"Fass meine Sachen nicht an!"

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: "Fass meine Sachen nicht an!"

Guten Tag Frau Schuster! Bei mir handelt es sich weniger um ein Problem mit meiner eigenen Tochter, sondern eher um den Sohn meiner Patentante. Diese ist relativ spät Mutter geworden, weswegen ihr Sohn mit seinen kanpp 3 Jahren meiner eigenen Tochter (18 Monate)im Alter relativ nahesteht. Da wir im selben Ort wohnen, besuchen wir uns auch häufg gegenseitig - und eben da kommt es immer wieder zu Problemen. Sobald die beiden miteinander spielen kommt es zu Tränen, denn der Kleine meiner Tante kommt nicht damit zurecht, wenn ein anderes Kind sein Spielzeug anfasst. Er sucht es zwar zunächst sehr lieb und großzügig heraus, aber keine zwei Minuten nachdem meine Tochter damit begonnen hat zu spielen, will er es wieder haben, reißt es ihr weg oder besteht darauf, daß sie genau so damit spielt, wie er es sich vorstellt. Beispiel gestern: Wir waren dort, die beiden Kleinen machen sich über die Lego-Kiste her. Vorher war Roman (der Kleine meiner Tante) noch völlig einverstanden, daß sie damit spielen, aber kaum eine Minute nachdem meine Tochter begonnen hatte, ihre Türme zu stecken, nahm er ihr einen Stein nach dem anderen weg, denn er brauche sie schließlich für sein Schiff. Dann begann er sie für jeden Stein den sie aufsetzte zu maßregeln, denn: "So geht das nicht! Der muß da hin und da hin! Nein, da darfst Du nicht draufbauen!" Meine Kleine stand sehr hiflos da und begann schließlich alles wieder einzuräumen - schließlich, so schien sie zu denken, darf ich eh nichts damit anfangen. Das paßte aber auch wieder nicht: "Das kommt da nicht hin! Das soll da rein!" usw. Meine Tante unternimmt leider sehr wenig. Sie steht auf dem Standpunkt: Sie mußte als Kind alles mit anderen Kindern teilen, auch wenn sie nicht wollte - wenn ihr Sohn also nicht will, daß ein Kind mit seinen Sachen spielt. dann muß er das auch nicht zulassen. Ich kann diesen Standpunkt ja einerseits verstehen und stimme ihr auch zu - aber es muß doch einen Mittelweg geben! Wie sollen die beiden denn da je miteinander spielen lernen? Soll ich denn immer Franziskas eigenes Spielzeug mitnehmen und jeder wurstelt an seiner Kiste herum und faßt vom anderen nix an? Das kann es ja wohl auch nicht sein, oder? Ich habe mir zwar vorgenommen, beim nächsten Besuch, wenn es wieder so losgeht, Roman zu bitten, daß er doch gemeinsam mit seiner Mama die Sachen zusammensuchen soll, mit denen Franziska nicht spielen soll, diese außer Reichweite zu räuemn und mit den übrigen Sachen auch Franziska spielen zu lassen - und zwar so, wie sie es möchte. Zum einen bin ich mir aber nicht sicher, ob ich mich da nicht zu sehr in die Erziehung meiner Tante einmische - zum anderen weiß ich auch nicht, ob es wirklich etwa bringt: Schließlich war es ach bisher so, daß er zunächst sein Einverständnis gab bei den Sachen mit denen die beiden spielten und diese Einverständnis dann immer weiter zurücknahm. Ich stehe dem ganzen dann immer etwas hilflos gegenüber. Mit meiner Tante ist in der Beziehung nicht zu reden. Sie ist überzeugt die allein seilg machenden Erziehugsmethoden gefunden zu haben. Ich möchte aber andererseits nicht, daß der Kontakt zu ihr und dem Kleinen abbricht, denn er ist im Moment das einzige einigermaßen gleichaltrige Kind für meine Tochter in unserem gesamten bekannten- und verwandtenkreis. Ich würde zwar gerne mit ihr Krabbelgruppen besuchen, diese sind aber zeitmäßig für mich derzeit nicht machbar, da ich mein Studium noch fertig machen muß und genau an den tagen an der Uni bin, an denen die Krabbelgruppen in unserer Stadt (es gibt nur zwei) stattfinden - und wie gesagt: ich kenne selbst kaum Frauen mit kleinen Kindern, so daß ich auch schlecht selbst eine gründen kann. Lange Rede kurzer sinn: Ich möchte ihr eigentlich diesen Spielkameraden erhalten - habe aber keine Lust, sie mir total verschüchtern zu lassen, was über kurz oder lang wohl der Fall wäre, wenn es so weitergeht, denn sie kommt natürlich gegen den Größeren nicht an, vor allem, weil der halt auch in jeder Hinsicht von seiner Mutter unterstützt wird. Deshalb setzt sie sich halt selbst dann nicht durch, wenn sie mal versucht, ein Spielzug für sich zu behaupten, weil meine Tante für ihren Sohn unterstützt darin, daß er Franziska das Spielzeug abnehmen kann. ich komme mir dann vor wie eine Verräterin, wenn meine Kleine mich hilflos anguckt nach dem Motto: Mach was! und weiß nicht, wie ich mich verhalten soll - ich kann ja Roman nicht zwingen, ihr das Spielzeug zu lassen und sie mit anderem Spielzeug abzlenken, bringt auch nicht viel - denn kaum hat sie was anderes gefnden, will Roman garantiert genau DAS haben - und darf das auch, denn es gehört ja ihm... Wie reagiere ich ihrer Meinung nach nun richtig, bzw. wie kann ich vermeiden, daß meine Kleine anderen Kindern gegenüber immer schüchterner wird, weil sie immer befürchten muß, daß ihr von ihnen alles weggenommen wird?Habe ich irgendwelche Möglichkeiten hier einzugreifen und entgegenzusteuern? Und was halten sie von der Haltung meiner Tante? Ist es vielleicht einfach überzogen von mir zu erwarten, daß Kinder in gewissen Sinne auch das Spielzeug teilen müssen (nicht alles aber zumindest einige Sachen), wenn sie andere Kinder zum Spielen da haben? Ich bin etwas ratlos und wäre für Tips sehr dankbar! Grüße Anja mit Franziska PS: Ich bin an sich auch der meinung, daß Kinder lernen müssen unterenander auszumachen, wer womit spielt und auch, sich gegeneinander durchzustzen - ohen zuviel Einmischung der Erwachsenen. Aber in diesem Fall sehe ich einfach keine andere Möglichkeit, als mich in dasSpielverhalten der beiden einzumischen, da es hier nicht möglich ist zu sagen: macht es unter Euch aus, solange Roman von seiner Mutter jede Unterstützung darin bekommt, daß er berechtigt ist, Franziska alles Spielzug wieder abzunehmen, wenn er es wieder haben will.

