Tochter willensstark, Mutter impulsiv

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Frage an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens Diplom Sozialpädagogin

Frage: Tochter willensstark, Mutter impulsiv

Hallo, Meine Tochter ist 4 und sehr willensstark. Damit will ich sagen sie fordert uns von Anfang an täglich in Bezug auf jedes Thema neu heraus. Als Beispiel: Jeden Abend muss sie auf ihrem Hochstuhl sitzen beim Abendbrot zwischen uns. Jeden Abend Diskussion sie möchte auf die Bank (da zappelt sie aber nur rum). Jedesmal sagen wir nein. Es ist immer das gleiche. Sehr sehr anstrengend. Und wir sind so konsequent, es bringt nix. Ich habe leider ein großes Problem. Ich bin impulsiv. Mir reißt manchmal die Lunte sozusagen und ich brüll sie an. Das passiert jedem ab und zu, aber mir definitiv zu häufig. Mein Vater war da ganz extrem. Ich bin deutlich weniger schlimm. Aber ich möchte es besser in den Griff bekommen. Ich merke hinterher schon dass ich überreagiert habe. Aber in dem Moment explodier ich. Ich hau mein Kind nicht. Ich brülle sie an, so laut, zu böse, zu häufig. Das möchte ich nicht. Ich weiß nicht wie ich das Ändern kann. Kann man sowas therapieren? Oder sich irgendwo Tipps und Hilfe holen? Wär meine Tochter nicht so super anstrengend dann würde meine Impulsivität gar nicht auffallen. Aber natürlich ist sie nicht schuld sondern ich. Das weiß ich. Ich möchte es ändern, ich will nicht annähernd so sein wie mein Vater. Sie soll mich so wütend nicht in Erinnerung haben. Können Sie mir da helfen wie ich eine bessere Mutter werden kann? Ich fühl mich schrecklich

von Juli111 am 22.06.2020, 21:21



Antwort auf: Tochter willensstark, Mutter impulsiv

Liebe Juli111, wichtig ist, mit dem Papa an einem Strang zu ziehen. Was sagt er dazu, wenn Ihre Tochter abends nicht auf dem Hochstuhl sitzen möchte? Versuchen Sie sich zurückzunehmen, wenn Ihr Mann da ist und überlassen ihm die Regie bei Unstimmigkeiten mit Ihrer Tochter. Wenn Sie merken, dass Sie womöglich gleich laut werden, schließen Sie die Augen und zählen bis 10. Danach wird Ihre Reaktion des Öfteren wesentlich leiser ausfallen. Das wird nicht jedes Mal gelingen. So manches Mal werden Sie auch erst "explodieren" und dann daran denken, dass Sie doch kurz innehalten wollten. Allein die Erinnerung wird Ihnen immer mehr helfen ruhiger zu bleiben. Als Anlaufstelle kann eine Familienberatung hilfreich sein. I.d.R. sind kostenlose Bertungsstellen bei der Stadt oder dem Landkreis angesiedelt. In der Beratung kann geguckt werden, was die Auslöser sind und wie in entsprechenden Situationen entspannter damit umgegangen werden kann. Viele Grüße Sylvia

