass der Entscheid richtig war und jetzt noch ist. Das er evtl. eine Klasse wiederholen muss schliesse ich nicht aus und ich hätte auch keine Mühe damit. Vom Charakter her würde ich meinen Sohn im groben folgendermassen beschreiben. Aeusserst sensibel und aufmerksam, selbstkritisch, gerechtigkeitsliebend, sehr stur. Mit diesen Eigenschaften macht er es sich oftmals nicht sehr leicht und er steht sich manchmal selber im Wege. Letzte Woche hat mich die Lehrerin angerufen und mir mitgeteilt, es sei seit Weihnachten ein paar Mal vorgekommen, dass er im Unterricht weint und völlig „abstellt“. Er vergräbt sein Gesicht hinter seinem Arm, lässt nicht mit sich sprechen. Die Lehrerin meint, es wäre typisch für unreifes Verhalten – typisch April-Kind eben. Hier ein konkretes Beispiel, das mir die Lehrerin erzählt hat: Während dem Turnunterricht wurde „Fänger und Gejagte“ gespielt. Dabei sind ca. 5 Kinder mit farbigen Bändeln versehen, welche die anderen Fangen müssen. Fänger sein ist sehr beliebt. Sein bester Freund hatte das Glück einen Bändel zu erhaschen und hat meinem Sohn gesagt, dass er ihm diesen beim nächsten Wechsel übergeben werde. Nun hat es sich dieser während dem Spiel offenbar anders überlegt und hat einem anderen Kind den Vorrang gegeben. Mein Sohn ist daraufhin weinend in den Geräteraum „geflüchtet“. Die Lehrerin hatte offenbar die grösste Mühe ihn dort wieder herauszuholen. Andere Beispiele gehen in eine ähnliche Richtung. Nun frage ich mich. Sprechen wir hier tatsächlich von unreifem Verhalten? Ich erziehe meine Kinder zur Ehrlichkeit und Verantwortung. Und dazu gehört auch, dass man seine Versprechen einlöst. Da mein Sohn extrem sensibel ist, denke ich, er war vom Verhalten seines Freundes verständlicherweise einfach sehr enttäuscht. Und darf man heute mit 7 Jahren denn nicht mehr als kleines Kind bezeichnet werden ??? Mit meinem Sohn habe ich schon gesprochen und einige Punkte konnten wir – so denke ich bereits klären. Wie kann ich meinen Sohn unterstützen, damit ihm solche Vorfälle nicht nicht gleich "das Herz zerreissen". Ich bin froh, wenn sie mir zu den obigen Punkten Ihre Gedanken mitteilen. Die April-Kind-Masche kann ich bald nicht mehr hören und ich weiss manchmal gar nicht mehr, was ich dazu sagen darf. Herzlichen Dank Brigitte

Mitglied inaktiv - 28.01.2009, 18:53



Antwort auf: Unreif oder einfach sehr sensibel - langer text

Hallo Brigitte Meiner Ansicht nach spielt es keine Rolle, ob ein Kind nun einen Monat früher oder später geboren wurde, da das jeweilige Entwicklungstempo immer noch von den Kindern selbst bestimmt wurde und ihr Verhalten häufig eine Frage der Motivation ist. Als unreif würde ich Ihren Sohn "aus der Ferne" und Ihrer Beschreibung nach nicht bezeichnen; eher als ein Kind mit einer geringen Frustrationstoleranz. Dieses Kind könnte genauso 8, 9 oder 10 Jahre alt sein. Um ihm ein "dickeres Fell " wachsen zu lassen empfehle ich Ihnen, das Selbstwertgefühl Ihres Sohnes gezielt zu fördern, sodass er sich mehr auf sich selbst und auf sein eigenes Können besinnt als auf das Verhalten Anderer, die meist ebenfalls nur an sich selbst denken. Heben Sie dazu seine Stärken immer mal wieder auch vor anderen Personen lobend hervor. Lassen Sie ihn nach Möglichkeit an einer (selbst gewählten?) Interessengruppe teilnehmen, da er dort sehr schnell erkennen wird, wie unentbehrlich er mit dem Einbringen seiner Persönlichkeit und seines Könnens ist. Stellen Sie sich bezüglich des Vorfalls in der Turnhalle hinter Ihren Sohn, indem Sie ihn darauf hinweisen, dass es immer besser ist mehrere Freunde zu haben, aber sich gleichzeitig ganz besonders auf sich selbst zu verlassen. Auch können Sie ihn anschaulich darüber informieren, dass JEDER Mensch seine Stärken und auch seine Schwächen hat und dass es Niemanden gibt, der überall gleich gut ist. Wenn er in der Schule mal etwas nicht weiß oder kann und er auch nicht fragen möchte, braucht er nicht zu weinen sondern sollte sich merken, warum er traurig ist um es dann nach der Schule mit Ihnen zu besprechen. Informieren Sie die Lehrerin darüber, dass Ihre Gedanken in Richtung: Stärkung des Selbstwertgefühles gehen und fragen Sie nach, ob es wohl die richtige Unterstützung wäre. Sie sieht dann, dass Sie bereit sind Ihrem Sohn zu helfen und wird sich ebenfalls bemühen, dass Enea sich wieder rundherum in der Klasse wohlfühlen wird. Liebe Grüße und: bis bald?

von Christiane Schuster am 29.01.2009



Antwort auf: Unreif oder einfach sehr sensibel - langer text

Hi! Gewiß ist Dein Sohn sehr sensibel, aber mit seinem Geburtsmonat kann das wohl nichts zu tun haben. Das ist wahrscheinlich eine praktische Ausrede für die Lehrer. Ich selber bin im Juni geboren, meine Brüder im Juli und August und wir sind alle mit 6 Jahren und wenigen Monaten eingeschult worden und hatten in der Schule nie größere Probleme. Wollte nur in der Hinsicht meine Meinung äußern. LG Paula

Mitglied inaktiv - 29.01.2009, 21:37



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