Guten Morgen Frau Ubbens,
nachdem in der letzten Zeit immer wieder von furchtbaren Missbrauchsfällen (z.B. in diesen Tagen in einer Kita) in den Medien berichtet wurde (und diese Fälle ja sowieso extrem verbreitet sind), hatten wir am Wochenende ein Gespräch darüber, ab wann man wie die Kinder "aufklären" sollte, dass es nicht nur liebe Menschen gibt und auch, dass Menschen, denen man ggf nahe steht, manchmal Dinge tun, die nicht richtig sind.
Zwei Aspekte in dem Zusammenhang beschäftigen mich:
1. Meine älteste Tochter ist jetzt 5 Jahre alt. Sie ist ein kluges, sehr aufgeschlossenes und eigentlich recht vernünftiges und achtsames Kind, allerdings ist sie auch sehr kontaktfreudig. Sie kennt das Buch "Conni geht nicht mit Fremden mit" und sagt auch, dass sie niemals mit Fremden mitgehen würde. Und eigentlich glaube ich ihr das auch.
Trotzdem bin ich immer noch unsicher, wenn ich sie z.B. auf einem großen Spielplatz aus den Augen verliere. Ich bin mir sehr sicher, dass sie den Spielplatz nie verlassen würde, ohne mich zu fragen. Aber kann ich sie schon im Hinblick auf "Fremde" alleine (ohne sie ständig im Blick zu haben; wenn ich mich z.B. um mein anderes kleineres Kind kümmere) losziehen und spielen lassen (sie weiß natürlich jederzeit, wo ich mich aufhalte und kann zu mir kommen)? Sind Kinder in dem Alter schon taff genug, sich wehren zu können (z.B. durch lautes "NEIN" sagen)? Oder ist es fahrlässig? Sie ist ja eigentlich umgeben von anderen Kindern und Eltern und ich will sie auch nicht überbehüten... aber man hört ja die verrücktesten Dinge...
Mein Mann ist da wesentlich entspannter als ich und hat kein Problem damit, sie mal ans andere Ende des Spielplatzes zu schicken und zu sagen, sie wisse ja wo er sei, wenn etwas ist. Ich bekomme da immer die Krise...
2. Und dann frage ich mich, wie detailliert ich ihr beibringen sollte, dass niemand sie "anfassen" darf, wenn sie es nicht möchte. Sollte man schon konkrete Körperteile nennen (Genitalbereich)? Eigentlich sind wir bisher immer ganz ungezwungen damit umgegangen, haben gesagt, dass auch die Scheide ein ganz normales Körperteil ist und sie ist sehr unfangen, was Nacktheit angeht.
Aber irgendwie keimt in mir- je älter sie wird - das Bedürfnis, ihr zu erklären, dass (abgesehen von ärtzlichen Untersuchungen) niemand ihre Scheide anfassen darf, wenn sie es nicht will; auch nicht bekannte oder befreundete Menschen (oder gar jemand aus der Familie)... dass das verboten ist und nicht richtig ist! Ich will ihr ja unter keinen Umständen Angst machen!
Und wie kann man ihr sagen, dass es völlig in Ordnung und wichtig ist, dass sie uns davon erzählt, falls es wirklich mal zu einer Situation kommt, die sie als komisch empfindet? Ich will sie ja nicht drängen, mir irgendwas erzählen zu müssen...
Puh... bisher habe ich mir darüber noch nicht allzu viele Gedanken gemacht, aber seit diesen Gesprächen am Wochendende mit anderen Eltern kreisen meine Gedanken darum, wie ich mein Kind schützen kann bzw. was zuviel des Guten ist.
Gerne lese ich auch Antworten von anderen erfahrenen Eltern und freue mich auf Ihre Antwort, Frau Ubbens!
Besten Dank und einen schönen Tag!
von
Flo_84
am 19.02.2019, 10:47
Antwort auf:
Schutz von Kindern ab welchem Alter sinnvoll?
Liebe Flo_84,
meine Vorrednerinnen haben schon gute Antworten gegeben, denen ich mich anschließen kann. Bestenfalls nutzen Sie die klare Ansage: "Ich will nicht, dass du mit Anderen mitgehst/den Spielplatz verlässt."
Bzgl. des Anfassens genügt es zu erklären, dass der eigene Körper jedem selbst gehört und nur derjenige über seinen Körper bestimmen darf. Niemand darf angefasst/geküsst werden, wenn er es nicht möchte. Bestimmte Körperteile müssen Sie nicht benennen.
Sie können Ihre Kinder darin bestärken, dass sie immer zu Ihnen kommen können, wenn ihnen Unrecht wiederfahren ist und sie dann darüber sprechen oder gemeinsam nach einer Lösung suchen.
Viele Grüße Sylvia
von
Sylvia Ubbens
am 19.02.2019
Antwort auf:
Schutz von Kindern ab welchem Alter sinnvoll?
Also unser Kind ist zB bereits mit 4 Jahren zusammen mit älteren (und uns natürlich bekannten!) Kindern alleine auf den Spielplatz hinter dem Haus gegangen.