von Sylvia Ubbens am 23.06.2020



Antwort auf: Tochter willensstark, Mutter impulsiv

Ich finde es gut, das du dich selbst reflektierst und etwas ändern willst! Geh noch mal in dich und versuche heraus zu finden, was genau dich zum explodieren bringt: nervt dich die Diskussion oder ärgert dich, dass eure Tochter nicht auf dich hört? Also dir sozusagen keinen Respekt zollt? Das ist nämlich ein großer Unterschied wie ich finde. Wenn ich einfach nur keinen Bock auf die Diskussion habe, kann ich sagen "ich möchte darüber nicht mehr diskutieren, das haben wir schon oft genug besprochen" und dann lasse ich es auch. Ich gehe nicht mehr auf Gezeter etc ein, sondern esse. Ich muss mich nicht weiter ärgern, weil ich meine Grenze klar gemacht habe und gut is. Geht es mir aber darum, dass ich "verdammt nochmal möchte, dass du tust, was ich sage und mich nicht in Frage stellst" - dann erwarte ich ein Verhalten vom Kind, dass es vermutlich nicht zeigen wird und mich damit immer mehr aufregt, weil es nochmal mehr zeigt, dass Kind mich einfach nicht respektiert/meine "Macht" nicht anerkennt. Und aus dem Kreislauf rauszukommen ist ganz schwer bzw. euer Kind wird deine Erwartungen nicht erfüllen können. Es wird nicht plötzlich still da sitzen und am Besten noch sagen "ja, Mama, ich mache was du sagst, weil ..." - dazu ist sie eben 4 und will ihren Willen natürlich versuchen durchzusetzen ;-) Die Erkenntnis, das mir gar nicht um gutes Benehmen am Tisch geht sondern um meine Macht, die ich da bröckeln sehe, ist oft schon sehr hilfreich. Abe ist Erziehung ein Machtkampf? Oder eher durch Vorbild zeigen, was euch wichtig ist? Erziehung ist kein Sprint - das ist ein Marathon. Seine Kämpfe sollte man mit Bedacht wählen, um nicht Vorzeitig aus dem Rennen auszuscheiden wegen Aufreibens an Kleinigkeiten. Fragt euch auch mal, was euch mehr stört: die abendlich Diskussion - oder ihr evt. auch eine Art Mitbestimmung zu geben (auf der Bank sitzen) und das Gezappel zu ertragen. Denn aktuell ist es ja so: keins von beidem klappt. Hochstuhl = Diskussion, Streit. Bank = kein Streit, aber Gezappel. Was ist das kleinere Übel? Mit 4 hätte unser Kind auf gar keinen Fall mehr im Hochstuhl sitzen wollen. Er hat 2,5 auf dem TrippTrapp ohne Sicherheitsbügel gesessen und ganz schnell natürlich auch auf einem Stuhl/Bank sitzen wollen wie wir. Das das nicht ohne Rumgerutsche und Gezappel klappt, ist klar. Und auch mit 7 macht mich das kindliche Rumgehampel am Tisch manchmal irre - aber erinnere dich mal an deine Kindheit: war essen super toll oder mehr eine Notwendigkeit, die man schnell hinter sich bringt um schnell wieder spielen zu können? Seid ein bisschen nachsichtiger mit ihr. Und auch mit euch selbst. Ihr seid keine schlechten "Erzieher", weil euer 4-jähriges Kind noch nicht perfekt ruhig am Tisch sitzt. Und auch nicht, weil euer Kind ganz kindgerecht seine Grenzen testet und immer mehr selbst bestimmen will. das ist normal - und heißt nicht, dass du dich nicht durchsetzen kannst oder so. Immer wieder laut werden nutzt sich natürlich auf Dauer ab. Oder aber wird bewusst provoziert, weil negative Aufmerksamkeit eben auch Aufmerksamkeit ist. Nehmt mal den Druck beim Essen raus. "Wo möchtest du heute sitzen, x? Auf der Bank? Ok,. Kannst du dann mal versuchen, etwas weniger rumzuzappeln - das stört ein bisschen. Ok? Prima. Danke." Und dann versuch mal, das zu sehen, was sie gut macht. Vielleicht mit Messer und Gabel essen? Dann lobe das. Dreh den Spieß mal komplett um und warte nicht auf Negatives - sondern konzentrier dich auf die möglichen positiven Dinge und sag sie eurem Kind. Wenn du das Gefühl hast, du kommst aus dieser Schleife von Erwartungshaltung und schnell auf 180 sein nicht selber raus, dann scheu dich nicht, dir Hilfe zu suchen. Eine Gesprächstherapie hat noch meines Wissens nach noch niemandem geschadet und sie sind keine Zeichen von Schwäche! Ganz im Gegenteil. Viel Erfolg!

