Sehr geehrte Frau Ubbens, unser Sohn ist zweieinhalb und unheimlich aktiv und quirlig. Soweit, sogut. Es gibt nun Situationen, in denen ich schlicht a) nicht weiß, ob sein Verhalten „normal“ ist für ein Kind seines Alters und b) wie wir angemessen darauf reagieren. Zunächst zu a). Nachfolgend einige Beispiele. Mein Mann und ich fragen uns, ob sein Verhalten in dieser Hinsicht als auffällig einzuordnen ist – oder doch als „normal“ für ein Kind dieses Alters, das seine Grenzen testet? - Wir sind mit dem Laufrad unterwegs. Er fährt gerne ein wenig voraus. Wir rufen, dass er anhalten / umdrehen soll (z. B. auch, weil wir uns einer Straße nähern), aber er ignoriert dies, scheint es gar witzig zu finden, einfach weiterzufahren. Nebenbemerkung: Die Anweisungen sind wirklich unmissverständlich formuliert und werden wiederholt ausgerufen („Stopp!“ / „Warte!“ / „Anhalten!“ - alles verbunden mit seinem Namen). - Plötzlich leert er seinen Trinkbesser auf dem Tisch aus und patscht mit seinen Händen in die kleine Pfütze. Natürlich spritzt das Wasser in alle Richtungen. Ich rufe mehrmals und lautstark, er möge aufhören mit dem Patschen. Fehlanzeige. Stattdessen amüsiert er sich köstlich. - Er ist auf dem Sprung, mit meinem Mann nach draußen zu gehen und hat bereits seine Straßenschuhe an. Ich bitte ihn, die Jacke anzuziehen (oder etwas in der Art, ich weiß es nicht mehr genau), er denkt, er kann ein Spiel daraus machen und spurtet davon (in der Hoffnung, dass ich ihn einfange). Er klettert mit den Schuhen ins (auch noch frisch bezogene) Bett, was (sicherlich nicht nur bei uns) strikt verboten ist. Ich glaube, in seinem „Spiel“ hat er in dem Moment gar nicht präsent, dass er Schuhe anhat. Es ist auch nicht seine Absicht, etwas schmutzig zu machen. Dennoch geht so etwas halt nicht, zumal er meine Anweisung, zurückzukommen, ignorierte. - Aus heiterem Himmel packt ihn irgendetwas (vielleicht ein Zuviel an Energie?) und er „wischt“ mit voller Wucht vom Tisch, was vor ihm steht. Das können Spielsachen sein oder – wie neulich – ein Marmeladenglas. Es kommt wirklich urplötzlich, man kann sich gar nicht wirklich darauf einstellen. Er reagiert also häufig nicht auf Anweisungen (so vehement und dezidiert sie auch ausgesprochen sein mögen). Es ist fast so, als erfasse unser Sohn in dem Moment den „Ernst der Lage“ nicht – obwohl sein Gegenüber ihm diesen stimmlich wie mimisch ganz deutlich macht. Beim letzten oben genannten Beispiel haben wir den Eindruck, dass ihn in einem bestimmten Moment etwas „packt“, er nicht weiß, wohin mit seiner Energie und diese dann ein körperliches Ventil sucht. Ich weiß einfach nicht, ob unser Sohn uns in derlei Situationen auf der Nase herumtanzt oder wir zu viel von ihm mit seinen 2,5 Jahren erwarten, wenn wir derlei Situationen als problematisch und nicht wünschenswert einstufen. Kann er aufgrund seines noch jungen Alters gar nicht anders? Mein Mann ist der Meinung, gerade das „Herunterfegen“ von Gegenständen vom Tisch sei nicht „normal“. Ich dagegen denke mir, dieses Verhalten hat mit dem Thema Impulskontrolle zu tun, die erst nach und nach erlangt wird. Wer liegt nun richtig? Nun zu b). Wie gehen wir adäquat mit derlei Situationen um?? Ich verfolge bisher die Strategie, ihm immer und immer wieder – dezidiert, aber in ruhigem Ton – die Grenzen aufzuzeigen (wobei es mir – gerade in der Situation mit den Schuhen im Bett – schon auch hin und wieder mal passiert, dass ich lauter werde). Im Hinterkopf habe ich dabei, was ich schon zuhauf gelesen habe: dass Geschimpfe (mit genervtem/ aggressivem Unterton) uns nicht weiterbringt und der kindlichen Seele nicht gut tut. Mein Mann dagegen ist der Meinung, wir gingen ihn derlei Situationen zu lasch mit unserem Sohn um. Von dem klassischen Strafen hält – Gott sei Dank – auch er nichts, aber der Ton, den er dann anschlägt, tut mir richtig in den Ohren weh. Bin ich mit meiner „entschieden, aber ruhig“-Devise zu lasch? Oder ist im Gegenteil der härtere Ton meines Mannes unangebracht? Ich bin so unsicher geworden in der letzten Zeit, da ich einerseits davon überzeugt bin, dass beim Kind durch Lautstärke und/oder „harten“ Unterton nicht mehr Verhaltensänderung bewogen wird, ich andererseits aber auch nicht den Eindruck habe, dass unser Sohn begreift, wie ernst es uns in dem Moment ist mit dem, was wir sagen. Selbst, wenn die Beispiele altersentsprechendes Verhalten spiegeln sollten: Wie sollen wir reagieren? Für Ihr Feedback wären wir Ihnen SEHR dankbar. Viele Grüße – und besten Dank schon im Voraus! awg
von awg am 29.04.2019, 11:46