Anfangs hab ich - zugegeben - aus sicherer Entfernung erst mal beobachtet, was so passiert. Später nur noch ab und zu mal geschaut, ob noch alles klar ist. Ich habe einfach darüber auch gemerkt, dass er - wenn sie noch weiter weg gehen wollen (alles übrigens Spielstrasse mit vielen Familien) - erst zu mir kommt und fragt. Mit 5 ist er alleine zur Eisdiele die Straße runter gegangen. Ich war sehr nervös, ob das klappt und musste mich echt beherrschen, nicht die ganze Zeit auf der Straße zu stehen und zu "kontrollieren". Aber es hat alles geklappt - und Kind war megastolz, das alleine geschafft zu haben.
Spielplatz ist bei uns auch so: sind wir dabei, darf er sich dort natürlich frei bewegen und muss nicht immer in unserer Nähe bleiben. Will er irgendwo anders hin, soll er Bescheid sagen - was er auch tut - genau so, wie wir ja auch sagen, dass wir uns jetzt da vorne auf die Bank setzen statt weiter unter dem Baum zu stehen (zB).
Natürlich schaue ich immer wieder mal, wo er gerade ist - aber man muss Kindern auch mal etwas zutrauen. Wenn du immer nur aufpasst und nie laufen lässt, klappt natürlich immer alles - lernen tut sie daraus aber nichts. Muss sie ja auch nicht - Mama kümmert sich ja ;-)
IdR lernen die Kinder ja im KiGa auch die Stop-Regel. Trau deinem Kind zu, diese auch außerhalb des Kiga´s anwenden zu können.
Übrigens sagte mir eine GS-Rektorin mal:"Die Kinder nicht bitten, mit niemandem mitzugehen/den Spielplatz nicht zu verlassen - sondern verbieten. Ganz einfach sagen "ich verbiete dir, den Spielplatz ohne uns zu fragen zu verlassen". Die Bitte, dies nicht zu tun, lässt halt irgendwo die Option offen, es doch mal zu versuchen. Das Verbot ist ganz klare Ansage.
Bzgl. "anfassen": Wir haben immer ganz pauschal gesagt, dass sein Körper ihm gehört, er darüber bestimmt, wer ihn anfasst. Wenn er etwas nicht will, ist es sein Recht "nein" zu sagen. Er muss sich auch kein Küsschen von der Oma aufdrücken lassen oder von mir, wenn er nicht will. Ich glaube, am Anfang ist es einfach wichtig ganz klar zu sagen, dass alle Berührungen des eigenen Körpers durch andere (ganz egal ob Fremde oder Nicht-Fremde) nur ok sind, wenn man das selber will.
Also ich denke, du musst eine gute Balance zwischen "aufpassen" und eben auch mal laufen lassen finden. Auch wenn es schwer fällt :-)
von
cube
am 19.02.2019, 11:30
Antwort auf:
Schutz von Kindern ab welchem Alter sinnvoll?
Hallo Cube, ich danke dir für deine Antwort.
Vielleicht muss ich dazu sagen, dass wir in der Großstadt wohnen und es sich bei "unserem" Spielplatz tatsächlich um einen großen und unübersichtlichen handelt. Sie hält sich nicht stets in meinem "Dunstkreis" auf und fühlt sich auch bestimmt nicht bewacht; ich sehe einfach immer zu, dass ich sie - wenn auCh aus der Ferne- im Blick habe.
Der Tipp, ein richtiges Verbot auszusprechen, ist sicher gut. Danke dafür.
von
Flo_84
am 19.02.2019, 11:42
Antwort auf:
Schutz von Kindern ab welchem Alter sinnvoll?
Hallo Flo,
Ich wohne auch in der Grossstadt und kann Deine Sorgen verstehen.
Unser Kindergarten bietet in Zusammenarbeit mit einer Selbstverteidigungschule Kurse zur Selbstverteidigung für Kinder an.
Dabei geht es weniger darum dass die sich körperlich wehren (ist aber auch ein kleiner Teil) - mehr gehts darum „nein“ zu sagen - zu rufen und auch einem Fremden Erwachsenen nicht bedingungslos zu folgen. Dazu gehört auch sich nicht ansprechen zu lassen. Und sich Hilfe zu holen.
Hier macht man das ab 4,5 bis 5 Jahren.
Hier wurden mit diesen Kursen sehr gute Erfahrungen gemacht.
Zu 2 - Auch wir hier haben ein recht ungezwungenes Verhältnis zum Nacksein. Wir haben immer Wert darauf gelegt, dass auch in jungen Alter die Kinder über Ihren Körper selbst entscheiden dürfen. Auch zu Hause. Ich denke das kannst du auf alle Fälle schon machen. Da wären die von dir geschilderten Bereiche ja dabei.
von
Mimi987
am 19.02.2019, 14:10
Antwort auf:
Schutz von Kindern ab welchem Alter sinnvoll?
Bzgl. Mitgehen bei Fremden und Bekannten
Dein Kind ist alt genug für ein Familienpasswort :-) Kann man ja über die Großeltern testen, ob es funktioniert.
von
HeyDu!
am 19.02.2019, 20:11