von cube am 23.06.2020, 10:12



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Hallo, was mir hilft: ausgeschlafen sein und in mancher Situation einfach von 10 runter zählen, bevor ich etwas sage. Klappt nicht immer, aber häufig. Viele Grüße

von Mamamaike am 23.06.2020, 18:29



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Hm, also wir sind gar nicht so streng. Klar dürfte meine Tochter auf die Bank aber sie zappelt dann. Damit meine ich sie legt sich während sie den Mund voll hat auf die Bank, mal auf die Knie, mal Popo, fällt runter, Essen verteilt sie auf dem Boden. Ich erwarte nicht dass ein Kind still sitzt. Wir wollen nur nicht dass sie sich verschluckt oder abstürzt. Ich weis dass sie keine Maschine ist. Kann man jetzt schlecht erklären. Sie reizt uns wirklich den ganzen Tag bis aufs Blut. Aber mein Problem ist dass ich irgendwann explodiere. Und das nicht angemessen ist. Ich werde zu laut, ich hab sie auch schonmal grob am Arm/Hand gepackt und auf die Treppe geschickt. Das ist absolut nicht ok. Ich werde zu böse und einmal hab ich sie wie gesagt auch schon zu grob behandelt. Das ist für mich sehr schlimm. Ich bin dann so sauer und habe mich nicht unter Kontrolle. Ich kann dann nicht bis 10 zählen. Das mach ich den ganzen Tag schon. Gibt es denn eine Therapiemöglichkeiten? Ich weiß nicht wo man anrufst und wie man das nennt. Ich habe wirKlich ein Problem. Wenn mein Sohn älter ist muss ich mich ja noch besser im Griff haben.

von Juli111 am 24.06.2020, 08:50



Antwort auf: Tochter willensstark, Mutter impulsiv

Du kannst mal bei einem Familienzentrum in euer Nähe anrufen - die bieten oft Kurse für Eltern an oder vermitteln therapeutische Hilfe. Oder eine Erziehungsberatung, die mal zum Kaffee vorbei kommt und euch - ganz unabhängig von deinem Problem mit kurzer Lunte - ein paar Tipps gibt. Oder über die Caritas, Elternhilfswerke. Oder einfach einen Psychologen suchen, der mit der dir eine Therapie beginnt. IdR liegt das ja an eigenen Erfahrungen begründet, die man durchaus kennt und man will es auch anders machen - schafft es aber alleine nicht. Ich finde es wie gesagt sehr gut, dass du dir Hilfe suchen willst! Ich denke aber auch, du wirst daran etwas länger arbeiten müssen und es wird nicht so sein, dass du 1,2 Gespräche mit jemandem führst oder den einen ultimativen Tipp bekommst und plötzlich fluppt alles. Neben dem versuch, einen Theapie zu finden, solltest du auch schauen, dass du für dich selber Freizeit hast. Ob das regelmäßiger Sport ist, Treffen mit Freundin oder spazieren gehen. Ganz viel entsteht auch zusätzlich dadurch, dass man einfach gestresst ist. Keine Ruhepausen mehr hat. da wäre dein Partner gefragt, die zu entlasten und dir auch mal Luft zum Durchatmen zu geben. Oder ein Babysitter, Oma & Opa etc.

von cube am 24.06.2020, 12:30



Antwort auf: Tochter willensstark, Mutter impulsiv

Mein Sohn ist 5 Monate, dann Corona. War eine schwere Zeit allein mit 2 Kindern. Jetzt ist meine Große im Kiga und ich arbeite wieder. Ich bin oft müde und hab nie Freizeit. Wegen Corona seh ich keinen, meine Freunde wollen keinen Kontakt. Ich bleib ganz auf der Strecke. Sieht aber keiner... Und ja, ich kenne das Verhalten von meinem Vater. Aber das ist kein Vergleich zu mir. Der ist sofort ausgeflippt, hatte als Kind Angst vor ihm. So bin ich nicht, aber dennoch kommt das daher. Ich werde mal nach so ner Familienhilfe googeln. Dass das nicht Ruck zuck weg ist weiß ich wohl. Das ist ja tief in mir verankert. Aber das ist es mir wert. Ich find das wirklich furchtbar dass ich mich nicht im Griff habe.

von Juli111 am 24.06.2020, 14:41



Antwort auf: Tochter willensstark, Mutter impulsiv

Du solltest stolz auf dich sein, Probleme zu erkennen und angehen zu wollen!

von cube am 24.06.2020, 18:40



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