Mitglied inaktiv - 10.12.2000, 14:24



Antwort auf: "Fass meine Sachen nicht an!"

Hallo Anja Ihre Tante, bzw. deren Erziehungsmethode werden Sie nicht ändern können. Für Roman ist es sehr schwer zu teilen, da er es wahrscheinlich nie gelernt hat. Kinder müssen sich sicher fühlen und erkennen können, dass das, was sie abgeben, auch wieder zurückgegeben wird. Deshalb ist im Kleinkindalter das Wegwerf- und Wiedergeben-Spiel so wichtig. Was Sie jetzt tun können, ist, im gemeinsamen Spiel genau diese Phase nachzuholen. Spielen Sie mit! Bieten Sie Roman ein Spiel zum Tausch an und erklären Sie ihm genau, wann wieder getauscht wird. Wecken Sie in ihm den Beschützer-Instinkt und das Gefühl, Derjenige zu sein, der Ihrer Tochter helfen kann z.B. einen Turm zu bauen. Schlagen Sie ihm dabei vor, dass er erst mal zuschauen soll ob Ihre Tochter den Stein richtig setzt; anschließend kann er als der "Grosse" erklären, wie man es evtl. besser machen könnte. Sparen Sie bei Beiden nicht mit Lob! Haben Sie 2-3Mal mitgespielt, reicht es vielleicht schon aus, dass Sie einen konkreten Spielvorschlag machen, bei dem jedes Kind eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen hat. Franziska könnte z.B. die Bausteine nach der Groesse sortieren, die Roman dann zusammensetzt.- Versuchen Sie so, den Beiden zu einem friedlichen Spiel zu verhelfen. Könnte nicht Ihre Patentante vielleicht mit beiden Kindern eine Spielgruppe besuchen? Es würde bestimmt für alle Drei sehr positiv sein.- Viel Erfolg und: bis bald?

von Christiane Schuster am 11.12.2000